28. Mai 2024, 14:33 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Frauen haben ein geringeres Sterberisiko, wenn sie in Krankenhäusern von Ärztinnen behandelt werden. Das sagt eine japanische Studie. Doch ist da etwas dran? Wir fassen alle Details der Studie zusammen.
Bei Frauen über 65 Jahren, die in einem Krankenhaus von einer Ärztin statt von einem Arzt behandelt werden, sinkt das Sterberisiko – zumindest bei einigen Erkrankungen. Zu diesem Fazit kommt eine im Fachmagazin „Annals of Internal Medicine“ veröffentlichte japanische Studie.
Grundlage der Studie: Frauen haben ein geringeres Sterberisiko, wenn Ärztinnen sie behandeln
Für die Studie untersuchten die Forscher die Informationen von fast 800.000 Patienten. Alle Patienten befanden sich in einem Alter von 65 Jahren aufwärts und wurden zwischen den Jahren 2016 und 2019 stationär in Krankenhäusern behandelt. Unter den Studienteilnehmern wurden 31,1 Prozent der Patientinnen und 30,6 Prozent der Patienten von Ärztinnen betreut.
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Das sagt die Studie
Und die Ergebnisse sind verblüffend: Laut den Untersuchungen der Forschungsgruppe der Universität Tokio hatten Frauen, die von Ärztinnen betreut wurden, eine etwas niedrigere Sterblichkeitsrate (innerhalb von 30 Tagen nach der Behandlung). Besonders bei Erkrankungen, die das Nervensystem betreffen, wie Demenz. Außerdem zeigte die Studie, dass Frauen mit Erkrankungen der Nieren und Harnwege seltener ein zweites Mal in die Klinik mussten, wenn eine Ärztin sie behandelt hatte. Besonders interessant: Bei männlichen Patienten schien das Geschlecht des Arztes keinen Einfluss auf das Sterberisiko oder das Risiko einer Wiederaufnahme ins Krankenhaus zu haben.
Insgesamt lag die Sterblichkeitsrate für Patientinnen, die bei einer Ärztin in Behandlung waren, bei 8,15 Prozent. War der behandelnde Arzt hingegen ein Mann, lag die Sterblichkeitsrate bei 8,38 Prozent. Die Differenz klingt klein, doch die Autoren der Studie versichern, dass es sich um einen signifikanten Unterschied handle.
Wie kann das sein?
Aber wie kann es dazu kommen, dass Frauen ein höheres Sterberisiko haben, wenn sie von Männern behandelt werden? Das Forschungsteam nimmt an, dass Ärzte die Ernsthaftigkeit einiger Erkrankung bei Frauen eventuell unterschätzen. Fatal, denn das kann zu Verzögerungen während einer Behandlung führen – und das wiederum zu Komplikationen.
Eine vom Portal Doctolib in Deutschland durchgeführte Studie belegt, dass sich Frauen weniger oft ernst genommen werden als Männer, wenn es um einen Besuch in der Arztpraxis geht. Außerdem fühlten sich weibliche Patientinnen weniger gut über geschlechtsspezifische Gesundheitsfragen informiert als männliche Patienten.
Aber auch die Kommunikation unter Frauen kann sich ausschlaggebend unterscheiden. Ärztinnen kommunizieren womöglich besser und intensiver mit ihren Patientinnen. Durch diese Art der umfangreichen Kommunikation und der Geduld erlangen sie einen besseren Zugang zu ihren Patientinnen und erhalten gleichzeitig mehr Informationen. Je mehr Informationen die Ärztinnen erhalten, desto besser ist eine Diagnose und Therapie möglich. Aber die Kommunikation umfasst auch Tabuthemen: Frauen sprechen über schambehaftete Themen offener und schneller mit Ärztinnen und sind offener dafür, sich umfänglich untersuchen zu lassen.
