15. November 2021, 11:28 Uhr | Lesezeit: 10 Minuten
Warum enthalten manche Hautcremes sogenannte Parabene? Was bewirken Silikone oder Paraffine in Pflegeprodukten und können die Zusätze womöglich der Gesundheit schaden? STYLEBOOK hat bei Experten nachgefragt, was wir über die verschiedenen Inhaltsstoffe in der Kosmetik wissen sollten.
Um Wirkung oder Haltbarkeit von Haut-, Haar- und Zahnpflegeprodukten zu verbessern, werden ihnen (oft chemische) Zusätze zugesetzt. Einige davon stehen im Verdacht, Krankheiten oder zumindest Allergien auszulösen. Dabei ist es für Laien oft schwer zu beurteilen, welche Stoffe am Ende problematisch sind.
Übersicht
1. Aluminiumchlorid ist ein Inhaltsstoff in Kosmetik
Was ist es? Aluminiumchlorid entsteht durch das Auflösen des Leichtmetalls Aluminium in Salzsäure, es gilt als Nervengift.
Wo steckt’s drin? In Anti-Transpiranten – also Deos, die nicht nur Geruch übertünchen, sondern die Poren verschließen und so die Schweißbildung reduzieren sollen.
Das Problem: Aluminiumsalze gehören zu den meist umstrittenen Inhaltsstoffen in der Kosmetik. Der Verdacht: Eine zu hohe Aluminiumkonzentration im Körper soll das Risiko auf Brustkrebs und Alzheimer erhöhen. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) war 2014 in einer Studie zu dem Ergebnis gekommen, dass Aluminiumsalze aus Deodorants über Jahrzehnte hinweg „möglicherweise“ zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen beitragen könnte. Entsprechende Kosmetik ist dennoch weiterhin nicht verboten.
Das sagt der Experte: STYLEBOOK hat den Apotheker und Gesundheitsexperten Steffen Kuhnert befragt. Auch wenn eine gewisse Unsicherheit bestehe, sei eine Hysterie nach seiner Einschätzung übertrieben, zumal „die tolerierbare wöchentliche Zufuhr von Aluminium, die mit 1mg/kg Körpergewicht angegeben ist, über eine ausgewogene Ernährung in der Regel nicht überschritten“ werde.
Fazit: Ein reelles Erkrankungsrisiko besteht durch den Gebrauch von Anti-Transpirant-Deos mit Aluminiumchlorid offenbar nicht. Wer dennoch ein ungutes Gefühl hat, findet im Handel zahlreiche, garantiert unbedenkliche Alternativen.
2. Silikone
Was ist es? Der Sammelbegriff für eine große Gruppe von synthetischen Stoffen, die aus Verbindungen aus Silizium und Sauerstoff bestehen.
Wo steckt’s drin? In Haarpflegeprodukten oder Hautcremes mit Anti-Aging-Effekt.
Das Problem: Ungewünschte Folgen sind eher optischer Natur: Der Inhaltsstoff, enthalten in Kosmetik wie Shampoo, legt sich dauerhaft auf den Haaren ab und beschwert sie. In Cremes enthalten, soll Silikon die Poren verstopfen.
Das sagt der Haar-Experte: „Angegriffenes Haar kann ein Silikon-Shampoo optisch wieder aufbauen, indem es die strapazierte Oberfläche glättet“, erklärt Michael Manthei, Friseur aus Berlin. Wichtig sei zu betonen: Der Inhaltsstoff bringt im Gegensatz zu tatsächlichen Pflegezusätzen keinen lang anhaltenden Effekt. Hier geht es lediglich um eine schelle, scheinbare Verschönerung. Bei gesundem Haar seien Silikon-Shampoos unnötig, bei feinem grundsätzlich ungeeignet, da sie es „zu sehr beschweren“ würden.
Das sagt die Haut-Expertin: „Silikone hinterlassen einen feinen Film auf der Haut für einen sofort glättenden Effekt“, weiß Dr. med Sabine Zenker, Dermatologin aus München. Wenn dieser gewünscht ist, bestehe kein Grund, solche Kosmetik nicht zu verwenden – „vorausgesetzt, die Haut ist gesund.“
Fazit: Silikon ist für strapaziert aussehendes Haar und faltige Haut eine Art Express-Beauty-Kur – wenn auch eine chemische.
