30. August 2023, 17:55 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten
Derzeit werben viele Frauen auf TikTok für ein vermeintliches Mittel zur Steigerung des Brustwachstums, das auf Bienenpollen basiert. Angeblich enthalten die Pollen pflanzliche Hormone, die für das Wachstum der Brüste verantwortlich sein sollen. Humbug oder ist da etwas dran? STYLEBOOK hat bei einer Gynäkologin und einem Dermatologen nachgefragt!
Mal eben so größere Brüste? So in etwa preist eine TikTokerin derzeit die orale Einnahme von Blütenpollen, auch Bienenpollen genannt, an. Seitdem sie es morgens in ihr Müsli gibt, sehe die Influencerin eine deutliche Veränderung bei ihren Brüsten. Um genauer zu sein: ihre Oberweite soll größer sein. Auch ihrer Followerschaft und Schwester scheint begeistert zu sein. Das nahmen wir als Grund, uns der Sache einmal genauer anzunehmen.
Übersicht
Was sind Blütenpollen?
Blütenpollen sind winzige, pulverförmige Körnchen, die von den männlichen Blütenorganen (Staubblättern) von Blütenpflanzen produziert werden. Sie spielen eine wichtige Rolle bei der Fortpflanzung von Pflanzen, da sie die männlichen Samenzellen enthalten, die für die Befruchtung der weiblichen Eizellen in den Blütenorganen verantwortlich sind.
Pflanzen produzieren Blütenpollen als Teil ihres Fortpflanzungsprozesses. Die Pollen werden durch Wind, Wasser, Insekten oder andere Tiere von einer Blüte zur anderen übertragen, um die Bestäubung zu ermöglichen.
Gesundheitliche Vorteile von Blütenpollen
Tatsächlich werden Blütenpollen oft als Superfood bezeichnet, da sie eine breite Palette von Nährstoffen enthalten, die potenziell vorteilhaft für die Gesundheit des Menschen sein können. „Blütenpollen sind reich an Mineralstoffen, wie Eisen, Magnesium und Zink oder Vitaminen wie C und B. Sie können bei Haarausfall helfen oder die Haut etwas boostern. Die Frage dabei ist: Wendet man es lokal an, ist es an Trägermoleküle eingearbeitet – sodass es überhaupt ankommt, wo es ankommen soll – oder nehme ich es als Nahrungsergänzungsmittel? Da stellt sich mir auch immer die Anschlussfrage, wie viel davon letztendlich in die Haut kommt“, so der Dermatologe Dr. Timm Golüke zu STYLEBOOK.
Interessanterweise gibt es auch Hinweise darauf, dass Blütenpollen das Immunsystem unterstützen können, indem sie die Produktion von Immunzellen stimulieren. Ein möglicher Ansatz besteht darin, dass die regelmäßige Einnahme kleiner Mengen lokaler Blütenpollen eine gewisse Desensibilisierung gegenüber Pollenallergien bewirken könnte, jedoch ist dies umstritten und erfordert eventuell ärztliche Beratung.
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Nachteile von Blütenpollen
Und damit kommen wir auch schon zu den Nachteilen. Es ist wichtig zu beachten, dass einige Personen allergisch auf Blütenpollen reagieren können. Dies kann zu unangenehmen Symptomen wie Hautausschlag, Juckreiz, Atembeschwerden oder Schwellungen führen. Wenn Sie bisher keine Blütenpollen konsumiert haben, ist es ratsam, mit kleinen Mengen zu beginnen und mögliche allergische Reaktionen sorgfältig zu beobachten. Sollten sie Blütenpollen topisch nehmen, also über die Haut mittels Cremes oder Seren, rät Dr. Göluke vorab einen kleinen Patch-Test zu machen.
Vorsicht vor Pyrrolizidinalkaloide
Der Verbraucherschutz warnt davor, dass pflanzliche Nahrungsergänzungen wie Blütenpollen und weitere Bienenprodukte krebserregende Pyrrolizidinalkaloide enthalten können. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat festgestellt, dass Pyrrolizidinalkaloide (PA) beim Menschen das Erbgut schädigen und das Potenzial haben, Krebs auszulösen.
Die Abbauprodukte dieser Stoffe können zudem schädlich für die Leber sein. Selbst in geringen Mengen stellen PA daher ein Gesundheitsrisiko dar. Sowohl in Lebensmitteln als auch in Nahrungsergänzungsmitteln sind PA unerwünscht, da sie potenziell schädlich sind.
Es ist ratsam, die Informationen der Hersteller sorgfältig zu beachten und Produkte zu bevorzugen, die klare und angemessene Hinweise enthalten. Ein vertrauenswürdiger Hersteller sollte transparente Informationen bereitstellen, um die Verbraucher über potenzielle Risiken zu informieren.
Können Blütenpollen wirklich das Brustwachstum beeinflussen?
