2. August 2023, 11:07 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Kunststoffe sind überall um uns herum, von der Polyesterkleidung, die wir tragen, über die Verpackungen unserer Lebensmittel bis hin zu kleinsten Teilen in unserer Nahrung und Kosmetik. Man geht davon aus, dass neun von zehn Kosmetikprodukten mit Mikroplastik verunreinigt sind. STYLEBOOK hat mit einem Experten darüber gesprochen, welche Risiken sich dahinter verbergen, wenn Sie mit Mikroplastik angereichert Kosmetikprodukte verwenden.
Als Mikroplastik bezeichnet man feste Kunststoffpartikel, die kleiner als fünf mm sind. Sie entstehen zumeist durch die Entsorgung und den Abbau von Konsumgütern und Industrieabfällen. Vor allem die riesigen Mengen an Plastikmüll, die wir ins Meer werfen, enden größtenteils als Mikroplastik.
Was macht Mikroplastik so gefährlich?
Das Problem mit Mikroplastik ist, dass es sich, wie übrigens alle Kunststoffteile, nicht ohne Weiteres in harmlose Moleküle auflösen lässt. Es kann Hunderte oder Tausende von Jahren dauern, bis sich Kunststoffe zersetzen. In dieser Zeit haben sie verheerende Auswirkungen auf die Umwelt und die Gesundheit. Mikroplastik ist außerdem so klein, dass es sowohl von Tieren als auch von Menschen unbemerkt z.B. über die Nahrung aufgenommen werden kann und somit Einzug in den Organismus erhält. Da es sich nur schwer aus der Umwelt entfernen lässt, reichert es sich immer weiter an und führt zu Schäden in der Natur und beim Menschen. Wie gefährlich es wirklich ist, ist noch nicht hinreichend erforscht, zumal das Problem erst jetzt zunehmend ins Bewusstsein der Menschen tritt.
Wie nehmen wir Menschen Mikroplastik auf?
Kunststoff ist in der heutigen Zeit allgegenwärtig und hat in seiner kleinsten Form auch den Weg in unsere Nahrungskette und unser Kosmetikregal gefunden. Man geht davon aus, dass der Mensch pro Woche allein über die Nahrung etwa fünf Gramm Plastik aufnimmt, was der Menge einer Kreditkarte entspricht. Als besonders belastete Lebensmittel gelten Meeresfrüchte, Wasser, Salz, Alkohol und Zucker. Menschen, die auf abgefülltes Wasser angewiesen sind, könnten im Durchschnitt 90.000 Mikroplastikpartikel mehr pro Jahr aufnehmen als diejenigen, die nur Leitungswasser trinken.
Wie gelangt Mikroplastik in die Kosmetik?
„Kunststoffe, sogenannte synthetische Polymere, werden einer Vielzahl von Kosmetikprodukten bewusst zugesetzt. Sie finden sich z.B. als Schleifpartikel in Zahnpasta oder in Peelingprodukten und werden in Cremes und Lippenstiften als Bindemittel verwendet“, weiß Dr. Clemens Fritsch, Facharzt für Dermatologie, Venerologie und Allergologie in Düsseldorf. „Es kann aber auch unkalkuliert über das zur Herstellung verwendete Trinkwasser oder die Verpackung in das Produkt geraten sein.“
Durchdringt das Mikroplastik in Ihrer Kosmetik die Haut?
„Plastik im Mikrometerbereich kann nach derzeitigem Wissensstand zwar nicht die Haut durchdringen, doch Teilchen im Nanometerbereich können die Darmwand passieren oder in der Lunge in die Blutbahn gelangen und den Organismus schädigen“, so Dr. Fritsch.
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Wie gelangt Mikroplastik aus Kosmetika in die Umwelt?
