21. Juli 2023, 17:54 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten
Über eine Million Menschen haben seinen YouTube-Account abonniert und schauen ihm jede Woche zu, wie er sich schminkt und neue Produkte ausprobiert. Was 2014 eher als Hobby begann, ist nun sein Leben. Mittlerweile hat Marvyn sogar seine eigene Make-up-Marke. Doch wie geht man als Influencer selbst mit den sozialen Netzwerken um? Das hat der Creator STYLEBOOK im Interview verraten und spricht auch über die Kritik an seiner Person.
Ein Leben ohne Instagram, TikTok oder YouTube ist für die meisten wohl unvorstellbar. Für Marvyn Macnificent sind die sozialen Medien aber kein Zeitvertreib, sondern sein Job. Mehr als drei Millionen Follower hat der 29-Jährige auf diversen Plattformen. Mit seinem YouTube-Channel, den er vor gut neun Jahren startete, war ein Vorreiter im deutschsprachigen Raum für extreme Make-up-Tutorials – und eckte damit von Beginn an ziemlich an.
Für Marvyn – der non-binär ist und sich das Promomen „er“ wünscht – spielt das allerdings keine Rolle. Er zieht sein Ding durch. Aktuell ist der YouTuber in der Reality-Doku-Serie „Behind The Feed“ auf Joyn zu sehen und gewährt für einen Influencer ungewohnte Einblicke hinter die Kulissen des vermeintlichen Traumjobs.
»Ich habe einfach irgendwann nichts mehr Privates geteilt
STYLEBOOK hat mit Marvyn Macnificent über die Vor- und Nachteile der sozialen Medien geredet, wie sie sich auf Schönheitsideale auswirken und verrät am Ende seinen ultimativen Styling-Hack.
STYLEBOOK: Wie wichtig war es dir, auch mal zu zeigen, wie dein „normales“ Leben abseits deiner YouTube-Videos und Social-Media-Präsenz aussieht – und das ausgerechnet in einer Realityshow?
Marvyn Macnificent: Klar, du entscheidest was, aber in den meisten Fällen fängt so eine Influencer-Karriere sehr privat an. Du postest etwas aus deinem Leben und dann vielleicht noch etwas, das dir selbst Freude bereitet – wie bei mir zum Beispiel der Make-up-Content. Über die vergangenen Jahre habe ich immer weniger persönliche Einblicke geteilt – einfach, weil es sich so entwickelt hat. Nach inzwischen sieben Jahren ist das für mich einfach irrelevant geworden, auch wenn die Leute das natürlich immer noch brennend interessiert. Jetzt steht das Künstlerisch-ästhetische auf meinem Kanal im Fokus, auch dadurch, dass ich meine eigene Make-up-Marke „Gender X Beauty“ 2022 gegründet habe und auch insgesamt älter geworden bin.
Aber es läuft ja immer am besten, wenn du viel Persönliches zeigst, die Leute den Eindruck haben, dich zu kennen und wissen, was du machst. Dadurch bekommst du bessere Aufrufzahlen, Likes etc. Versteh mich nicht falsch, ich finde es schön, wenn meine Fans auch einen Einblick in mein Leben bekommen, aber ich habe das einfach nicht mehr gemacht. Von daher war die Teilnahme bei „Behind The Feed“ eine gute Möglichkeit, meinen Fans diesen Einblick zu geben, ohne das auf meinem Social Media teilen zu müssen.
Auf einer Skala von eins bis zehn – wie wichtig sind dir soziale Medien?
Es ist mein Job und ich verdiene damit mein Geld, auch wenn ich mittlerweile ein zweites Standbein aufgebaut habe. Aber privat nutze ich das wenig. Wenn ich mich festlegen müsste: eine 7,5 von zehn. Ich benutze es beruflich oft, aber sonst hat es einfach keinen so hohen Stellenwert für mich.
Du hast YouTube auch schon immer als eine Art Schutzraum gesehen – eine Plattform, auf der du dich selbst verwirklichen konntest – schmerzt es da nicht, welche negativen Seiten die Plattform auch haben kann?
Es gibt natürlich die Vor- und Nachteile. Wenn du dich als Mensch noch nicht richtig gefunden hast und verunsichert bist, dann kann dich das natürlich immens beeinflussen. Ich hoffe einfach nur, dass jeder genug andere Menschen um sich herum hat, die einem sagen, dass es vor allem wichtig ist, erstmal mit sich selbst klarzukommen – und auch hier kann Social Media einen großen Vorteil haben. Früher haben wir nur in Magazinen und im Fernsehen gesehen, was Trend war und als „schön“ galt. Man war alleine damit und konnte sich nicht wirklich austauschen. Das geht heutzutage viel einfacher und man kann sich so auch Selbstbewusstsein und Bestätigung suchen.