Das ist nicht die einzige Studie zu einem ähnlichen Thema: 2021 ergab eine Studie im Fachblatt JAMA Surgery, dass bei weiblichen Patienten weniger Komplikationen auftraten, wenn der Chirurg weiblich ist. Eine andere veröffentliche Studie im Jahr 2023 (ebenfalls JAMA Surgery) ergab, dass alle Patienten weniger Komplikationen und kürzere Krankenhausaufenthalte hatten, wenn sie von weiblichen Chirurgen operiert wurden. Die Studie ergab, dass die weiblichen Chirurgen langsamer arbeiteten, als ihre männlichen Kollegen.
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Nicht ernst genommen zu werden beim Arzt kenne nicht nur ich
„Als mir zum ersten Mal aufgefallen ist, dass ich von einem Arzt nicht ernst genommen werde, war ich 19 Jahre alt. Kurz vor Weihnachten hatte ich einen Termin zur Routineuntersuchung beim Gynäkologen, hatte aber Probleme an den Brustwarzen. Nach einem kurzen Blick darauf, meinte der Arzt: „Kann ein Paget-Karzinom (eine seltene Krebsform) sein. Schöne Weihnachten.“ (Es war lediglich eine Entzündung aufgrund des synthetischen BH-Materials.)
Einige Jahre später war ich aufgrund von Schluckbeschwerden (die mit der Schilddrüse zu tun hatten, wie sich nach unzähligen Arztterminen herausstellte) beim HNO. Ich habe erstaunlich schnell einen Termin bekommen, was mich schon stutzig hätte werden lassen sollen. Hat es nicht. Stattdessen hatte ich mich gefreut, dass sich endlich ein Profi des Problems annimmt. Von professionellem Verhalten konnte dann jedoch keine Rede sein. Keine zehn Minuten war ich in der Praxis. In dieser Zeit wurden ein Vorgespräch, eine Nasenspiegelung und ein Allergietest durchgeführt, ohne mir zu erklären, was hier gemacht wird. Ich bin eigentlich nicht auf den Mund gefallen, aber als ich nach dieser Prozedur vor der Kliniktür stand, war ich so sprachlos und schockiert, dass ich mitten in der Fußgängerzone anfing zu weinen.
Fast forward zu einer ziemlich düsteren Zeit in meinem Leben. Nachdem ich wochenlang kaum schlafen oder essen konnte, war ich beim Hausarzt. Ich saß während der üblich langen Wartezeit im Wartezimmer und dann im Behandlungsraum und habe geweint. Ich war müde und wusste nicht mehr weiter. Als der Arzt den Raum betrat, blickte er mich kaum an, fragte, ob es mir gut ginge, was ich verneinte. Ich erklärte, dass es mir aktuell psychisch nicht gut ging und fragte nach seinem Rat. Seine Antwort: „Das wird schon.“ Daraufhin schrieb er mich einige Tage krank und schickte mich nach Hause.
Arzt oder Ärztin? Früher war mir das egal
In allen Fällen habe ich nicht nur das Glück, dass ich eine Familie mit medizinischem Background sowie einen unterstützenden Freundeskreis habe, die meine Sorgen, Ängste und Schmerzen ernst genommen und mir Halt und Rat gegeben haben. Das Glück haben nicht alle.
Als Jugendliche hatte ich mir nie Gedanken gemacht, ob ich bei einem Arzt oder einer Ärztin besser aufgehoben bin. Inzwischen tue ich das. Denn auch wenn nicht alle Erfahrungen mit weiblichen Medizinerinnen ideal verliefen, ernst genommen fühlte ich mich hier immer.
Und so ging es nicht nur mir. Aus unzähligen Gesprächen mit Freundinnen, aber auch Freunden, weiß ich, dass das Gefühl, vom Arzt nicht ernst genommen zu werden, nicht nur meins ist. So verständlich manches Verhalten bei dem Andrang an Patienten ist, hoffe ich dennoch, dass sich langfristig etwas daran ändert. Nicht nur, um das Sterberisiko von Frauen zu senken, sondern auch, damit sich Frauen gehört und ernst genommen fühlen. Studien wie diese sorgen dabei hoffentlich zumindest für Aufmerksamkeit.“