13. Januar 2025, 6:29 Uhr | Lesezeit: 10 Minuten
Morbus Crohn ist eine Erkrankung, die oft im Verborgenen bleibt und sich dennoch tiefgreifend auf das Leben der Betroffenen auswirken kann. In Deutschland leben etwa 300.000 Menschen mit dieser chronisch-entzündlichen Darmerkrankung, die nicht nur die Verdauung, sondern auch das allgemeine Wohlbefinden erheblich beeinträchtigen kann.
Morbus Crohn ist eine komplexe chronische Erkrankung, die mit Entzündungen im gesamten Magen-Darm-Trakt, von der Mundhöhle bis zum After, einhergehen kann. Meist sind allerdings der Dünn- und Dickdarm betroffen. Typisch für die Erkrankung sind in Schüben auftretende Entzündungen, die mehrheitlich zu Vernarbungen sowie Verengungen im Darm führen. STYLEBOOK fragte bei Daniel Harbs, ärztlicher Leiter Intensemed Hamburg, nach, was die Erkrankung ausmacht, wie Sie sie erkennen, behandeln und besser mit ihr leben können.
Übersicht
- Arten von Morbus Crohn
- Typische Symptome
- Symptome außerhalb des Magen-Darm-Traktes
- Symptome bei einem schweren Verlauf
- Wie sich Morbus Crohn bei Frauen auswirkt
- Was erschwert die Diagnose von Morbus Crohn?
- Diagnose von Morbus Crohn
- Risikogruppen
- Ursachen für das Entstehen
- Behandlung
- Vorbeugung
- Mythen und Missverständnisse
- Fazit
Arten von Morbus Crohn
Morbus Crohn zeigt sich in unterschiedlichen Formen, je nachdem, welcher Abschnitt des Verdauungstrakts betroffen ist. Die häufigste Form ist die Ileitis terminalis, bei der der letzte Abschnitt des Dünndarms und der Übergang zum Dickdarm entzündet sind. Bei der Colitis Crohn ist ausschließlich der Dickdarm befallen, während der seltene gastroduodenale Crohn Magen sowie Zwölffingerdarm einbezieht. Der perianale Morbus Crohn wirkt sich auf den Enddarm und den Bereich um den After aus und ist oft verbunden mit Fisteln und Abszessen.
Typische Symptome
Die Symptome von Morbus Crohn entwickeln sich oft schleichend, sie können sich im Laufe der Zeit verändern und verschlimmern. Zudem ist es möglich, aber selten, dass die Symptome plötzlich und dramatisch auftreten.
Auffälliger Stuhlgang
Typische Symptome sind wässriger, schleimiger Durchfall, dem auch Blut beigemengt sein kann. Oft besteht auch ein vermehrtes Bedürfnis nach Stuhlgang sowie das Gefühl, dass der Darm auch nach dem Stuhlgang nicht leer ist.
Unterleibsschmerzen
Ebenso treten oft Bauchschmerzen auf, besonders im rechten Unterbauch, die auch mit einer Blinddarmentzündung verwechselt werden können.
Gewichtsverlust
Ein weiteres Symptom ist ein zumeist deutlicher Gewichtsverlust, der durch eine verminderte Nahrungsaufnahme sowie eine gestörte Nährstoffaufnahme bedingt ist.
Erschöpfung
Zusätzlich können sich Erschöpfung, Abgeschlagenheit und Fieber als Ausdruck der entzündlichen Prozesse im Körper zeigen.
Symptome außerhalb des Magen-Darm-Traktes
Auch außerhalb des Verdauungstrakts können Beschwerden, sogenannte extraintestinalen Manifestationen, auftreten. Dazu zählen Gelenkentzündungen (Arthritis), Hautveränderungen, Mundfäule (Stomatitis aphthosa), Hautknötchen an Armen und Beinen (Erythema nodosum) oder Entzündungen des Augenweißes (Episkleritis).