„Indem Sie Ihr Gesicht mit Wasser reinigen, gelangt das Mikroplastik aus Ihren Kosmetikprodukten über das Abwasser in die Kläranlagen, die diese wiederum nur sehr bedingt herausfiltern können“, erklärt Dr. Fritsch. „Ein Teil davon gelangt somit in den Klärschlamm, ein anderer Teil leider in unsere Meere und Flüsse. Das Problematische ist: Einmal im Wasser angekommen, können diese Kunststoffe nicht mehr entfernt werden.“
Welchen Einfluss haben Kosmetika auf den Anteil an Mikroplastik in der Umwelt?
Natürlich sind Kosmetika nicht die einzige Quelle von Mikroplastik in der Umwelt. Aber wenn man Kosmetika mit anderen Sektoren vergleicht, gehören sie, neben Reinigungsmitteln und Landwirtschaft, zu den Top 3 sowohl bei der Verwendung von Mikroplastik als auch bei der Verschmutzung durch Mikroplastik. Kosmetika sollen bis zu zehn Prozent des Mikroplastiks in der Umwelt verantworten. Es ist somit ein wichtiger Industriezweig, in dem viel bewegt werden kann.
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Welche Kosmetikprodukte sind unbelastet?
Glücklicherweise verzichten mittlerweile viele Kosmetikunternehmen auf die Zugabe von Mikroplastik. Greifen Sie zu zertifizierter Naturkosmetik, wenn Sie sicher sein möchten, dass diese frei von Mikroplastik auf Erdölbasis ist. Dennoch kann sie Kunststoffe aus nachwachsenden Rohstoffen enthalten, wie z.B. Polymilchsäure, die ebenfalls als schwer abbaubar gilt. Bei konventioneller Kosmetik lässt sich der Mikroplastikgehalt leider auf den ersten Blick nicht vollständig ausschließen. Sie können nämlich auch Wachse, Gele oder flüssige Polymere enthalten, die nicht als Mikroplastik bezeichnet und gekennzeichnet werden.
Woran Sie erkennen, ob Ihre Kosmetik Mikroplastik enthält
„Werfen Sie einen Blick auf die Inhaltsstoffe, denn unter „Ingredients“ muss jedes Kosmetikprodukt die enthaltenen Inhaltsstoffe gemäß der sogenannten INCI (International Nomenclature of Cosmetic Ingredients) auflisten. Finden Sie dort den Begriff ‚Polymer‘, können Sie davon ausgehen, dass sich Kunststoff in Ihrem Produkt befindet“, klärt Dr. Fritsch auf. „Weitere Bezeichnungen für Kunststoffe erhalten Sie über die Verbraucherzentrale oder Sie prüfen das Produkt mittels Barcode beim über die App Codecheck. Häufig vorkommende Kunststoffe sind beispielsweise Silikone, wie Cyclotetrasiloxane, Polyethylene (PE) oder Polyamide und Nylon.“
Kann Mikroplastik in Kosmetika ersetzt werden?
Ein Beispiel für den erfolgreichen Ersatz von Mikroplastik in Kosmetik ist die schrittweise Abschaffung der sogenannten Mikroperlen. Dabei handelt es sich um Kunststoffgranulate, die in abspülbaren Peelingprodukten oder Peelings verwendet werden. Diese Mikroperlen waren früher weit verbreitet, weil sie gut funktionieren und billig sind. Heutzutage werden sie vermehrt durch Peeling-Granulat auf Zuckerbasis ersetzt.
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Fazit
„Der schrittweise Verzicht auf Mikroplastik wird eine der größten Herausforderungen sein, denen sich die Kosmetikindustrie in diesem Jahrzehnt stellen wird. Wir sind uns alle einig, dass dies notwendig ist. Es stellt sich nur die Frage, wie man damit beginnen soll. Wie so oft sollte die Initiative nicht ausschließlich von den Gesetzgebern ausgehen, sondern letztlich von den Verbrauchern. Wenn wir alle versuchen, Plastik allgemein zu vermeiden, können wir die Umwelt wieder sicherer machen“, so Dr. Fritsch.
Quelle
- Mit fachlicher Beratung von Dr. Fritsch und Dr. Moussa, Fachärzte für Dermatologie, Venerologie und Allergologie in Düsseldorf