In jedem Fall sollte man beim Kauf auf die Hochwertigkeit der Produkte achten. Stehen Zusätze, die auf „-icone“ oder „-iloxane“ enden, ganz oben auf der Inhaltsstoff-Liste, sollte das Produkt im Laden bleiben: Hier ist zu viel Silikon enthalten! Sofern keine Allergie besteht, schadet das der Gesundheit nicht. Haut oder Haare können aber schnell überpflegt werden, was den gewünschten, verschönernden Effekt mindert.
3. Parabene
Was ist es? Parabene sind Konservierungsstoffe, eine chemische Bindung der para-Hydroxybenzoesäure.
Wo steckt’s drin? Als Kosmetik-Inhaltsstoff sollen Parabene beispielsweise Hautcremes haltbar machen.
Das Problem: Sie sollen Allergien auslösen.
Das sagt die Expertin: „Konservierungsstoffe in Kosmetika sind sehr wichtig: Ohne sie würde eine Creme in kürzester Zeit unansehnlich und nicht mehr verwendbar werden“, erklärt Dr. med. Sabine Zenker. Die häufig verwendeten Methylparabene seien relativ gut verträglich. In ihrer Münchner Praxis behandelt die Hautärztin allerdings auch allergische Reaktionen. „Isopropyl-, Isobutyl-, Pentyl- und Phenylparaben werden selten eingesetzt, über sie gibt es nur eingeschränktes Fachwissen.“
Dies ist auch in einem entsprechenden Schreiben des BfR nachzulesen: Danach ist etwa Benzylparaben in Kosmetik nicht zugelassen, grundsätzlich hält aber auch das BfR den Einsatz von Parabenen als Konservierungsmittel in Pflegeprodukten für sinnvoll.
Fazit: Parabene sind nicht grundsätzlich schlecht, allerdings reagiert jeder anders. Mit einem Epicutan-Test kann der Hautarzt beurteilen, ob Ausschläge oder andere Auffälligkeiten allergisch bedingt sind. Kosmetik, welche die laut Dr. Zenker kritischen Inhaltsstoffe (Isopropyl-Parabene und Co.) enthält, besser meiden.
4. Fluoride
Was ist es? Fluoride sind die Salze der Fluorwasserstoffsäure. Mit dem ätzenden Giftgas Fluor sind sie verwandt, aber nicht identisch.
Wo steckt’s drin? In den meisten handelsüblichen Zahnpasten.
Das Problem: Es soll den Körper vergiften.
Das sagt der Experte: „Wenn man es überdosiert, ist Fluorid tatsächlich giftig“, räumt der Berliner Oralchirurg Priv. Doz. Andreas Schwitalla ein. Aber: „Der Zahnschmelz braucht Fluorid, idealerweise Aminfluorid, um widerstandsfähiger gegenüber Säure zu sein.“ Ohne eine gute Schutzschicht hätten Kariesbakterien freie Bahn, der Zahnschmelz wäre angreifbar und würde verfärben. Ist er einmal abgebaut, bleibt das schmerzempfindliche Zahnbein schutzlos zurück.
Fazit: Etliche klinische Studien belegen, dass Rezepturen ohne Fluoride keine Kariesprophylaxe bieten. Bei fluoridhaltiger Zahnpasta beherzigen wir daher Schwitallas Empfehlung: „Es genügt ein Zentimeter langer Streifen – und bitte nicht runterschlucken!“
5. Paraffine/Mineralöle
Was ist es? Meist aus Erdöl destillierte Öle.
Wo steckt’s drin? Als Feuchtigkeitsspender in Lotionen für trockene Haut.
Das Problem: Sie sollen die Haut abdichten, so dass sie nicht atmen kann.