Symptome bei einem schweren Verlauf
In schweren Fällen und bei unzureichender Behandlung können sogar lebensbedrohliche Komplikationen auftreten.
- Mangelernährung: Chronische Entzündungen im Darm können dazu führen, dass Nährstoffe schlechter vom Körper aufgenommen werden können. Dies kann zu Mangelernährung und zur Schwächung des Immunsystems führen und langfristig ernsthafte gesundheitliche Probleme verursachen.
- Verwachsungen: Fisteln und Verwachsungen im Darm können dessen Funktion beeinträchtigen und zu schweren Komplikationen führen, die manchmal chirurgische Eingriffe erfordern.
- Abszesse: Chronische Entzündungen im Darm können zu Abszessen oder sogar zu Perforationen führen, sodass der Darm durchbrechen und der Darminhalt in die Bauchhöhle gelangen kann. Dies kann dann zu einer schweren, lebensbedrohlichen Infektion (Peritonitis) führen.
- Starke Blutungen: Bei schwerer Entzündung oder der Bildung von Geschwüren im Darm kann es zu starken Blutungen kommen, die ebenfalls eine sofortige medizinische Behandlung erfordern.
- Darmkrebs: Wenn die Erkrankung bereits langjährig besteht und den Dickdarm betrifft, besteht ein höheres Risiko, Darmkrebs zu entwickeln.
Wie sich Morbus Crohn bei Frauen auswirkt
Morbus Crohn weist bei Frauen besondere Aspekte auf. Ein wichtiger Zusammenhang liegt in den hormonellen Einflüssen, da hormonelle Veränderungen, wie sie während der Menstruation, Schwangerschaft oder in den Wechseljahren auftreten, die Symptome von Morbus Crohn beeinflussen können. Bei einigen Frauen verschlechtern sich die Beschwerden während der Periode, während sie in der Schwangerschaft manchmal weniger ausgeprägt sind. In den Wechseljahren können hormonelle Veränderungen ebenfalls Auswirkungen auf den Verlauf der Krankheit haben.
Es gibt Hinweise darauf, dass Frauen häufiger im Erwachsenenalter mit Morbus Crohn diagnostiziert werden als Männer. Dabei kann der Verlauf der Erkrankung bei Frauen tendenziell schwerer sein, was mit der unterschiedlichen Immunantwort und den hormonellen Unterschieden zwischen den Geschlechtern zusammenhängt.
Neben den körperlichen Symptomen sind Frauen mit Morbus Crohn oft auch mit psychosozialen Belastungen konfrontiert. Die täglichen Herausforderungen wie Durchfall, Schmerzen und Erschöpfung können das Leben stark beeinflussen, und die Erkrankung kann auch Auswirkungen auf das soziale Leben und das Körperbild haben.
In Bezug auf die Fruchtbarkeit und Schwangerschaft haben Frauen mit Morbus Crohn häufig Bedenken. Doch trotz der Erkrankung ist eine Schwangerschaft möglich. Wenn die Krankheit in Remission ist oder gut behandelt wird, können Frauen erfolgreich schwanger werden. Eine gut abgestimmte medizinische Betreuung kann dazu beitragen, das Risiko für Komplikationen während der Schwangerschaft zu minimieren.
Was erschwert die Diagnose von Morbus Crohn?
Unspezifische Symptome
„Morbus Crohn wird oft erst spät erkannt, denn es kann leicht mit anderen Erkrankungen verwechselt werden. Die Symptome sind sehr unspezifisch und ähneln denen anderer Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes, wie dem Reizdarmsyndrom, Lebensmittelunverträglichkeiten oder anderen entzündlichen Darmerkrankungen“, erklärt der Ernährungsmediziner.
Vielfältige Symptome
Auch die Vielfalt der Symptome verkompliziert die Diagnose, denn Morbus Crohn betrifft nicht nur den Verdauungstrakt, sondern auch andere Organe wie Gelenke, Haut oder Augen.
