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Buscopan Plus teurer in Pink

„Unverschämtheit! Warum ich keine Tabletten in pinker Verpackung brauche“

Frau, die die Hände vor den Bauch hält wie bei Bauchkrämpfen, gegen das Buscopan Plus Pink helfen soll und ein Portrait von Carmen Dörfler darüber, die sich wirklich sehr über dieses Vorgehen und den Marketingquatsch von Sanofi ärgert
Warum die neuen Buscopan-Plus-Tabletten in pinker Verpackung nicht nur unnötig, sondern unverschämt sind Foto: Collage: STYLEBOOK, Foto: Getty Images
Carmen Dörfler
Redakteurin STYLEBOOK

15. Juli 2024, 18:12 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten

Das Pharmaunternehmen Sanofi bringt „Buscopan Plus Pink“ auf den Markt. Die krampflösenden Tabletten in neuer, pinker Verpackung richten sich speziell an diejenigen, die unter Regelschmerzen leiden. Dafür zahlt man jedoch deutlich mehr für dieselbe Zusammensetzung und kleinere Packungsgrößen. STYLEBOOK-Autorin Carmen Dörfler hat Ihnen nicht nur die Fakten zusammengefasst, sondern auch beim Unternehmen nachgefragt, was sie sich dabei gedacht haben.

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Für Menschen, die unter Bauchkrämpfen leiden, können sie die Rettung sein: Buscopan-Plus-Tabletten. Die Filmtabletten in der grün-weißen Verpackung sollen krampflösend und schmerzstillend wirken. Und das bei jeder Art von Krämpfen im Bauch, also auch bei Regelschmerzen. Genau dafür hat der Buscopan-Hersteller Sanofi jetzt aber neue Buscopan Plus herausgebracht – in pinker Verpackung.

Stereotype Verpackung, teurerer Preis für gleiche Inhaltsstoffe

Allein, dass Sanofi es scheinbar für nötig hält, Produkte, mit denen sie Frauen als Zielgruppe ansprechen möchten, in knalligem Pink zu brandmarken, wäre schon Grund für Aufregung genug. Auch, dass die Buscopan-Tabletten in Pink bei den meisten Online-Apotheken nur als 10er-Packung, die „alten“ Buscopan in grün-weißer Verpackung aber in einer 20er-Packung daherkommen, lässt einen mit dem Kopf schütteln. Doch das wahre Problem ist ein anderes. Denn die „neuen“ Buscopan Plus in Pink sind deutlich teurer als die klassischen Buscopan-Plus-Tabletten, die in der herkömmlich grün-weißen Verpackung verkauft werden.

Um das zu zeigen, reicht ein Vergleich verschiedener Online-Apotheken. Der zeigt, dass Buscopan Plus in der grün-weißen Verpackung im Schnitt rund 46 Cent pro Tablette kosten. Für Buscopan Plus in der pinken Verpackung zahlen Verbraucherinnen durchschnittlich jedoch etwa 64 Cent pro Tablette. Ein Unterschied von 18 Cent – wohlweislich für eine einzige Tablette!

Nun stellt man sich natürlich die Frage, ob die Zusammensetzung der neuen, pink-verpackten Buscopan-Tablette vielleicht anders sei und damit den Preisunterschied rechtfertige. Aber dem ist nicht so. Die Inhaltsstoffe sind exakt gleich. Auf der Website von Produkthersteller Sanofi werden die Bilder der beiden Packungen auch als Synonym verwendet.

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Buscopan Plus Pink hat sogar einen eigenen Instagram-Account

Sie sind sprachlos? Verständlich. Es ist nicht nur unverschämt, Frauen – insbesondere wie in diesem Fall Frauen, die Schmerzen haben und leiden – das Geld aus der Tasche zu ziehen, es ist auch fraglich, was sich die Marketingabteilung hier gedacht hat. Denn der Kritikstorm in den Sozialen Medien ließ natürlich nicht lange auf sich warten. Und die Userinnen sind wütend.

