10. Februar 2020, 7:54 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Seife wirkt oft etwas altmodisch. Bei Oma und Opa lag immer so ein ausgewaschenes Stück mit Rissen in einer Seifenschale mit Gumminoppen am Waschbecken. Nicht gerade ansehnlich. Manche Menschen ekeln sich sogar regelrecht vor Seifen, weil sie diese für unhygienisch halten. Doch das Image der Seife wandelt sich gerade.
„Seifen erleben eine Renaissance“, sagt die Marktforscherin Elfriede Dambacher, die auf Naturkosmetik spezialisiert ist. Vor allem wer umweltbewusst und möglichst verpackungsarm konsumieren will, seift Hände, Körper und seit neustem auch Haare ein. „Der Schaum der Seife zerfällt und belastet die Gewässer nicht“, sagt die Expertin. Außerdem sei sie sehr ergiebig. „Ein Stück hält so lange wie vier Flaschen Shampoo oder Duschgel.“
Und davon verbrauchen wir Deutschen eine Menge. Mehr als 14 Milliarden Euro gaben die Verbraucher im vergangenen Jahr nach einer Hochrechnung des Industrieverbands Körperpflege- und Waschmittel für Schönheitsprodukte aus. Die Naturkosmetik wächst Dambacher zufolge seit Jahren und kommt inzwischen auf einen Marktanteil von mehr als zehn Prozent. Ab 12. Februar trifft sich die Branche in Nürnberg auf der internationalen Naturkosmetikmesse Vivaness, die parallel zur weltgrößten Bio-Lebensmittel-Messe Biofach läuft.
Haarseifen strömen in den Markt
Mehrere Aussteller werden dort auch ihre Haarseifen präsentieren, darunter Treibholz aus Nordrhein-Westfalen. „Die Nachfrage ist enorm nach Haarseife“, sagt Lucia Scheige, die Tochter des Firmeninhabers. Das Unternehmen vertreibt seit einigen Jahren drei verschiedene Haarseifen, die vor allem in Bioläden erhältlich sind. Zurzeit sind die Bestände aber so gut wie leer gekauft. „Aufgrund hoher Nachfrage vergriffen“, steht auf der Homepage. Erst im Mai soll es wahrscheinlich wieder Nachschub geben.
Im Geschäft von Haused Wolf stapeln sich Seifen in Regenbogenfarben, Pastelltönen oder tiefem Schwarz auf Blechen hinter der Kasse. Mehrere Wochen reifen die Stücke dort. In den Regalen steht an einigen Stellen ein Schild: „Ausverkauft – wird gerade nachproduziert.“ Die beiden Besitzer erweitern gerade die Produktion und suchen zu ihren vier Mitarbeiterinnen weitere Verstärkung, um die Lücken schneller wieder auffüllen zu können. Bisher rühren sie die Zutaten für ihre Seifen in Zehn-Liter-Töpfen in der Küche hinter dem Verkaufsraum zusammen. „Die Rezepturen sind Betriebsgeheimnis“, sagt Cosmin Katko. Nur so viel verrät er: Die Seife wird nicht gekocht, sondern kalt gerührt – und alle Zutaten sind natürlich.
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Das ist nicht bei jeder Haarseife zwingend der Fall. „Es gibt keine Vorschriften, was Haarseife enthalten darf“, sagt Marc-Simon Wolf. „Es gibt auch welche, denen zusätzlich Tenside und Filmbildner hinzugefügt werden.“ Außerdem kann man Haarseifen leicht mit festen Shampoos verwechseln. Die sehen zwar ähnlich wie eine Seife aus, enthalten aber die gleichen Inhaltsstoffe wie flüssiges Shampoo. „Das ist wie bei einer Ernährungsumstellung“, sagt Cosmin Katko. „Man muss die Verpackungsrückseite genau studieren.“
Warum Seife keine Keimschleuder ist
Früher bekam man Haarseifen meist nur in spezialisierten Naturkosmetikgeschäften. Heute gibt es sie auch in Unverpackt-Läden, Biomärkten, Parfümerien und Drogerien. „Der Trend geht in die Breite“, sagt Elmar Keldenich vom Handelsverband Kosmetik. „Er spricht aber eine ganz bestimmte Zielgruppe an.“ Die Drogeriekette Dm hat zum Beispiel seit vergangenem Herbst Haarseife im Sortiment. Zusammen mit den festen Shampoos kommt die feste Haarpflege damit auf zehn Produkte. Im Vergleich: Bei den flüssigen Shampoos sind es rund 270. „Wir betrachten die Produkte als Ergänzung unseres Sortiments“, sagt Marketinggeschäftsführer Sebastian Bayer. Ähnlich sieht es bei Konkurrent Rossmann aus: Aktuell führt er 11 feste Shampoos und etwa 280 flüssige.
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„Haarseife ist nicht massentauglich“, erläutert Expertin Dambacher. Wieso? „Über Generationen hinweg hat sich ein Waschempfinden gebildet, dass es extrem schäumen muss und die Haare danach leicht kämmbar sind.“ Das meint auch Keldenich: „Die Mehrzahl der Menschen wird weiterhin normales Shampoo benutzen.“ Feste Seife neben dem Waschbecken geht durch viele Hände – die meisten davon ungewaschen. Eine Keimschleuder ist die Stückseife im häuslichen Einsatz deshalb aber nicht, erklärt Ernst Tabori, Direktor des Deutschen Beratungszentrums für Hygiene.
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Flüssigseife vs. feste Seife
Theoretisch hinterlässt zwar jeder, der sie verwendet, auf fester Seife eine Keimspur. Die Seife bietet Bakterien aber kein übermäßig gutes Wachstumsmilieu. Krankheitserreger werden zwar nicht sofort getötet, überleben aber auch nicht lange. Für den häuslichen Einsatz ist feste Seife damit nicht unhygienischer als Flüssigseife: Hier können sich Keime zwar nicht auf der Seife selbst, aber dafür auf dem Pumpmechanismus sammeln.
Beide Verunreinigungen sind aber zu vernachlässigen, wenn man sich sofort nach dem Kontakt mit Seife oder Mechanismus gründlich die Hände wäscht. Daher dürfen in Privathaushalten sowohl Seifenstücke als auch Seifenspender zum Einsatz kommen – wichtig ist nur, dass es eins von beidem gibt und dass der Nutzer seine Hände tatsächlich richtig wäscht. Auf Desinfektionsmittel oder entsprechende Zusätze in der Seife kann man im Privathaushalt dagegen ruhig verzichten. Für den öffentlichen Einsatz empfiehlt der Experte aber die ausschließliche Verwendung von geschlossenen Seifenspendern – und nicht die Stückseife.
Mit Material von dpa