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„No Angels“-Nadja hat es auch

Breast Implant Illness – wie ein Brustimplantat krank machen kann

Nadja Benaissa im orangen Outfit
Der Trend scheint zurück zu Natürlichkeit zu gehen, das gilt auch für die Oberweite. Was neben der neuen Selflove dahinterstecken könnte, lesen Sie hier Foto: Getty Images
Carmen Dörfler
Redakteurin STYLEBOOK

27. Februar 2024, 14:33 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten

Leiden Sie unter chronischer Erschöpfung, Konzentrationsstörungen oder Haarausfall – und haben Brustimplantate? Dann könnten Sie von der „Breast Implant Illness“ betroffen sein. Die Krankheit tritt im Zusammenhang mit Silikonimplantaten auf und bringt eine ganze Liste an unspezifischen Problemen mit sich. Das macht sie nur schwer diagnostizierbar. Was genau dahinter steckt, auf welche Symptome Sie achten sollten und was im Ernstfall zu tun ist, erklärt ein Experte im STYLEBOOK-Interview.

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Mit fachlicher Beratung von
Dr. Afschin Fatemi
Dr. Afschin Fatemi, Facharzt für Dermatologie

Schönheitsoperationen und minimal-invasive Eingriffe sind heute allgegenwärtig. Dabei sind Brustvergrößerungen jedoch nicht mehr die beliebteste Behandlung, wie der Beauty Impact Report von STYLEBOOK in den letzten Jahren herausstellte. Waren es 2021 noch 24 Prozent der befragten Teilnehmerinnen, die sich eine Brustvergrößerung wünschen oder hatten, waren es zwei Jahre später nur noch 18 Prozent. Das könnte an der immer populärer werdenden Selflove-Bewegung liegen oder auch daran, dass immer mehr Risiken der ästhetischen Operation bekannt werden. Neben einer Kapselfibrose oder einem Lymphom kann es auch zur sogenannten „Breast Implant Illness“ (BII) kommen, die es meist unumgänglich macht, das Brustimplantat zu entfernen. Dieses Problem kennt auch „No Angels“-Sängerin Nadja Benaissa.

„No Angels“-Nadja litt unter Brust Implant Illness

Auch Benaissa litt unter BII, wie sie in emotionalen Videos vom 26. Februar in ihren Stories auf Instagram mitteilte. Unter Tränen erklärt sie, dass sie Ende Februar den Schritt gegangen sei und die Implantate habe herausnehmen lassen. 20 Jahre vorher hatte sie sich für die Brustvergrößerung entschieden und da „wurde ich natürlich aufgeklärt über die Risiken einer Operation – und es ist ja schon auf jeden Fall geisteskrank, sich darauf einzulassen – aber worüber man nicht aufgeklärt wird, sind die Risiken von Silikon an sich.“ Dabei habe sie „hochwertige Implantate und das war ein Top-Chirurg, aber es gibt kaum awareness und Aufklärung in Deutschland darüber, dass Brustimplantate krank machen können.“

Bei ihr zieht sich diese Leidensgeschichte seit dem Einsetzen der Brustimplantate. „Vom ersten Moment an, als mir meine neue Brust gezeigt wurde, habe ich gemerkt, uff, die ist mir zu groß. Gut, die waren auch geschwollen. Und irgendwie habe ich mich damit abgefunden und arrangierrt und mir das schön geredet. Sie hatten auch ne schöne Form und sahen schön aus, aber sie waren für meinen Geschmack, für meinen Körper einfach zu groß und sie haben auch eine Menge Aufmerksamkeit auf sich gezogen, die ich so nicht wollte.“

Screenshot aus Nadja Benaissas Instagram-Story
Nadja Benaissa zeigt sich auf Instagram erleichtert, nachdem die Brustimplantate heraus sind Foto: Screenshot aus Nadja Benaissas Instagram-Story

