26. November 2024, 6:14 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten
Laut der Deutschen Alzheimer Gesellschaft sind in Deutschland etwa 1,6 Millionen Menschen an Demenz erkrankt, wobei Frauen mit rund zwei Drittel der Alzheimer-Erkrankten den Großteil ausmachen. STYLEBOOK hat mit einem Experten über die verschiedenen Aspekte der Demenz gesprochen, insbesondere darüber, warum Frauen stärker betroffen sind und welche Maßnahmen zur Prävention und Früherkennung ergriffen werden können.
„Demenz ist eine chronische Erkrankung, die durch den fortschreitenden Verlust kognitiver Funktionen gekennzeichnet ist“, weiß Prof. Dr. Hartmut Göbel, Chefarzt in der Schmerzklinik Kiel. „Dies umfasst das Gedächtnis, das Denken, die Sprache und die Fähigkeit zur Problemlösung. Demenz kann in unterschiedlichen Formen auftreten, die wohl bekannteste Form ist die Alzheimer-Krankheit. Demenz beeinträchtigt nicht nur das individuelle Leben extrem, sondern auch das Leben der Angehörigen, die nicht selten die Pflege der Betroffenen übernehmen müssen. Die Prävalenz von Demenz nimmt mit dem Alter zu, wobei Frauen in der Regel häufiger betroffen sind als Männer. Die Forschung zu Demenz gewinnt zunehmend an Bedeutung, da die Anzahl der Betroffenen stetig steigt und die Bevölkerung immer älter wird.“
Übersicht
- Symptome von Demenz
- Arten von Demenz
- Beeinflussbare Risikofaktoren für das Entstehen von Demenz
- Nicht-Beeinflussbare Risikofaktoren für das Entstehen von Demenz
- Warum sind überwiegend Frauen betroffen?
- Verursacht Demenz bei Frauen stärkere Beschwerden?
- Warum wird Demenz gerade bei Frauen oft erst später erkannt?
- Betrifft Demenz nur Ältere?
- Bei welchen Symptomen sollte ich sofort zum Arzt gehen?
- Behandlung von Demenz
- So weit ist die Demenz-Forschung
Symptome von Demenz
Die Symptome einer Demenz können variieren, beginnen jedoch oft schleichend und werden mit der Zeit deutlicher. Von Demenz ist besonders das Kurzzeitgedächtnis betroffen. Als Gedächtnisverlust wahrgenommen treten Schwierigkeiten auf, neue Informationen zu speichern oder sich an kürzlich Erlebtes zu erinnern. Auch das Finden von Worten oder das Teilnehmen und Verstehen von Gesprächen kann zunehmend herausfordernd werden. Zunehmende Probleme bei der Orientierung sorgen dafür, dass sich Betroffene selbst in vertrauten Umgebungen verloren fühlen. Stimmungs- und Verhaltensveränderungen wie Antriebslosigkeit oder plötzliche Stimmungsschwankungen können ebenso wie Wahrnehmungsstörungen ein Alarmzeichen sein. Wenn Sie bei sich oder Ihren Angehörigen solche Symptome bemerken, ist es wichtig, frühzeitig einen Arzt aufzusuchen.
Arten von Demenz
Alzheimer-Krankheit
Dies ist die häufigste und wohl bekannteste Form der Demenz. Sie macht etwa 60–70 Prozent aller Fälle aus und beginnt oft mit Gedächtnisverlust, begleitet von Sprach- und Orientierungsproblemen. Besonders Frauen sind betroffen, was teilweise auf die höhere Lebenserwartung zurückzuführen ist.
Vaskuläre Demenz
Diese Form tritt oft nach einem Schlaganfall auf, wenn die Blutzufuhr zum Gehirn gestört ist. Symptome können ähnlich wie bei Alzheimer sein, treten jedoch häufig ganz plötzlich und nicht schleichend auf.
Frontotemporale Demenz
Diese betrifft vor allem die frontalen und temporalen Lappen des Gehirns und führt zu Veränderungen im Verhalten und in der Persönlichkeit, oft im jüngeren Alter.
Lewy-Körper-Demenz
Diese seltenere Form wird durch das Vorhandensein von Lewy-Körpern im Gehirn gekennzeichnet. Symptome sind Gedächtnisverlust, aber auch visuelle Halluzinationen und starke Schwankungen in der Wachsamkeit.
Beeinflussbare Risikofaktoren für das Entstehen von Demenz
Lebensstil
Ungesunde Gewohnheiten wie Rauchen, übermäßiger Alkoholkonsum und eine unausgewogene Ernährung, können das Risiko für eine Erkrankung erhöhen. Ein hoher Konsum von gesättigten Fetten, rotem Fleisch und Zucker ist ebenfalls mit einem erhöhten Risiko für kognitive Beeinträchtigungen verbunden.
Bewegungsmangel
Regelmäßige körperliche Aktivität verbessert nicht nur die allgemeine Gesundheit, sondern schützt auch das Gehirn.
Geistige Aktivität
Ein Mangel an geistiger (kognitiver) Stimulation, wie das Lesen, das Lösen von Rätseln, das Erlernen neuer Fähigkeiten oder einfach das Spielen eines Gesellschaftsspiels, kann das Risiko erhöhen. Geistige Aktivität ist essenziell und kann bedeutend dazu beitragen, die Gehirnfunktion zu erhalten.
Schlafstörungen
Chronische Schlafstörungen, wie Insomnie, Parasomnien oder Schlafapnoe, sind mit einem erhöhten Risiko für kognitive Beeinträchtigungen und Demenz verbunden.
