Direkt zum Inhalt wechseln
logo Das Magazin für Beauty, Fashion und Well-Being
Wattestäbchen für die Vagina

Warum der „Dripstick” komplett unnötig im Schlafzimmer ist 

In etwa so schlimm wie dieses Bild ist der Umgang mit Sperma und die damit behaftete Scham
In etwa so schlimm wie dieses Bild ist der Umgang mit Sperma und die damit behaftete Scham Foto: Getty Images
Rebecca Stringa
Redaktionsleitung bei STYLEBOOK

23. Januar 2023, 17:51 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten

TikTok ist die Quelle von allerlei skurrilen Trends – sei es von Vabbing, zu Bananenschalen gegen Augenringe oder aber auch von vermeintlichen Make-up-Hacks. Jetzt facht ein neues Produkt die Diskussion erneut an. Was hinter dem sogenannten „Dripstick“ steckt und warum unsere Autorin das Produkt für unnötig hält, lesen Sie hier bei STYLEBOOK.

Artikel teilen
Auf fachliche Richtigkeit geprüft von
Dr. med. Heidi Gößlinghoff
Dr. med. Heidi Gößlinghoff, Frauenärztin und Reproduktionsmedizinerin

Vielleicht haben Sie kürzlich ein virales TikTok von einer Firma namens „Awkward Essentials“ gesehen. Ihr Hauptprodukt beschreiben sie dabei wie folgt: Der Dripstick sei ein Gerät, das Sie nach dem Sex in Ihre Vagina einführen, um das überschüssige Sperma aufzusaugen. „Du steckst ihn rein und drehst ihn ein bisschen, oder auch nicht“, erklärt das Hersteller-Video. Dabei sieht der Schwamm aus wie ein zu lang geratener Tampon. Er soll die Reinigung nach dem Sex vereinfachen und das Nachtropfen auf dem Weg zur Toilette verhindern. Und jede Frau, die ohne Kondom verhütet, kennt den Struggle.

Instagram Platzhalter
An dieser Stelle findest du Inhalte aus Instagram
Um mit Inhalten aus Sozialen Netzwerken zu interagieren oder diese darzustellen, brauchen wir deine Zustimmung.

Wie funktioniert der „Dripstick“?

Dieses „Post-Sex-Cleaning-Tool“, so bezeichnet es die Website selbst, besteht aus einem weichen Schwamm, der bequem nach dem Sex in den Vaginalkanal eingeführt werden kann. Der Schwamm ist an einem Kunststoffstiel befestigt, dessen Ende mit einer Lasche versehen ist, um den Halt während der Anwendung zu verbessern. Sobald der Schwamm eingeführt ist, bewegt man ihn vorsichtig in der Vagina, um die überschüssige Flüssigkeit aufzufangen. Danach wird er vorsichtig entfernt und weggeworfen.

Ein wichtiger Hinweis zum Dripstick ist jedoch, dass er NICHT als Verhütungsmittel verwendet werden soll und keinen Schutz vor Geschlechtskrankheiten bietet. Außerdem, und das versteht sich wohl von selbst, ist er nicht als Tampon zu verwenden. Und schließlich ist der Dripstick nicht für die Anwendung nach dem Analsex gedacht, sondern nur für die vaginale Anwendung.

Der Dripstick sorgt neben Verwunderung auch für hohe Aufrufzahlen auf TikTok

Die Videos zum Dripstick haben fast 8,5 Millionen Likes (Stand 23.01.23) und eine Menge Emotionen auf TikTok ausgelöst. Es gibt vor, ein sehr konkretes Problem zu lösen: Es will das Sperma nach dem Sex in der Vagina aufsaugen. Der Kommentar einer Userin lautet: „Endlich konnte ich den neuen Zauberstab ausprobieren!!! Der totale Game-Changer!!! Ich bin wieder einmal verliebt!!! Danke, dass du so „awkward“ bist!!!“

Auch interessant: Die Vor- und Nachteile von Vabbing als Parfüm-Ersatz

Instagram Platzhalter
An dieser Stelle findest du Inhalte aus Instagram
Um mit Inhalten aus Sozialen Netzwerken zu interagieren oder diese darzustellen, brauchen wir deine Zustimmung.

Aus welchem Material besteht der „Dripstick“?

Da der Dripstick für das Einführen in den Vaginalkanal entwickelt wurde, werden laut Homepage nur die Materialien von medizinischer Qualität verwendet. Dabei wird er aus zwei Materialien hergestellt:

  • Polyurethan: ein Polymer, das in vielen Formen hergestellt werden kann. Seine Flexibilität macht es ideal für Kondome und Verhütungsschwämme.
  • Polypropylen: Einer der am häufigsten verwendeten Kunststoffe auf dem Markt. Dieses Material findet sich in Verpackungen, Behältern, Textilien und als Griff des Dripsticks.