Nadja Benaissa bemerkt diffuse Schmerzen und psychische Probleme

Vor fünf Jahren wurden die Schmerzen jedoch größer. Die Sängerin berichtet, sie habe „sehr diffuse Symptome bekommen, Gelenkschmerzen, geschwollene Gelenke in den Fingern, Depressive Verstimmungen, sehr viele unterschiedliche Symptome, die nicht körperlich zu erklären sind und ich hatte immer mehr Schmerzen in der Brust, wenn ich mich abends hingelegt habe.“ So traf sie die Entscheidung: „Schluss, fertig, aus, die Dinger müssen raus.“

Während durch einen Ultraschall bereits seit längerem festgestellt worden sei, dass das linke Implantat einen Riss vorweist, stellte sich bei der Operation heraus, dass insbesondere die rechte Seite das Problem war, wie Benaissa erklärt: „In der linken Brust war der Riss, es hatte sich eine Kapselfibrose darum gebildet, das musste rausgeholt werden, aber viel schlimmer war die rechte Brust. Das ganze Implantat hatte sich zersetzt und war wie ein Mooswuchs in meiner ganzen Brust ausgebreitet gewesen.“

Sängerin wünscht sich mehr Aufklärung über Breast Implant Illness

Screenshot aus Nadja Benaissas Instagram-Story
So glücklich ist Nadja Benaissa nach mehreren Jahren mit Breast Implant Illness Foto: Screenshot aus Nadja Benaissas Instagram-Story

Nie wieder wolle die 41-Jährige Silikon in ihrem Körper haben. Außerdem sagt sie, sie hätte den Eingriff „aus total dummen Gründen“ machen lassen, „weil ich hatte eine schöne Brust. Aber ich habe mir Komplexe einreden lassen.“ Belehren möchte sie mit ihrer Videobotschaft nicht, eher Aufmerksamkeit für die Breast Implant Illness schaffen. „Ich möchte euch nur sagen: Es gibt sicherlich Frauen, die das gut vertragen und ich möchte überhaupt nicht jemandem erzählen, mach das oder mach das nicht, aber auch wenn die Silikonimplantate nicht platzen, es wird immer eine Form von Stoffen ins Gewebe drumherum abgegeben und ich bin so glücklich, dass sie raus sind. Und wenn ihr merkt, ihr habt Implantate und ihr habt komische Symptome und euch geht’s nicht gut, macht euch schlau. Vielleicht liegt’s an den Implantaten.“

Das steckt hinter der „Breast Implant Illness“

Was wirklich hinter der Krankheit steckt, erklärt Dr. med. Afschin Fatemi, Leiter und Gründer der Schönheitsklinik „S-thetic“ in Berlin: „Breast Implant Illness beschreibt einen relativ unspezifischen Krankheitskomplex. Das heißt, Patienten bzw. meist Patientinnen können unter Konzentrationsstörungen, chronischer Erschöpfung, Brustschmerzen, die sich nicht näher klassifizieren lassen, Muskel- und Gelenkschmerzen, Schlafstörungen, Angstzuständen oder Haarausfall leiden.“ Die Liste der Symptome ist lang und zeitlich unabhängig: „Die Themen können schleichend kommen und relativ zeitnah nach einer Brust-OP, aber auch erst nach Jahren auftreten.“ Das macht eine exakte Eingrenzung schwierig. „Es ist nicht wie bei einem grippalen Infekt, bei dem man weiß, welche Symptome dazugehören und dass es in einer Woche wieder weg ist. Die Symptome lassen sich nicht eindeutig auf die Implantation zurückführen, es kann auch eine andere Erkrankung dahinter stehen.“

Daher ist es wichtig, eine richtige Diagnostik durchführen zu lassen. Dazu sei der Operateur der erste Ansprechpartner, sagt Dr. Fatemi: „In solchen Fällen würde ich immer zuerst zum Operateur. Er sieht sich das an und leitet die Betroffenen dann gegebenenfalls weiter.“ Er warnt jedoch auch davor, in Panik zu verfallen: „Bei Symptomen sollten Sie nicht zum erstbesten Chirurgen laufen und schnell die Implantate loswerden wollen. Oft stehen rheumatische oder Auto-Immunerkrankungen dahinter. Erst wenn man hier nichts findet, ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass es am Implantat liegt.“

