27. Februar 2023, 17:53 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten
Eigentlich sollte ein Termin bei der Gynäkologin oder dem Gynäkologen ganz normal sein. Doch viele fühlen sich bei der intimen Untersuchung unwohl. Häufig sind Scham vor peinlichen Fragen oder Symptomen die Ursache. Doch dafür gibt es eigentlich gar keinen Grund! Gynäkologin Dr. med. Friederike Ebigbo aus Hamburg hat STYLEBOOK verraten, welche Fragen von Patientinnen nur selten thematisiert werden.
Über sehr intime, private und auch unangenehme Dinge redet sicherlich niemand gerne. Vor allem nicht mit einer fremden Person. Oder würden Sie einfach so in der U-Bahn jemanden von ihrer trockenen Vagina erzählen? Beim Arzt sollte das natürlich anders sein. Schließlich ist er oder sie extra dafür ausgebildet, Sie zu behandeln und bei gesundheitlichen Problemen zu behandeln. Außerdem unterliegt er oder sie der ärztlichen Schweigepflicht. Dennoch ist es vor allem Neupatientinnen beim Frauenarzt oftmals peinlich, über intime Gesundheitsthemen zu sprechen, wie Dr. med. Friederike Ebigbo aus eigener Erfahrung berichten kann. Dabei spiele das Alter aber eher selten eine Rolle, wie die Hamburger Ärztin gegenüber STYLEBOOK sagt: „Ich habe eher den Eindruck, es ist eine Typ-Frage: Manche erzählen ohne jegliche Scham, andere legen dieses Unwohlsein nie ganz ab, unabhängig des Alters.“
Übersicht
- Wieso ist es Patientinnen peinlich, bestimmte Fragen beim Frauenarztbesuch zu stellen?
- „Sollte ich mich direkt vor dem Termin beim Frauenarzt waschen?“
- „Warum ist meine Regel so stark?“
- „Was hilft gegen Regelschmerzen?“
- „Ist es gefährlich, wenn ich einmal den Tampon vergesse?“
- „Ich habe häufig Ausfluss, was kann das sein?“
- „Warum bekomme ich beim Sex keinen vaginalen Orgasmus?“
- „Verändert sich meine Vagina, wenn ich lange keinen Sex habe?“
- „Lassen Wechseljahresbeschwerden irgendwann wieder nach?“
Wieso ist es Patientinnen peinlich, bestimmte Fragen beim Frauenarztbesuch zu stellen?
Es seien meistens Fragen zu Sexualität, die den Patientinnen in ihrer Praxis eher schwerer über die Lippen gehen. „Aber auch verlorenen Tampons oder Kondome in der Scheide sind mit viel Scham behaftet“, so die Gynäkologin. Schwangere seien häufig zwar auch unsicher, aber aus Sorge um das ungeborene Kind würden bereits kleine Veränderungen oder Beschwerden mit dem Arzt besprochen.
Die Gynäkologin versuche „mit viel Verständnis und Offenheit“ zu reagieren. „Nur wenn sie sich verstanden fühlen und nicht bewertet, öffnen sie sich leichter und berichten ehrlich, und nur dann kann ich auch mein Bestes tun, ihnen zu helfen“, sagt sie.
Die Online-Arztpraxis „ZAVA“ hat die acht Fragen ermittelt, die für Patientinnen beim Frauenarztbesuch am häufigsten ein Tabu sind. Das reicht von scheinbar banalen Fragen wie „Was kann ich gegen Regelschmerzen tun?“ bis hin zu „Verändert sich meine Vagina, wenn ich lange keinen Sex habe?“ Dr. Ebigbo, die auch für ZAVA als Ärztin mit tätig ist, hat die Antworten für STYLEBOOK beantwortet und eingeordnet, warum manche Fragen für Frauen besonders tabu sind.
„Sollte ich mich direkt vor dem Termin beim Frauenarzt waschen?“
Eine extra Intimdusche vor dem Arzttermin ist überflüssig. Die normale tägliche Körperhygiene ist vollkommen ausreichend. Wer morgens früh einen Termin hat und sich direkt davor duscht, kann aber getrost sein: Es schadet nicht und verfälscht keine Untersuchungsergebnisse.
Allerdings sollten Sie eine Regel beachten, rät Dr. Ebigbo: „Verwenden Sie Duschgel nur am Körper, den Intimbereich reinigen Sie ausschließlich mit klarem Wasser“. Auf Scheidenspülungen, Intimlotionen oder Deodorants könne getrost verzichten werden. „Solche Mittel tragen eher zu zusätzlichen Reizungen bei“, so die Medizinerin zu STYLEBOOK.
„Warum ist meine Regel so stark?“
Ob die Periodenblutung besonders stark ist oder doch eher normal, können viele Frauen nur schwer beurteilen. Wenn die Menstruation aber stärker als sonst ist, fragen sich viele Frauen nach den Ursachen und ob sie sich Sorgen machen müssen. Offen ausgesprochen wird die Frage aber eher selten.
„Für eine ungewöhnlich starke Menstruation, gibt es unterschiedliche Gründe“, sagt Dr. Ebigbo. Hormonelle Veränderungen oder die Verhütung per Spirale könnten Auslöser sein. Auch ein Problem im Bereich der Gebärmutter käme infrage. „Ist sie nicht dazu in der Lage, sich ausreichend zusammenzuziehen und so ihre Schleimhaut zu lösen, dauert die Blutung länger an. Mögliche Gründe hierfür sind zum Beispiel Myome, also gutartige Muskelknoten in der Gebärmutterwand“, erklärt die Frauenärztin. Um sicherzugehen, sollte das unbedingt mit Ihrem Arzt abgeklärt werden.