Zusammenfassend also nicht wirklich nachhaltig.

Gynäkologin äußert sich zum viralen Vagina-Produkt

Wir haben direkt mal bei einer Gynäkologin nachgefragt, was denn ihre Meinung zum viralen Dripstick sei. Frau Dr. med. Heidi Gößlinghoff stand uns dabei mit Rat zu Seite:

STYLEBOOK: Was halten Sie von solchen Produkten?

Frau Dr. med. Heidi Gößlinghoff: Gerade Frauen, die einen sehr starken Ausfluss haben, werden dieses Produkt begrüßen. Denn oft ist, durch die sexuelle Erregung und den Samenerguss, der Ausfluss nach dem Sex noch stärker. Das ist für viele Frauen sehr unangenehm. Hier kann der Dripstick helfen.

Würden Sie so ein Produkt bedenkenlos empfehlen?

Das kommt tatsächlich auf die Häufigkeit des Gebrauchs an. Wenn es ab und zu angewendet wird, ist es sicher bedenkenlos. Ein häufigerer Gebrauch kann die Ausfluss-Produktion anregen, da der Dripstick auch Scheidenflüssigkeit mit aufsaugt. Auch Veränderungen des Scheidenmilieus können die Folge von häufiger Anwendung sein. Hier können dann vaginale Infektionen auftreten.

Was würden Sie als Alternative empfehlen?

Auch mit einer Slipeinlage kann die „Flut“ eingedämmt werden. Nach dem Sex lassen sich diese in kürzeren Abständen wechseln, wenn sie sehr feucht geworden sind.

Welche Nebenwirkungen könnten entstehen?

Scheidentrockenheit nach der Entfernung ist sicher bei dafür empfindlichen Frauen ein Problem. Durch die Störung der Scheidenflora kann es auch zu Pilzerkrankungen oder Scheideninfektionen kommen. Deshalb ist hier auch besonders auf eine begrenzte Liegedauer zu achten.

Mehr zum Thema

Warum das Produkt funktioniert, aber trotzdem Quatsch ist

Allerdings stellt sich mir hier die Frage, was man mit dem Dripstick nach der Benutzung machen soll. Der getränkte Schwamm muss entsorgt werden – in der Hand halten bietet sich wohl kaum an. Zudem empfiehlt der Hersteller sowieso auch nach dem Geschlechtsverkehr die Toilette aufzusuchen, um u. a. Blasenentzündungen zu vermeiden. Heißt gemütlich im Bett (oder wo auch immer) liegen bleiben ist nicht drin.

Die Frage, die sich somit stellt: Sollte man dem Dripstick Toilettenpapier und Slipeinlage (falls die Angst vor Flecken wirklich so groß ist) wirklich vorziehen? Für mich ein klares Nein. Abgesehen von den unnötigen Zusatzkosten – ein Produkt kostet umgerechnet 1,50 Euro – die am Ende wohl meist die Frauen zu tragen haben, ist es auch aus Nachhaltigkeitsgründen bedenklich. Der Hersteller sagt nirgends, ob es sich um recyceltes Material handelt. Somit entsteht nur noch mehr unnötiger Plastikmüll. Ein wenig ähnelt das Produkt auch den vermeintlich revolutionären „Pinky Gloves“. Erinnern Sie sich? Das waren die pinken Handschuhe, die einen diskreten Wegwurf von Tampons ermöglichen wollte. Berechtigtet, erfuhr das Produkt trotz DHDL-Deal einen Shitstorm im Netz.

Weibliche Hygiene zu normalisieren, ist ein toller Ansatz, verstehen Sie mich hier bitte nicht falsch! Aber die Art und Weise könnte überdacht werden. Auch wenn der Dripstick die Flüssigkeiten nach dem Sex enttabuisieren und dem ganzen die „Awkwardness“ nehmen möchte. Aber warum fangen wir nicht einen Schritt vorher an und bemängeln, dass es Frauen überhaupt unangenehm ist, besonders vor ihrem eigenen Partner?

Quellen

Deine Datensicherheit bei der Nutzung der Teilen-Funktion
Um diesen Artikel oder andere Inhalte über Soziale- Netzwerke zu teilen, brauchen wir deine Zustimmung für diesen .
Sie haben erfolgreich Ihre Einwilligung in die Nutzung dieser Webseite mit Tracking und Cookies widerrufen. Sie können sich jetzt erneut zwischen dem Pur-Abo und der Nutzung mit personalisierter Werbung, Cookies und Tracking entscheiden.