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„Breast Implant Illness“ noch nicht ausreichend erforscht

Doch auch das sei selten, erklärt der Schönheitschirurg. „Es gibt keine richtig harten Fakten dazu, da es noch zu wenig Forschung in diesem Bereich gibt. Ich selbst kenne die Breast Implant Illness nur von Kollegen, Kongressen und aus der Literatur. In meinen 20 Jahren in einer Ästhetiklinik kann ich mich an keinen solchen Fall erinnern.“ Studien dazu seien schwierig, da es selten vorkomme und die Symptome so unspezifisch seien. Allerdings seien heutzutage die Implantate auch besser, es komme seltener zum Auslaufen des Silikons, was ein Auslöser für eine Breast Implant Illness sein kann. „Woran es genau liegt, dass eine Breast Implant Illness auftritt, kann man nicht ganz eingrenzen. Eventuell daran, dass sich Silikon im Implantat selbstständig macht, ausläuft und so entzündliche Prozesse im Körper anschiebt. Allerdings findet man nicht bei allen Patientinnen Silikon in Blut oder Gewebe, sodass das nicht sicher belegt werden kann.“ Sollte es zu einer Breast Implant Illness kommen, werde eine En-bloc Resektion durchgeführt. „Dabei wird alles, was mit dem Implantat Kontakt hatte, herausgenommen, dann sollte eigentlich Ruhe sein.“

Implantat auf Hand vor Frau auf OP-Tisch. Das Implantat wurde noch nicht eingesetzt, schien mir zu blutig, um das fotografisch hier zu zeigen.
Bei einer Breast Implant Illness hilft nur noch das Entfernen der Implantate Foto: Getty Images

So beugen Sie einer „Breast Implant Illness“ vor

Eine Möglichkeit, einer Breast Implant Illness sicher zu entgehen, wenn Sie sich eine Brustvergrößerung wünschen, gibt es nicht. Doch Vorbeugung ist machbar, nämlich indem Interessentinnen vor der Schönheits-OP gründlich recherchieren: „Es beginnt bereits bei der Arztwahl. Gehen Sie unbedingt zu einem Facharzt. Ich würde mir jemanden aus dem gynäkologischen Bereich oder dem Gebiet der plastischen Chirurgie suchen. Dieser sollte hochwertige Implantate mit FDA-Siegel verwenden.“ Diese können Sie sich zeigen lassen und, sollte der Hersteller nicht von Expertenseite aus genannt werden, nachfragen. „In Deutschland gibt es eigentlich nur zwei bis drei Firmen, die Implantate in dieser Qualität anbieten können.“

Weiterhin empfiehlt der Arzt, sich über Alternativen Gedanken zu machen. „Man kann die Brust beispielsweise auch mit Eigenfett aufbauen. Voraussetzung dafür ist natürlich, dass genug Fett vorhanden ist. Das ist ein deutlich sicherer Eingriff und hat weniger Nebenwirkungen, da die gesamte Fremdkörper-Thematik wegfällt, die mit Lymphomen oder Verhärtungen in Verbindung steht.“

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Breast Implant Illness kann auch ohne Brustimplantate vorkommen

Doch nicht nur bei Brustvergrößerungen kann eine Breast Implant Illness auftreten. Auch bei Implantaten in Waden, Po oder Oberarmen ist eine solche Symptomatik möglich, erklärt Dr. Fatemi: „Wenn die Implantate aus demselben Stoff sind, ist es möglich, dass es auch bei Implantaten in anderen Bereichen vorkommt.“ Zusätzlich warnt er vor Po-Implantaten: „Kein seriöser Arzt würde das noch machen. Das Implantat unter dem Po-Muskel ist eine ganze andere Nummer als unter dem Brust-Muskel, da das Gewebe hier fester ist. Hierbei kommt es oft zu Komplikationen, die lange bestehen bleiben, weil die Implantate oft nicht dort bleiben, wo man sie hingelegt hat. Der ganze Eingriff ist wesentlich risikoreicher als eine Brust-OP.“

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Quellen:

Themen Beauty-Op
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