Symptome schwanken
Die Symptome können sich im Laufe der Zeit verändern. Da die Krankheit in Schüben verläuft, können sie in Intensität und Häufigkeit schwanken. In manchen Phasen der Krankheit treten sie zudem stärker auf (sog. Akutphase oder Schub), während sie in anderen Phasen nachlassen oder ganz verschwinden können (sog. Remission).
Schleichender Krankheitsverlauf
Ein weiterer Grund für eine späte oder sogar falsche Diagnose ist die schleichende Entwicklung der Krankheit. Viele Betroffene haben anfangs nur milde Beschwerden wie Durchfall oder Bauchschmerzen, die nicht zwangsläufig als ernstes Warnzeichen wahrgenommen werden. Zudem treten die Symptome häufig schubweise auf, was die Erkrankung jeweils für kurze Zeit unauffällig macht.
Diagnose von Morbus Crohn
Aufgrund seiner Komplexität wird Morbus Crohn durch eine Kombination verschiedener Verfahren diagnostiziert. Bei einer Koloskopie mit Gewebeentnahme (Biopsie) können zunächst die Entzündungen und typischen Gewebeveränderungen im Darm erkannt werden. Zusätzlich können bildgebende Verfahren wie MRT (Magnetresonanztomographie) oder Ultraschall eingesetzt werden, um Veränderungen im gesamten Verdauungstrakt zu erkennen. Blut- und Stuhltests helfen, Entzündungswerte sowie spezifische Marker für Darmentzündungen zu bestimmen.
Risikogruppen
Von Morbus Crohn betroffen sind Menschen jeden Alters, wobei die Erkrankung häufig zwischen dem 15. und 35. Lebensjahr diagnostiziert wird. Die Erkrankung tritt in etwa gleich häufig bei Männern und Frauen auf, wobei einige Studien leichte regionale oder altersbedingte Unterschiede beobachten.
Ursachen für das Entstehen
- Genetische Veranlagung: Ein erhöhtes Risiko besteht, wenn nahe Verwandte, insbesondere Zwillinge, an Morbus Crohn oder anderen Darmerkrankungen wie Colitis ulcerosa (chronische Entzündung der Schleimhaut des Dickdarms) leiden.
- Medikamente: Auch die Einnahme von Medikamenten wie oralen Verhütungsmitteln, Antibiotika und nichtsteroidalen entzündungshemmenden Medikamenten wird mit dem Entstehen in Verbindung gebracht.
- Rauchen: Studien belegen, dass Raucher ein doppelt so hohes Risiko haben, an Morbus Crohn zu erkranken.
- Ernährung: Eine westlich geprägte Ernährungsweise mit viel Fleisch, Milcherzeugnissen sowie fett- und zuckerreicher Nahrung wird für das Entstehen entzündlicher Prozesse im Körper und somit mit einem höheren Erkrankungsrisiko in Verbindung gesetzt.
- Stress: Stress gilt zwar nicht als Ursache, kann aber ein erheblicher Verstärker von Krankheitsschüben sein.
Behandlung
Medikamentös
„Die Behandlung von Morbus Crohn erfolgt in der Regel interdisziplinär (fachübergreifend) und umfasst verschiedene Ansätze. Eine medikamentöse Therapie mit Entzündungshemmern wie Kortison, Immunsuppressiva oder modernen Biologika hilft, die Entzündung zu kontrollieren und Schübe einzudämmen. Ergänzend dazu können psychologische Betreuungsangebote wie Stressmanagement und Verhaltenstherapien die psychische Belastung reduzieren. In schweren Fällen, etwa bei Darmverengungen oder Fisteln, sind mitunter Operationen erforderlich, um die Komplikationen zu behandeln“, so Herr Harbs.