Soziale Isolation
Wenig soziale Kontakte, Austausch und emotionale Unterstützung können das Risiko für Demenz erhöhen, da soziale Interaktionen ein Schutzfaktor für die geistige Gesundheit sind.
Psychische Gesundheit
Depressionen und andere psychische Erkrankungen können die kognitive Funktion beeinträchtigen und sollten dringend ärztlich behandelt werden.
Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Erkrankungen wie Bluthochdruck, Diabetes, hohe Cholesterinwerte und Schlaganfälle können das Risiko für Demenz erhöhen, da sie die Blutversorgung des Gehirns beeinträchtigen können.
Nicht-Beeinflussbare Risikofaktoren für das Entstehen von Demenz
Alter: der größte Risikofaktor
Das Risiko für Demenz steigt signifikant mit dem Alter, insbesondere ab dem 65. Lebensjahr.
Genetik
Eine familiäre Vorgeschichte von Demenz kann das Risiko erhöhen, da bestimmte genetische Faktoren, wie das Vorhandensein des ApoE ε4-Allels (eine genetische Variante des Apolipoproteins E), mit einem höheren Risiko für Alzheimer verbunden sind.
Warum sind überwiegend Frauen betroffen?
Frauen sind überproportional von Demenz betroffen. Ein Grund dafür ist die weltweit höhere Lebenserwartung von Frauen. Sie leben im Durchschnitt vier bis acht Jahre länger als Männer. Ferner scheinen hormonelle Unterschiede, primär durch den Rückgang von Östrogen während der Menopause, eine Rolle zu spielen. Zudem zeigen Studien, dass Frauen im Alter von 85 Jahren und älter fast doppelt so häufig an Alzheimer erkranken wie Männer in der gleichen Altersgruppe.
Verursacht Demenz bei Frauen stärkere Beschwerden?
Studien legen nahe, dass Frauen tendenziell eine höhere Anfälligkeit für neurodegenerative Erkrankungen haben und daher von stärkeren Symptomen und einer schnelleren Verschlechterung der kognitiven Funktionen betroffen sein können. Zudem können psychosoziale Faktoren wie Stress und emotionale Belastungen, die Frauen oft stärker betreffen, die Krankheitssymptome verstärken.
Warum wird Demenz gerade bei Frauen oft erst später erkannt?
„Demenz wird häufig erst in einem fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert, was sowohl auf die Symptomatik als auch auf gesellschaftliche Faktoren zurückzuführen ist. Frauen neigen dazu, ihre Symptome länger zu verbergen, möglicherweise aus Angst vor Stigmatisierung oder weil sie die Symptome als normaler Bestandteil des Alters betrachten. Zudem wird Demenz oft mit anderen altersbedingten Veränderungen verwechselt, was zu einer verzögerten Diagnose führt“, so Prof. Dr. Göbel.
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Betrifft Demenz nur Ältere?
Demenz in jüngeren Jahren, in der Regel zwischen dem 30. und 65. Lebensjahr, wird auch als früh einsetzende Demenz bezeichnet. Sie betrifft schätzungsweise 5–10 Prozent aller Demenzfälle. Die Ursachen können genetisch bedingt sein oder durch bestimmte Erkrankungen, wie das Down-Syndrom, hervorgerufen werden.
Bei welchen Symptomen sollte ich sofort zum Arzt gehen?
Früherkennung ist entscheidend. Sie sollten umgehend einen Arzt aufsuchen, wenn sie oder jemand in Ihrem Umfeld diese Symptome zeigt: plötzlicher Gedächtnisverlust, Schwierigkeiten beim Kommunizieren, Probleme beim Erkennen von bekannten Gesichtern sowie unübliche Verhaltensänderungen.
Durch eine frühzeitige Diagnose von Demenz können geeignete Behandlungs- und Unterstützungsmaßnahmen eingeleitet werden, um den Krankheitsverlauf zu verlangsamen und die Lebensqualität zu verbessern. Außerdem kann eine rechtzeitige Planung für die Zukunft erfolgen, um den Lebensstil und die Bedürfnisse der Betroffenen frühzeitig zu berücksichtigen.
Behandlung von Demenz
Die Behandlung von Demenz umfasst in der Regel eine Kombination aus Medikamenten, die Symptome lindern können, sowie nicht medikamentösen Therapien. Zusätzlich zu medizinischen Behandlungen können Selbsthilfemaßnahmen wie eine gesunde Ernährung, regelmäßige körperliche Aktivität und geistige Herausforderungen sowie gezieltes Gehirntraining helfen, die kognitiven Fähigkeiten zu erhalten.
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So weit ist die Demenz-Forschung
„Die Demenz-Forschung hat in den vergangenen Jahren bedeutende Fortschritte gemacht, bleibt jedoch eine große Herausforderung. Es konnten wichtige biologische Mechanismen identifiziert werden, die zur Entstehung von Demenz, insbesondere Alzheimer, beitragen, wie die Ablagerung von Beta-Amyloid und Tau-Protein sowie entzündliche Prozesse im Gehirn und genetische Faktoren, wie das ApoE ε4-Allel. Fortschritte in der Diagnostik, speziell durch moderne bildgebende Verfahren und die Forschung zu Biomarkern, ermöglichen eine frühzeitige Diagnose von Demenz, was entscheidend für den Behandlungserfolg ist. In der Therapie wird an neuen Medikamenten geforscht, die darauf abzielen, die Symptome zu lindern und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern. Weiterhin gewinnen nicht medikamentöse Therapien, wie kognitive Trainingsprogramme, an Bedeutung“, so Prof. Dr. Göbel.