3. Februar 2023, 16:01 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Forschenden ist es gelungen, mit einem Impfstoff gegen ein krebserregendes Protein in Phase-I-Versuchen eine Immunreaktion bei Patienten hervorzurufen. Was das für nicht-erblichen Brustkrebs bedeuten kann, haben wir bei STYLEBOOK zusammengefasst.
Wissenschaftler der University of Washington School of Medicine (UWSM) berichten, dass ein Brustkrebs-Impfstoff wirksam war. Es soll eine starke Immunreaktion gegen ein aggressives Tumorprotein hervorrufen. Die Ergebnisse der Phase-I-Studien am Menschen wurde kürzlich in der Fachzeitschrift JAMA Oncology vorgestellt. Fast 20 Jahre dauerte die Forschung. Dafür rekrutierten sie 66 Patientinnen, die an metastasierendem Krebs erkrankt waren. Sie teilten sie in drei Gruppen ein und injizierten ihnen dreimal jeweils 10 Mikrogramm, 100 Mikrogramm und 500 Mikrogramm des Impfstoffs. Die Patientinnen wurden „drei bis 13 Jahre lang beobachtet (die mittlere Nachbeobachtungszeit betrug fast 10 Jahre)“.
Das hat das HER2-Protein mit Brustkrebs zu tun
Das National Cancer Institute der Vereinigten Staaten (NCI) stellte bereits in der Vergangenheit fest, dass das sogenannte HER2-Protein zur Ausbreitung von Brustkrebs beiträgt. Daraufhin versuchten die Wissenschaftler jahrzehntelang, die genetische Expression des Proteins zu begrenzen, um die Krankheit einzudämmen.
„In den frühen 1980er-Jahren, nach der Entdeckung, dass ein mutiertes Gen namens HER2 ein übermäßiges Zellwachstum und eine übermäßige Zellteilung anregen kann, fragten sich viele Wissenschaftler, ob bestimmte Gene das Wachstum und die Ausbreitung von Krebserkrankungen beschleunigen könnten“, so das Institut auf seiner Website. Daraufhin begannen Forschende auf der ganzen Welt, nach Genen zu suchen, die das Krebswachstum anregen.
Im Laufe der Jahre sind deswegen Krebsmedikamente entwickelt worden, die das Wachstum von HER2-positivem Brustkrebs verlangsamen. Doch „trotz dieser Erfolge profitieren viele Frauen mit Brustkrebs nicht von den aktuellen, auf HER2 ausgerichteten Behandlungen, oder sie werden nach der ersten Behandlung resistent gegen die Wirkung dieser Medikamente“, so das NCI.
Auch interessant: Welche Faktoren erhöhen das Brustkrebsrisiko?
So soll die Brustkrebs-Impfung funktionieren
Wichtig zu erwähnen, ist, dass die Impfung nur gegen nicht-erblichen Brustkrebs wirkt. Ein großer Risikofaktor bleibt die Veranlagung, denn ob man an Brustkrebs erkrankt, hängt auch von den Genen ab. Zwei Gene spielen dabei eine besondere Rolle: BRCA1 und BRCA2. Nach Angaben der Deutschen Krebsgesellschaft erkranken Frauen mit diesen Hochrisikogenen mit einer Wahrscheinlichkeit von bis zu 80 Prozent im Laufe ihres Lebens an Brustkrebs. Bei ihnen tritt der Krebs auch etwa 20 Jahre früher auf als bei Frauen ohne Risiko.
HER2-positiver Brustkrebs hingegen ist nicht erblich, aber er ist eine schwer zu behandelnde Krankheit, da ein hohes Rückfallrisiko besteht. Die Forscher der UWSM entdeckten, dass diese Art von Krebs bei Patientinnen, deren Immunsystem eine Reaktion ausgelöst hatte, nicht wieder auftrat. In einer Pressemitteilung heißt es: „Bei Patientinnen mit HER2-positivem Brustkrebs, die eine Art von Immunreaktion, die sogenannte zytotoxische (zu Deutsch zelltötende) Immunität, auslösen, ist die Wahrscheinlichkeit, dass ihr Krebs nach der Behandlung erneut auftritt, geringer. Und sie haben eine längere Gesamtüberlebenszeit als diejenigen, die keine solche Immunreaktion auslösen.“
Dr. Nora Disis und ihr Team haben deswegen einen DNA-Impfstoff entwickelt. „Im Gegensatz zu Proteinimpfstoffen, die in der Regel ein Protein oder einen Teil eines Proteins enthalten, gegen das das Immunsystem vorgehen soll, enthalten DNA-Impfstoffe die DNA-Anweisungen für das Zielprotein“. Sie erwarteten eine starke zytotoxische Immunreaktion auf die im Impfstoff enthaltene HER2-DNA.
Auch interessant: Was sind Brustkrebs-Gene? Arzt klärt auf
Der Brustkrebs-Impfstoff hat eine hohe Erfolgsquote
„Die Ergebnisse zeigten, dass der Impfstoff sehr sicher war. Die häufigsten Nebenwirkungen, die wir bei etwa 50 % der Patienten feststellten, ähnelten denen, die man bei COVID-Impfstoffen beobachtet. Rötungen und Schwellungen an der Injektionsstelle und vielleicht etwas Fieber, Schüttelfrost und grippeähnliche Symptome“, so Disis weiter.
Den Wissenschaftlern zufolge verbesserte der Impfstoff die Lebenserwartung der Studienteilnehmerinnen signifikant, „von denen etwa die Hälfte innerhalb von fünf Jahren nach der Behandlung voraussichtlich sterben würde. Wir haben diese Frauen nun zehn Jahre lang beobachtet, und 80 % von ihnen sind noch am Leben.“
Vorsorge Künstliche Intelligenz entdeckt Brustkrebs – vier Jahre, bevor er ausbrach
Erfolgreicher Labortest an Mäusen mRNA-Wirkstoff soll Eierstockkrebs-Tumore bekämpfen können
Nachsorge So geht es nach der Brustkrebs-Therapie weiter
Darum ist die Forschung rund um Brustkrebs so wichtig
Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) kann Brustkrebs zwar wirksam behandelt werden, vor allem wenn früh diagnostiziert. Es handelt sich jedoch um eine weit verbreitete Krankheit. „Ende 2020 lebten 7,8 Millionen Frauen, bei denen in den letzten fünf Jahren Brustkrebs diagnostiziert wurde, was ihn zur weltweit häufigsten Krebsart macht.“
Demzufolge ist Brustkrebs die häufigste Krebserkrankung bei Frauen, mit Ausnahme von Hautkrebs. Es wird geschätzt, dass im Jahr 2022 etwa 30 % aller neuen Krebsdiagnosen bei Frauen auf Brustkrebs waren.
Quellen