Alternativ
Zudem empfiehlt Herr Harbs alternative Behandlungsmöglichkeiten als wertvolle Unterstützung. Besonders entzündungshemmende Stoffe wie Kurkuma, Omega-3-Fettsäuren, Weihrauchextrakt (Boswellia serrata) und Grünteeextrakt spielen hierbei eine wichtige Rolle. Sie alle können helfen, Entzündungen im Darm zu reduzieren. Zur Regeneration der Darmschleimhaut sind L-Glutamin, Probiotika, Zink und Vitamin C zu empfehlen. Diese Stoffe tragen dazu bei, die Schutzbarriere des Darms zu stärken und die Schleimhaut zu reparieren. Für die Unterstützung der Immunabwehr bietet sich Colostrum (Vormilch) an, da es die körpereigenen Abwehrkräfte fördern kann.
Aufgrund der bei Morbus Crohn häufig auftretenden Malabsorption (mangelhafte Aufnahme von Nährstoffen) sollte ein möglicher Mikronährstoffmangel berücksichtigt werden. Betroffene können an einem Defizit von Eisen, Kupfer, Zink, Selen, Magnesium, Folsäure, Vitamin B12 und Vitamin B6 leiden. „Ich empfehle eine gezielte Diagnostik, wie eine spezielle Stuhluntersuchung und eine Vollblutanalyse der Mikronährstoffe, um individuelle Mängel aufzudecken und gezielt auszugleichen“, so der Allgemeinmediziner.
Vorbeugung
Die beste Vorbeugung gegen Erkrankungen ist und bleibt regelmäßige Bewegung, eine ausgewogene, gesunde Ernährung, der Verzicht auf Rauchen sowie kein übermäßiger Alkoholkonsum. Minimieren Sie Stress und betreiben Sie Selbstfürsorge, denn gezielte Entspannungstechniken wie Meditation können ebenso effektiv wie ein Waldspaziergang zur psychischen Stabilität beitragen.
Mythen und Missverständnisse
- „Morbus Crohn wird durch Stress verursacht“: Stress kann die Symptome zwar verschlimmern, ist aber nicht die Ursache der Erkrankung.
- „Man kann Morbus Crohn heilen“: Leider ist Morbus Crohn bislang nicht heilbar. Moderne Therapien können aber eine langfristige Remission ermöglichen, sodass viele Betroffene ein weitgehend normales Leben führen können.
- „Mit Morbus Crohn habe ich nur noch eine kurze Lebenserwartung“: Die Erkrankung kann zwar langfristige gesundheitliche Auswirkungen haben, verkürzt jedoch in der Regel nicht direkt die Lebenserwartung.
- „Morbus Crohn tritt nur bei jungen Menschen auf“: Obwohl Morbus Crohn häufig bei Menschen im jungen Erwachsenenalter diagnostiziert wird, kann die Krankheit in jedem Alter auftreten.
- „Morbus Crohn entsteht durch falsche Ernährung“: Ernährung allein ist nicht die primäre Ursache, kann aber die Symptome verschlimmern oder zu Schüben führen.
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Fazit
Morbus Crohn ist eine komplexe Erkrankung, die nicht nur den Darm, sondern auch das gesamte Wohlbefinden beeinflussen kann. Moderne Therapien und ein bewusster Umgang mit der Krankheit können jedoch dazu beitragen, dass Betroffene gut mit der Krankheit leben können. Vor allem aber ist eine frühe Diagnose für den Behandlungserfolg entscheidend. Je früher Morbus Crohn erkannt wird, desto besser können schwere Komplikationen vermieden werden.
Wenn Sie über mehrere Wochen hinweg unter Durchfall, Bauchschmerzen, unerklärlichem Gewichtsverlust oder ständiger Erschöpfung leiden, sollten Sie unbedingt einen Arzt aufsuchen. Zusätzlich sollten Sie bei Blut im Stuhl, anhaltendem Fieber oder starken Schmerzen nicht zögern, fachärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.