Für die neue pinke Version von Buscopan Plus wurde extra ein neuer Instagram-Account eingerichtet. Der Content lässt vermuten, dass man sich hier eher an eine jüngere Zielgruppe richten möchte. Mit lässigen Videos und flotten Sprüchen, die einer Jugendsprache entlehnt sind, soll hier das Tabu rund um das Thema Periode angegangen werden.

Auch Userinnen auf Social Media sind wütend

Ein wirklich löblicher und wichtiger Schritt. Denn Aufklärung und eine Entstigmatisierung der Menstruation sind dringend nötig und schlichtweg lang überfällig. Doch die Umsetzung hätte schlechter kaum sein können. Kommentatorinnen auf Instagram fühlen sich hinters Licht geführt: „Hört auf, uns zu verarschen! Es ist das gleiche Produkt mit den genau gleichen Inhaltsstoffen und in der Packung ist weniger drin!“, schreibt eine.

Eine andere Userin sagt: „Das ist wirklich eine Frechheit. Es gibt das Original Plus, dieselben Inhaltsstoffe, doppelt so viel drin und günstiger. Verkauft uns doch bitte nicht für blöd.“ (Anm. d. Red.: Rechtschreibfehler in Kommentaren wurden korrigiert.) Viele weitere Kommentare unter jedem der bisher 17 Beiträge klingen ähnlich. Überall ist auch die Bezeichnung „Pink Tax“ zu lesen.

Vorwurf des „Pink Tax“ für Buscopan Plus Pink

Der Begriff „Pink Tax“ bezieht sich dabei auf die Preisdifferenz, die Frauen oft für Produkte und Dienstleistungen zahlen müssen, die speziell für sie vermarktet werden. In diesem Fall zeigt sich das an der pinken Verpackung und der Konzentration auf Regelschmerzen in der Werbung. Diese Produkte – von Rasierern über Shampoo bis hin zu Kleidung – sind oft teurer als identische oder ähnliche Produkte für Männer, obwohl es keinen tatsächlichen Unterschied in der Qualität oder Funktion gibt.

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Auch Misogynie wird dem Unternehmen vorgeworfen. Der Auslöser hierfür ist ein Instagram-Reel, das als „Elterntipp an alle Mütter, deren Teenager ihre Periode haben“ betitelt wurde. Das Video zeigt eine Frau, die die Tür zum vermeintlichen Zimmer des menstruierenden Teenagers öffnet, worauf ihr ein wütend anmutendes Löwenbrüllen entgegenkommt, das ihr die Haare zu Berge stehen lässt. Anschließend wirft sie eine Packung Buscopan Plus Pink in den Raum, woraufhin dann nur noch beruhigendes Vogelgezwitscher zu hören ist.

Bereits der Titel fordert die Stereotype, dass Frauen sich mit Teenagern während ihrer Periode zu beschäftigen haben. Das Video dazu fordert dann genau die Stereotype und Aussagen, wie „Du bist so zickig, hast du deine Tage?“, die die Verantwortlichen des Instagram-Accounts von Buscopan Plus Pink, wie sie es in einem anderen Video angeben, angeblich bekämpfen wollen.

Das sagt der Hersteller zur Kritik an Buscopan Plus Pink

Was sich Sanofi bei diesem Marketingcoup gedacht hat, ist eine der Frage, die ich der Presseabteilung des Herstellers gestellt habe. Beantwortet wurden die Fragen jedoch sehr selektiv und nur zur Hälfte. So erklärt die Country Communication Lead bei Sanofi, dass Betroffenen häufig nur zu reinen Schmerzmitteln greifen würden und sie „mit der neuen Verpackung genau hier visuell aufmerksamkeitsstark ansetzen“ wollten. „Die Farbe Pink wurde gewählt, da sie in vielen Ländern für Produkte im Bereich Frauengesundheit und Menstruation genutzt wird. Mit dieser Kampagne möchten wir alle menstruierenden Personen erreichen, die Regelbeschwerden haben und nach einer Behandlungsmöglichkeit suchen.“

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Kommentatorinnen, die ihren Unmut jedoch unter den Instagram-Posts kundtun, bekommen laut Kommentar von @buscopanpluspink eine Direktnachricht. Auch was in dieser ominösen Direktnachricht steht und warum sich das Unternehmen für einen geheimnisvollen Umgang mit diesem Problem entschieden hat, wollte ich wissen. Ihre Antwort darauf: „Wir haben uns für eine individuelle Kommunikation entschieden, da teilweise unterschiedliche Aspekte im Vordergrund der Kommentare standen.“ Ich erkenne von unterschiedlichen Aspekten in den Kommentaren jedoch nichts.

