16. April 2023, 7:10 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Roland Tentunian ist einer von rund 50 Parfümeuren in Deutschland. Doch anstatt für große Namen zu arbeiten, hat er sein eigenes Duft-Unternehmen gegründet. Damit geht er mit der Zeit und vor allem mit dem Geschmack der jungen Generation, die sich immer mehr außergewöhnliche Düfte wünschen.
Flakons, Fläschchen mit Ölen, große Kanister mit Duftstoffen, Heidelberger Druckmaschinen aus den 1950er Jahren, ein wunderbar altmodisches Botticelli-Logo und über allem eine üppige Duftwolke. Wer die Karlsruher Räume von Parfümeur Roland Tentunian betritt, ahnt schnell, dass hier keine Fabrik wie jede andere residiert.
Roland Tentunian ist sein eigener Chef
Roland Tentunian ist einer von rund 50 Parfümeuren in Deutschland. Aber nach eigenen Worten einer von ganz wenigen, die sich ihr eigenes kleines Unternehmen aufgebaut, ihre eigene Marke kreiert haben. Seit fast 30 Jahren vermarktet er seine Düfte weltweit, verkauft sie bis nach Japan. Jedes Jahr kamen ein, zwei neue Düfte hinzu, sie entstehen in seinem Kopf wie Entwürfe für Gemälde, erzählt er. Ganz langsam hat er sich sein Business aufgebaut, zehn Mitarbeiter, ein Chef.
Seine Produkte füllt er mit seinen Angestellten selbst per Hand ab, druckt die selbst entworfenen Etiketten selbst, beklebt die Flaschen selbst und verpackt und verschickt selbst. Insgesamt eine ziemliche Ausnahme in der Welt der Parfümeure.
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Umsatz von Roland Tentunian und großen Parfümeuren
In Deutschland betrug der Umsatz mit Parfüm Zahlen des Verbands zufolge im vergangenen Jahr rund 1,7 Milliarden Euro. Mit solchen Zahlen kann Roland Tentunian naturgemäß nicht aufwarten, Details zu Umsatz oder gar Gewinn seines Unternehmens Florascent Duftmanufaktur nennt er nicht. Nur so viel: An seine Händler verkauft er im Jahr rund 30.000 Flakons. In seinen Parfüms sind keine synthetischen Duftstoffe enthalten. Er orientiere sich bislang an der Tradition der traditionellen Parfümeurkunst des 17. Jahrhunderts. „Damals gab es einfach keine synthetischen Stoffe“, so der Parfümeur.
Sein Werdegang führte ihn erst durch ein Chemiestudium, dann kurz in die Industrie, wo er Duftstoffe etwa für Waschmittel entwickelte und sich eine Art Klaviatur der verschiedensten Düfte und Aromen aneignete. In Deutschland gibt es laut dem DVRH keine geregelte Ausbildung zum Parfümeur. Berühmte Hochschulen gibt es hingegen in Frankreich. Bis ins 19. Jahrhundert hinein waren Frankreich und Spanien der Schwerpunkt der Duftindustrie, „weil dort die notwendigen Rohstoffe wuchsen“, so der DVRH.
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Duftstoffe können synthetisch hergestellt werden
Das habe sich längst geändert. Durch die Möglichkeiten etwa der synthetischen Herstellung von Duftstoffen sei der Anteil von Deutschland enorm gewachsen. „Gerade die Erstellung der Kreationen, der kreative Prozess findet zu großen Teilen in Deutschland statt.“ Überhaupt sei Synthetik in der Parfümerie kein Schimpfwort mehr, sagt Duftkritikerin Marlene Waldthaler, die seit 2020 den Youtube-Kanal Leni’s Scents betreibt. „Sondern es gibt viele synthetisch erzeugte Noten, die einen besonders anziehenden Duft-Charakter haben und mittlerweile auch viel Einzug in die Mainstream-Düfte gehalten haben.“
Die Wahrnehmung von Düften in der Öffentlichkeit hat sich ebenfalls verändert, das merkt man auch an der zunehmenden Zahl sogenannter Parfüm-Influencer: Als prominentester Vertreter gilt Jeremy Fragrance, der in seinen Videos über Düfte spricht und sie beschreibt, mehr als zwei Millionen Fans folgen ihm auf seinem Youtube-Kanal. Aber es gibt auch kleinere Kanäle wie den von Waldthaler.
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Kaufverhalten hat sich verändert
Verändert hat sich aus ihrer Sicht die Zielgruppe für High-End-Düfte, die mehr als 150 Euro kosten, erzählt sie. „Das Interesse an besonderen Parfüms ist mittlerweile auch bei der Jugend groß.“ Waldthaler unterscheidet zwischen Mainstream-Marken, für die Parfüm ein Produkt von vielen in einem riesigen Portfolio mit Mode oder Make-up ist, wie etwa Dior, Chanel oder Gucci. Oder dem Nischenmarkt, wo sich Marken auf Parfüm-Herstellung spezialisieren.
Roland Tentunian passt da als Einzelkämpfer in keine Schublade und Parfüm-Influencer kennt er auch nicht. Er setzt weiter auf seine kleine, altmodische Manufaktur, will aber bald was ganz Neues ausprobieren. Gerade experimentiert er mit Duftölen aus Indonesien, die er sich im vergangenen Jahr zugelegt hat. Und er überlegt, ob er nicht eine neue Marke erschafft. Eine Marke, für die er Parfüms mit synthetischen Inhaltsstoffen kreiert.
Quelle
- mit Material von dpa