Das sagt der Experte: „Mineralöle sind häufig Bestandteile dermatologischer Cremes zur Behandlung extrem trockener Stellen“, erklärt Dr. Dirk Meyer-Rogge, Hautarzt aus Köln. Vorteil: Anders als bei Pflanzenöl, dessen Qualität je nach Herkunft und Lieferant schwanken kann, seien Paraffine gleichbleibend gut. Dass Mineralöle synthetisch erzeugt werden, ist laut Meyer-Rogge kein Problem. Im Gegenteil: „Vielmehr sind es natürliche Inhaltsstoffe, auf die Menschen mit sensibler Haut allergisch reagieren.“
Fazit: Mineralöle bergen kein Risiko auf ernsthafte Erkrankungen und auch nur ein geringes allergenes Potenzial. Sie grundsätzlich aus der Beautyroutine auszuschließen, ist demnach nicht nötig – aber eben auch eine Frage der persönlichen Ansicht zum Thema Mineralöle.
6. Formaldehyd
Was ist es? Die gängige Bezeichnung für die chemische Verbindung Methanal.
Wo steckt’s drin? In etlichen Kosmetika, etwa in Shampoo, Nagellack, Nagelhärter, Haarwuchs- und färbemitteln, Selbstbräunern.
Das Problem: Formaldehyd steht im Verdacht, Allergien, Asthma, Bewusstseinsveränderungen, Kopf- und Gelenkschmerzen zu verursachen. Die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) stuft Formaldehyd als karzinogen (krebserregend bzw. -fördernd) ein. In der Europäischen Gemeinschaft muss der Inhaltsstoff daher deutlich gekennzeichnet sein.
Das sagt der Experte: „Formaldehyd ist in immer weniger Kosmetika enthalten“, sagt im Gespräch mit STYLEBOOK der Münchener Dermatologe Dr. med. Timm Golüke. Dies sei auch nur bis zu einem Gehalt von 0,2 Prozent erlaubt. Unmittelbar könne es durch die Anwendung von bspw. Nagelhärter mit Formaldehyd, der nicht grundlos oft stechend rieche, zu Kopfschmerzen kommen. Grundsätzlich sieht der Mediziner keine Veranlassung, Kosmetik mit dem Inhaltsstoff zu verwenden.
Fazit: Klarer Fall: Beauty-Produkte, die „Formalin“, „Formol“ oder fragwürdige Inhaltsstoffgemische enthalten, gehören in die (Chemie-)Tonne!
7. Glycerin
Was ist es? Die Verbindung Propan-1,2,3-triol, besser bekannt unter ihrem Trivialnamen Glycerin, ist ein Zuckeralkohol.
Wo steckt’s drin? In Seifen, Duschgels oder Shampoos, aber auch in Gesichtscremes und Körperlotionen.
Das Problem: Glycerin soll den tieferen Hautschichten Wasser entziehen.
Das sagt der Experte: „Glycerin bindet das Wasser in der Creme“, erklärt Prof. Dr. Uwe Trefzer, Leiter des Dermatologikums Berlin. Damit sorgt es für eine geschmeidige Textur und verhindert das Austrocknen des Produktes. Viel wichtiger noch: Vor allem auf die Haut habe Glycerin – im Gegensatz zu seinem Ruf – eine stark hydratisierende Wirkung. „Insbesondere bei trockener Haut und Mischhaut rate ich ausdrücklich zur Verwendung glycerinhaltiger Kosmetik.“
Fazit: Glycerin kommt in der Beauty-, Lebensmittelindustrie und Medizin zum Einsatz, das Bundesinstitut für Risikobewertung stuft den Zuckeralkohol als unbedenklich ein.
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8. Aceton
Was ist es? Der Trivialname für die organisch-chemische Verbindung Propanon, ein Lösungsmittel, und gehört auch zur Kategorie Inhaltsstoff in Kosmetik.
Wo steckt’s drin? In vielen Nagellackentfernern.
Das Problem: Aceton soll die Haut austrocknen und die Atemwege reizen, auf Dauer sogar Blut und Knochenmark schädigen.
Das sagt der Experte: „Aceton entzieht der Haut Feuchtigkeit“, erklärt Hautarzt Dr. Golüke. Verwendet man also acetonhaltigen Nagellackentferner, trocknet das die Region um den Nagel herum aus. Das könne die Entstehung von etwa Hautekzemen im Nagelbett begünstigen. Tatsächlich seien auch die Dämpfe nicht ganz unbedenklich.