Sanofi will auf Kritik an Buscopan-Preisen reagieren

Weiter verspricht die Communication Lead: „Parallel haben wir an einer wirklichen und relevanten Lösung gearbeitet. Da in unserer Branche regulatorische Prozesse etwas länger brauchen, konnten wir nicht spontan direkt kommunizieren. Wir können seit heute aber sagen, dass wir die vielen Rückmeldungen wahr und ernst genommen haben und eine Preissenkung ab dem 1. August für die Buscopan Plus 10 Stück versprechen können.“ Das sei auch der Inhalt der DMs gewesen: „In der DM haben wir geantwortet, dass wir an einer Lösung arbeiten.“

Die Aussagen zu Packungsgröße und Preisbildung sind für mich lediglich Ausreden

Auch auf die Frage, warum die neuen Tabletten der Buscopan Plus Pink im 10er-Pack, die anderen jedoch im 20er-Pack erhältlich sind, gab es eine Antwort. Aus Konsumentenbefragungen wisse man, dass menstruierende Menschen zur Behandlung der Regelschmerzen auch oft andere Schmerzmittel nutzen. „Wir hoffen, dass die kleinere Packungsgröße genutzt wird, um die Wirkstoffkombination auszuprobieren. Es ist aber leider so, dass Wirkstoffe nicht bei allen gleich wirken. Insbesondere, wenn es um Schmerzen geht. Sollte sich herausstellen, dass die erwartete Wirkung nicht eingetreten ist, hätten die Betroffenen weniger Geld ausgegeben, als wenn direkt eine 20er gekauft worden wäre.“

Auch zur Preispolitik gab die Unternehmenssprecherin Auskunft. „Wir haben die neue Version zunächst nur als 10er-Packung geplant. Diese kostet bisher € 8,19 AVP (Apothekenverkaufspreis, Anm. d. Red.). Damit lag sie, wie Sie es bei verschiedenen Verpackungsgrößen kennen, im direkten Vergleich zur bekannten grünen 20er-Packung etwas höher (12 Cent pro Tablette teurer). Begründet ist dies in den nahezu gleichen Produktionskosten für die Umverpackung.“ Im realen Verkauf sind die Tabletten jedoch schlichtweg teurer. Und auch nach langem Nachdenken sowie dem Austausch mit Kolleginnen sind die „nahezu gleichen Produktionskosten für die Umverpackung“ für mich keine gute Begründung für die höheren Kosten pro Tablette.

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Shitstorm für Sanofi ist hier absolut verdient

Vermutlich ist es ein Versuch, de-eskalierend zu agieren und einem Shitstorm zu entgehen. Doch dafür ist es wohl zu spät. Und dieser trifft Sanofi, meiner Meinung nach, auch ganz zu Recht. Teurere Preise für dieselbe Zusammensetzung, weniger Packungsinhalt, der Versuch, sich herauszureden, dazu frauenverachtender Content im Social-Media-Auftritt – in keiner Marketingagentur und allgemein gar keinem Unternehmen sollte es 2024 noch in Ordnung sein, Frauen so darzustellen und für dumm zu verkaufen, wie es hier passiert. Dass nun zum 1. August 2024 reagiert und die Preise für die Buscopan Plus 10er-Packung herabgesetzt werden sollen, kann ein Versuch sein, den Fehler wieder gutzumachen. Letztlich bleibt es jedoch ein absolut unverschämter Versuch, mit dem Leid von Frauen noch mehr Geld zu machen.

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