Die TikTokerin erklärt sich das Brustwachstum anhand der enthaltenen
Phytoöstrogenen in Bienenpollen. Phytoöstrogene sind natürliche Verbindungen, die in Pflanzen vorkommen und strukturell dem menschlichen Östrogen ähneln. Kann daher wirklich die Vergrößerung der Brust durch den Verzehr von Bienenpollen erreicht werden? Hierzu befragte STYLEBOOK die Gynäkologin, Frau Dr. Gößlinghoff. Und möglich sei es schon: „Grundsätzlich wächst die Brust unter Östrogeneinfluss, in der Schwangerschaft, bei Wassereinlagerungen und bei Gewichtszunahme. Diese pflanzlichen Östrogene können das Brustwachstum anregen. Das funktioniert aber nicht einheitlich bei jeder Frau. Ähnliche Beobachtungen kann man auch bei der Pilleneinnahme machen. Bei einigen Frauen wird unter der Pille, besonders wenn sie hoch dosiert ist, der Busen größer, bei anderen funktioniert es nicht.“
Empfehlen würde die Expertin die Einnahme jedoch trotz allem nicht: „Während es sich bei den Pillenhormonen um standardisierte Hormonmengen handelt, kann man bei den Blütenpollen nicht davon ausgehen. Hier hängt es sehr davon ab, wie viel Sie nehmen und wie hoch die Konzentration an Phytoöstrogenen in den Pollen ist.“
Setzt man die Blütenpollen oder auch die Pille wieder ab, kommt es in vielen Fällen dazu, dass die Brust wieder kleiner wird. „Aufgrund der Tatsache, dass es keine wissenschaftlichen Belege für die Wirkung von Blütenpollen auf das Brustwachstum gibt und dem nicht unerheblichen Allergierisiko würde ich eher davon abraten“, so Gößlinghoff weiter.
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Unterschied Propolis und Blütenpollen
Da es manchmal in den TikToks gleichwertig verwendet wird: Propolis und Blütenpollen sind zwei unterschiedliche Produkte! Beide werden von Bienen hergestellt und spielen in der Bienenstockumgebung eine wichtige Rolle.
Herkunft und Zweck
- Propolis ist eine harzartige Substanz, die von Bienen aus Pflanzenknospen, Harzen und anderen Pflanzenmaterialien gesammelt wird. Die Bienen verwenden Propolis, um den Bienenstock zu versiegeln, Risse zu füllen, Eingänge zu verkleinern und den Stock vor Bakterien, Viren und anderen Eindringlingen zu schützen. Propolis hat auch antimikrobielle Eigenschaften und hilft, die Hygiene im Bienenstock aufrechtzuerhalten.
- Blütenpollen sind die männlichen Fortpflanzungszellen von Blütenpflanzen. Bienen sammeln Blütenpollen, indem sie sie von den Staubblättern von Blüten aufnehmen. Diese Pollen werden in den Bienenstock gebracht und dienen als Nahrungsquelle für die Bienenlarven sowie für die erwachsenen Bienen. Blütenpollen sind reich an Proteinen, Vitaminen und Mineralstoffen.
Zusammensetzung
- Propolis enthält eine Mischung aus Harzen, Wachsen, ätherischen Ölen, Pollen und anderen pflanzlichen Substanzen. Die genaue Zusammensetzung kann je nach den Pflanzenarten variieren, aus denen die Bienen das Propolis sammeln. Wichtig hierbei: Rund 4,2 % Menschen reagieren allergisch auf Propolis. Personen, bei denen eine starke Allergieneigung bekannt ist, sollten den Konsum von Propolis mit besonderer Vorsicht angehen. Insbesondere für diejenigen, die starke allergische Reaktionen auf Bienen- oder Wespenstiche zeigen, ist es ratsam, auf Nahrungsergänzungsmittel mit Propolis zu verzichten. Ein Warnhinweis dieser Art sollte auf den Produktverpackungen vorhanden sein. Das Fehlen eines solchen Hinweises deutet darauf hin, dass der Hersteller möglicherweise nicht vertrauenswürdig ist.
- Blütenpollen sind Körnchen, die reich an Proteinen, Vitaminen, Mineralstoffen, Aminosäuren und Enzymen sind. Sie dienen als wichtige Nahrungsquelle für die Bienen.
Verwendung in der menschlichen Ernährung:
- Propolis wird auch vom Menschen genutzt, hauptsächlich in Form von Nahrungsergänzungsmitteln oder Naturheilmitteln. Es wird wegen seiner potenziellen antimikrobiellen, antioxidativen und entzündungshemmenden Eigenschaften geschätzt. Laut Verbraucherschutz hat die Europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde (EFSA) eine Vielzahl von Werbeaussagen, die von Herstellern bezüglich Propolis eingereicht wurden, überprüft. Die EFSA kam zu dem Schluss, dass es keinen nachweisbaren kausalen Zusammenhang zwischen diesen Aussagen und dem Verzehr von Propolis gibt. Daher sind Aussagen, die den Konsum von Nahrungsergänzungsmitteln mit der Unterstützung von Gesundheitsbereichen wie Atemwegen, Darm, Leber, Immunabwehr, Blutzirkulation, Mundgesundheit sowie antibakterieller und antimykotischer Wirkung in Verbindung bringen, laut § 11 des Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuches (LFGB) irreführend und somit unzulässig.
- Blütenpollen werden ebenfalls von Menschen konsumiert, normalerweise als Nahrungsergänzungsmittel. Sie werden aufgrund ihres Nährstoffgehalts als Quelle für Proteine, Vitamine und Mineralstoffe geschätzt.
Quellen
- mit fachlicher Beratung von Dr. Timm Golüke, Dermatologe aus München
- mit fachlicher Beratung von Dr. med. Heidi Gößlinghoff, Gynäkologin und Reproduktionsmedizinerin
- Propolis für ein stärkeres Immunsystem?, Verbraucherschutz
- Pyrrolizidinalkaloide – natürlicher Fraßschutz gefährdet die Gesundheit, Verbraucherschutz
- Blütenpollen, bio-apo
- TikTok von Taylor Reynolds