Fazit: Inzwischen gibt es etliche acetonfreie Nagellackentferner. Man kann das stark riechende Lösungsmittel also problemlos vermeiden. Wenn Ihnen zwischendurch mal ein acetonhaltiger unterkommt, ist das aber auch nicht schlimm. Nach der Anwendung die Hände gründlich waschen und dann eincremen, um ein Austrocknen von Haut und Nägeln zu vermeiden.
9. Kollagen
Was ist es? Ein Strukturprotein des Bindegewebes, das bei vielzelligen Lebewesen vorkommt, so auch beim Menschen. Als kosmetischer Zusatzstoff wird er meist aus tierischen Geweben gewonnen.
Wo steckt’s drin? In Kosmetik mit Anti-Aging-Effekt, der Inhaltsstoff soll Falten aufpolstern können.
Das Problem: Kollagenhaltige Produkte sollen extern angewendet völlig wirkungslos sein. Und das, obwohl entsprechende Cremes in der Regel ziemlich teuer sind.
Das sagt die Expertin: „In der Haut trägt das körpereigene Kollagen zur Bildung des Hautgerüstes bei, ist für Elastizität und Festigkeit verantwortlich“, erklärt Dr. med. Sabine Zenker. Die Kollagenmoleküle in äußerlich angewendeten Produkten jedoch seien zu groß, um in die Haut eindringen. Als Pflegezusatz wirken sie lediglich feuchtigkeitsspendend, lassen die Haut glatter und frischer aussehen – allerdings nur kurzzeitig. „Die oft ausgelobten Faltenglättung und Straffung sind über Cremes nicht möglich“, so Dr. Zenker.
Fazit: Tatsächlich kann man mit Kollagen einen Lifting-Effekt erzielen – vorausgesetzt, man injiziert es in die Haut. In Cremes ist der Zusatz zwar nicht schädlich, aber praktisch wirkungslos, sprich: rausgeschmissenes Geld.
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10. Alkohol
Was ist es? Im allgemeinen Sprachgebrauch der Begriff für die chemische Verbindung Ethanol.
Wo steckt’s drin? In Deodorants, Parfüms, Gesichtswassern, Anti-Pickel-Stiften…
Das Problem: Alkohol in Pflegeprodukten soll die Haut austrocknen.
Das sagt der Experte: Gerade in Deodorants ist Alkohol ein sehr sinnvoller Bestandteil, erklärt Prof. Dr. Trefzer: „Er tötet die Bakterien, die sonst für eine unangenehme Geruchsbildung in den Achseln verantwortlich sind.“ Auch in anderer Kosmetik wird Alkohol für seine antibakterielle Wirkung eingesetzt, etwa in Reinigungs-Tonics fürs Gesicht: Er wirkt desinfizierend, etwa auf verstopfte Poren, die sonst zu Pickeln oder Mitessern führen können.
Gleichzeitig dient er als Konservierungsmittel: „Creme würde ohne Alkoholzusatz schnell verderben oder ranzig werden.“ Menschen mit trockener Haut sollten jedoch zu Produkten greifen, die nur wenig Alkohol enthalten: Er entzieht der Haut das sowieso schon zu wenig vorhandene Fett und kann sie zusätzlich austrocknen.
Fazit: Ob ethanolhaltige Beautyprodukte negative Effekte mit sich bringen, merkt der Verbraucher schnell selbst: Bei gereizter, geröteter oder stark ausgetrockneter Haut sollte man das Gesichtswasser oder das Deodorant einfach durch eines mit der Aufschrift „alkoholfrei“ ersetzen – davon gibt es schließlich reichlich.
Übrigens: Mit einer App des Bunds für Naturschutz und Umwelt (BUND) können Verbraucher gesundheitsschädliche Inhaltsstoffe in Kosmetika selbst aufspüren. Über den Strichcode eines Produktes erkennt „ToxFox – der Kosmetik-Check“ chemische Bezeichnungen und übersetzt sie in Laiensprache.