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„Es war eine offensichtliche Veränderung und so zu tun, als ob nichts passiert wäre, wäre ja auch affig gewesen”
Du sprichst mittlerweile auch offen über deine Schönheit-OPs – wofür du auch kritisiert wurdest. Kannst du das nachvollziehen oder fällt es dir eher schwer, damit umzugehen?
Ich wusste, dass diese Kritik kommen wird. Aber warum sollte ich mein Leben verheimlichen? Ich finde es wichtig, dass man sich selbst bewusst ist, wofür man es macht. Ich habe letztens mit einer Person geredet, die sich Po-Implantate hat einsetzen lassen. Fand ich eigentlich cool. Aber dann meinte sie: „Ja, aber ich weiß nicht, der Trend geht davon ja wieder weg …“ – und das ist eben genau das Problematische. Man macht so einen Eingriff nicht für andere oder einen Trend oder Instagram – sondern vor allem für sich!
Wenn du es selbst gut findest, dann go for it. Das braucht aber auch Zeit, man muss sich sehr sicher sein, fragen, warum man das macht. Und ich fand es wichtig, dass so auch nach außen zu kommunizieren, dass ich mir diese Zeit genommen haben. Es war eine offensichtliche Veränderung und so zu tun, als ob nichts passiert wäre, wäre ja auch affig gewesen. Ich wollte aufklären, weil ich verstehe, dass es ein sensibles Thema ist. Ich habe auch offen gezeigt, dass ich mich nach der OP nicht so gut gefühlt habe und beschissen aussah. Die Meinungen werden immer gespalten bleiben.
Marvyn: „Die jüngere Generation kann sich extrem gut schminken“
Kommen wir zu einem anderen Thema: Instagram und TikTok verändern sich ständig, wie nimmst du das wahr: Wie haben sich Make-up-Tutorials im Laufe der Zeit verändert?
Zum einen haben sich die Plattformen geändert – niemand kommt mehr auf YouTube, um da ein Tutorial anzusehen. Das findet eher bei Instagram und TikTok im Zeitraffer-Format statt. Ich habe das Gefühl, dass gerade die jüngere Generation sich extrem gut schminken kann und das auch schon viel früher macht. Aber nach wie vor gucken es sich viele an, nur in anderer Art und Weise. Statt wie man es macht, wollen sie eher wissen, welche Produkte benutze ich am besten oder wie sehen die Farben aus, wie deckt die Foundation – und das alles eben recht flott geschnitten und präsentiert.
Hast du denn gerade ein Lieblingsprodukt?
Ja – Achtung Eigenwerbung – es ist ein Creme-Rouge meiner eigenen Marke, der aber erst noch herauskommt. Das ist ein echter Allrounder, weil ich den verwenden kann, wenn ich so gut wie ungeschminkt bin und einfach nur ein bisschen Glow und Frische haben will, aber auch wenn ich ein Full-Make-up aufsetze. Er geht eher in die peachy Richtung – das lässt einen wie von der Sonne geküsst aussehen.
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So hält Marvyn Orndnung im Make-up-Chaos
Hast du einen Tipp, wie man Ordnung in seinem Make-up-Chaos behalten kann?
Ich finde diese durchsichtigen Boxen richtig gut! Da hat man direkt einen Überblick und wenn man von außen noch beschriftet, weiß man, in dem Behälter sind zum Beispiel nur Blushes. Das funktioniert auch, wenn man richtig viel Make-up hat. Aber ich miste auch regelmäßig aus. Was ich nicht mehr verwende, kommt weg!
Was ist eigentlich dein liebster Make-up-Hack?
Ich fange mein Make-up an der Stirn an! Zuerst mache ich da die Foundation fertig, dann die Augenbraue und dann den Lidschatten. Einfach, damit ich keinen Fall-out vom Lidschatten oder Glitzerpartikel auf meiner fertigen Foundation auf der Wange, Kinn oder unter dem Auge habe. Wenn das Augen-Make-Up fertig ist, schminke ich dann den Fall-out ab und vervollständige dann die Foundation. Das sieht, während man es macht, ein wenig lustig aus, weil man oben schon voll geschminkt ist und unten eben nicht, aber funktioniert ziemlich gut. Und mein Hack ist auch: Experimentiert einfach herum. Mein Lieblingsrouge besteht zum Beispiel aus zwei Lidschatten, einem eher rosafarbigen und einem eher sandigen mit leichtem Orange-Stich. Make-up hat keine Grenzen und ist vielseitig einsetzbar. Probieren geht über Studieren!
Quelle
- Instagram von Marvyn