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„Was hilft gegen Regelschmerzen?“
In diesem Fall könnten bereits simple Hausmittel Linderung verschaffen. Wärme in Form von Körnerkissen oder Wärmeflaschen können die Krämpfe lindern. Schmerz- sowie krampflindernden Arzneimittel aus der Apotheke können Abhilfe schaffen, wenn Wärme allein nicht mehr hilft. „Einige Frauen berichten darüber hinaus, dass bei ihnen körperliche Aktivität, Atemübungen oder Massagen zu einer Linderung beitragen“, sagt Dr. Ebigbo.
„Ist es gefährlich, wenn ich einmal den Tampon vergesse?“
Wer den beigelegten Zettel der Tampon-Packung schon mal studiert hat, weiß einen Teil der Antwort. Dort heißt es: „Wechseln Sie Ihren Tampon regelmäßig alle vier bis acht Stunden am Tag und in der Nacht.“ Der Grund: Ab diesem Zeitraum haben Bakterien die Gelegenheit, sich auszubreiten – im schlimmsten Fall kann es dann zu einem toxischen Schocksyndrom (TSS) kommen, einer seltenen, aber lebensgefährlichen Erkrankung. Typische Symptome sind plötzliches hohes Fieber, Erbrechen, Herzrasen und Muskelschmerzen.
Die Gynäkologin Dr. med. Friederike Ebigbo erklärt: „Haben Sie einen Tampon seit mehreren Tagen in der Scheide vergessen und können Sie ihn nicht allein entfernen, wenden Sie sich am besten schnell an Ihren Frauenarzt. Er kann den Hygieneartikel vorsichtig herausnehmen und die Situation richtig einschätzen“.
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„Ich habe häufig Ausfluss, was kann das sein?“
Grundsätzlich ist Ausfluss vollkommen normal. Bei einer gesunden Scheidenflora ist das Sekret weiß bis leicht durchsichtig und geruchslos. Je nach Zyklus kann sich die Konsistenz und auch die Menge ändern. Insbesondere in der Zyklusmitte oder bei sexueller Erregung entsteht mehr Ausfluss. Einen Arzt sollten Sie allerdings aufsuchen, wenn sich Beschaffenheit, Farbe, Geruch oder eine sonst normale Menge ändert. All das könnten Hinweise auf eine Infektion sein.
„Warum bekomme ich beim Sex keinen vaginalen Orgasmus?“
Sexologen haben mithilfe von Studien belegen können, dass beim heterosexuellen Geschlechtsverkehr nur etwa jede dritte Frau einen Orgasmus erlebt. Ein vaginaler Orgasmus ist also eher selten – aber nicht unmöglich. Um den Spaß beim und die Lust auf Sex zu vergrößern, ist es wichtig, offen über Bedürfnisse zu reden. Wer zwanghaft einen vaginalen Orgasmus bekommen will, setzt sich nur unnötig unter Druck – denn auch ein klitoraler Höhepunkt, also einer der durch die Stimulation der Klitoris, ist ein Orgasmus.
Zudem können Stress, hormonelle Veränderungen und manche Medikamente die Libido unterdrücken und so den weiblichen Orgasmus behindern. Im Zweifel können Frauenärzte oder Sexualtherapeuten beraten.
„Verändert sich meine Vagina, wenn ich lange keinen Sex habe?“
Woher dieser Mythos stammt, ist unbekannt, er ist aber vor allem eins: Schwachsinn. Weder verenge sich die Scheide, noch wachse das Jungfernhäutchen wieder zu. Es könne höchstens passieren, dass man nach einer langen Phase der Enthaltsamkeit vor dem ersten Sex sehr aufgeregt ist. Dadurch könne sich, so die Medizinerin, die Muskulatur im Intimbereich verkrampfen und die Scheide nicht schnell genug feucht werden.
Wenn sich die Scheide dauerhaft zu eng für Geschlechtsverkehr anfühlt, können andere Gründe vorliegen, wie etwa Vaginismus. Dabei verkrampft sich die Beckenbodenmuskulatur unwillkürlich und bereitet starke Schmerzen beim Sex oder auch dem Einführen eines Tampons.
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„Lassen Wechseljahresbeschwerden irgendwann wieder nach?“
Die Zeit vor und nach der Menopause ist für viele Frauen eine schwierige Zeit. Zu den häufigsten Beschwerden gehören Hitzewallungen, Schweißausbrüche, Libidomangel und eine trockene Scheide. Die gute Nachricht: Das hört wieder auf. „Wenn die hormonellen Veränderungen im Rahmen der Wechseljahre abgeschlossen sind und der Körper sich an den neuen Zustand gewöhnt hat, verschwinden allmählich auch damit einhergehende Symptome wie Hitzewallungen und Stimmungsveränderungen“, so die Gynäkologin Dr. Ebigbo. In manchen Fällen kommt die sogenannte Hormonersatztherapie zum Einsatz, welche einen Mangel an Sexualhormonen ausgleicht und so Linderung verschaffen kann.
Quellen
- mit fachlicher Beratung von Dr. med. Friederike Ebigbo, Frauenarzt Hamburg St. Georg
- Orgasm Equality: Scientific Findings and Societal Implications, Clinical Therapeutics (B McCarthy, R Segraves and R Balon, Section Editors)