7. Januar 2019, 16:28 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Immer mehr Menschen setzen auf eine glutenfreie, vermeintlich gesündere Ernährung. In Hollywood ist „G-Free“ längst so verbreitet wie die bewährte „Low-Carb“-Diät. Das Absurde: Viele der Anhänger wissen nicht einmal, was Gluten ist! Sie etwa? STYLEBOOK deckt die wichtigsten Fragen über den Lebensmittel-Mythos auf.
In Deutschland streichen mehr und mehr Menschen das vermeintlich böse G-Wort voll und ganz von der Einkaufsliste und ihrem Speiseplan, oftmals ohne Hintergrundinformationen. STYLEBOOK wollte wissen: Ist Gluten wirklich schädlich? Und was zum Teufel ist es überhaupt? Die Antworten kennt der Ernährungsexperte und Gesundheitspublizist Sven-David Müller („Das Kein Gluten Kochbuch“, Verlag Mainz).
Was genau ist Gluten eigentlich?
Bei Gluten handelt es sich um ein Protein aus Getreide, das in Verbindung mit Wasser zum sogenannten Klebereiweiss wird. „Es ist der Grund für die elastische Teigkonsistenz und Saftigkeit von fertig gebackenem Brot“, erklärt Sven-David Müller.
Wo steckt Gluten drin?
Die meisten Getreidesorten, wie zum Beispiel Weizen, Dinkel und Roggen, enthalten diese Eiweiße und bilden Gluten. Somit steckt das Klebereiweiß in Brötchen, Keksen und Kuchen, Teigwaren wie Pizza und Pasta – außerdem aber auch als Bindemittel in Bier, Ketchup oder Cornflakes. Müller zu STYLEBOOK: „Auch die meisten Fertiggerichte und Süßigkeiten werden damit hergestellt.“
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Warum enthalten Lebensmittel überhaupt Gluten?
Gewöhnliche Getreidewaren enthalten von Natur aus Gluten, schließlich steckt es in den Körnern von Weizen, Roggen, Gerste und Dinkel. Seine guten Bindeeigenschaften machen es aber außerdem zu einem beliebten (und günstigen!) Verdickungsmittel: „Es beeinflusst die Konsistent von Industrieprodukten, sorgt etwa in Fertigsoßen für die gewünschte Cremigkeit“, so Müller.
Ist Gluten ungesund?
Sofern Sie nicht an Gluten-Sensitivität leiden, lautet die Antwort: Nein! Bei Menschen mit, die unter der Autoimmunerkrankung Zöliakie (Glutenunverträglichkeit) leiden, kann aber bereits die Aufnahme geringfügiger Mengen zu ernsthaften gesundheitlichen Problemen führen. Zum Beispiel zu chronischen Entzündungen im Magen-Darm-Trakt, im schlimmsten Fall sogar Krebs. Die Erkrankung schädigt die Dünndarmschleimhaut und somit deren Aufnahmefähigkeit. Der Grund: „Die Zotten im Dünndarm verändern sich“, erklärt Sven-David Müller. Für die Betroffenen bedeutet das nicht nur Verdauungsprobleme und Bauchschmerzen, sondern „Vitamine und andere Nährstoffe können nur noch schwer vom Organismus aufgenommen werden“, erklärt der Experte.
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Macht Gluten dick?
„Nein“, so Müllers klare Antwort. Bloß weil es vermehrt in kohlenhydrathaltigen Lebensmitteln vorkomme, sei Gluten als Dickmacher verschrien. Wer für die schlanke Linie auf Nudeln, Weißbrot und Co. verzichtet, nimmt bestimmt ab. Den gleichen Effekt hätte aber auch der Verzicht auf Fette. Spezielle glutenfreie Lebensmittel können sogar dick machen, denn um das fehlende Klebereiweiß zu kompensieren, also Geschmack und Konsistenz zu verbessern, heben manche Hersteller den Zucker- oder Fettanteil ihrer Produkte an.
Brauchen gesunde Menschen Gluten?
„Nein, es ist eher zufällig in verschiedenen Lebensmitteln“, erklärt Müller, mitunter auch in gesunden Sachen wie Vollkornbrot oder Müsli. Wer glaubt, er könne seinem Körper durch das Weglassen etwas Gutes tun, macht sich die Mühe umsonst: „Es bringt keinerlei Vorteil, grundlos auf Gluten zu verzichten. Weder für den Darm noch sonst irgendwas.“
In jedem Fall enthalten Getreide wichtige Ballaststofflieferanten und unterstützen durch ihre präbiotische Wirkung die Darmflora. Ein Verzicht könnte sich also nachteilig auswirken.
Welche Alternativen zu glutenhaltigen Lebensmitteln gibt es?
Reis, Mais, Quinoa, Amaranth, Buchweizen, Hirse und die Produkte daraus – etwa die entsprechenden Mehlsorten – sind von Natur aus glutenfrei.
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Woran merke ich, dass ich an einer Unverträglichkeit leiden könnte?
Wenn Sie immer wieder mit Bauchschmerzen und Verdauungsproblemen zu kämpfen haben oder stark an Gewicht verlieren und es auch mit Mühe nicht schaffen, zuzunehmen. „In solchen Fällen bitte unbedingt zum Arzt gehen“, rät Müller, „nicht zum Heilpraktiker! Eine Zöliakie ist eine ernste Sache, die behandelt werden muss.“ Eine nicht ganz so stark ausgeprägte Form der Unverträglichkeit ist die Glutensensitivität. Sie ist abhängig von der aufgenommenen Glutenmenge, macht sich ebenso mit Verdauungsbeschwerden bemerkbar, hat aber weniger schlimme Folgen wie die Zöliakie.