7. März 2024, 16:06 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Eierstockkrebs ist eine der tödlichsten gynäkologischen Erkrankungen. Im Jahr 2019 verlor eine von 10.000 Frauen in Deutschland ihr Leben an diese heimtückische Krankheit. Ein neuer Wirkstoff gegen einen der Auslöser bringt Patientinnen jetzt Hoffnung. Wie er funktioniert, hat Ihnen Rebecca Stringa bei STYLEBOOK zusammengefasst.
Eierstockkrebs bleibt oft unbemerkt, bevor er in einem fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert wird. Das Risiko, daran zu erkranken, steigt exponentiell mit dem Alter, wobei Frauen über 50 besonders gefährdet sind. Die Symptome sind oft vage und werden leicht mit anderen Erkrankungen verwechselt. Dazu gehören Verdauungsstörungen, wie Blähungen, Verstopfung oder Durchfall, häufiges Wasserlassen und Bauchschmerzen. Ein neuer mRNA-Wirkstoff soll nun eine Lösung ermöglichen.
Übersicht
Neue Hoffnung dank mRNA-Impfstoffen?
Das Mainzer Unternehmen Biontech, das weltweit für seine Covid-19-Impfstoffe bekannt ist, hat soeben einen vielversprechenden Schritt in der Krebstherapie gemacht. Die jüngsten Studienergebnisse zeigen, dass eine neuartige Kombinationstherapie, genannt BNT211, Potenzial hat, das Wachstum von Tumoren zu stoppen und damit neue Hoffnung für Krebspatientinnen zu bringen. Der entwickelte mRNA-Wirkstoff bekämpfte erfolgreich sowohl Krebszellen und Tumore „im Reagenzglas“ als auch Metastasen in Mäusen.
Was ist eigentlich mRNA?
Messenger-RNA (mRNA genannt) ist eine wichtige Art von Ribonukleinsäure (RNA), die in unseren Zellen eine entscheidende Rolle spielt. Wenn unser Körper Proteine benötigt, beginnt der Prozess mit der DNA, unserem genetischen Material im Zellkern. Die DNA enthält die Baupläne für all die Proteine, die unser Körper benötigt. Wenn ein bestimmtes Protein benötigt wird, wird ein Abschnitt der DNA in Form von mRNA kopiert – das ist die Transkription. Die mRNA fungiert dann als Bote und transportiert diese genetischen Informationen aus dem Zellkern zu den Ribosomen im Zellplasma.
Dort dienen die mRNA-Anweisungen als Bauplan für die Herstellung des Proteins. Die Ribosomen lesen die mRNA und verknüpfen die entsprechenden Aminosäuren, um das Protein herzustellen – das ist die Proteinsynthese. Sobald das Protein hergestellt ist, übernimmt es seine spezifische Funktion im Körper. Ob als Enzym, Strukturprotein oder ein anderer Typ von Protein – sie sind entscheidend für die Funktion und den Aufbau unseres Körpers. Insgesamt spielt mRNA also eine unverzichtbare Rolle im Prozess der Proteinsynthese, indem sie die genetischen Informationen von der DNA zu den Ribosomen transportiert, wo die Proteine hergestellt werden.
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Die Therapie im Detail: CAR-T-Zellen und mRNA-Impfstoffe
BNT211 basiert auf einer innovativen Kombination aus genetisch veränderten Immunzellen, sogenannten CAR-T-Zellen, und mRNA-Impfstoffen. Die CAR-T-Zellen sind speziell darauf ausgerichtet, Krebszellen anzugreifen, die ein bestimmtes Protein namens Claudin-6 (CLDN-6) tragen. Dieses Protein ist bei verschiedenen Krebsarten, darunter Eierstockkrebs, Hodenkrebs und Gebärmutterkrebs, vorhanden. Die mRNA-Impfstoffe werden verwendet, um das Immunsystem zusätzlich auf das CLDN-6-Molekül auszurichten, um die Wirksamkeit der Therapie zu erhöhen.
Positive Ergebnisse aus klinischen Studien
Die ersten klinischen Studien der Phase 1 und 2 haben vielversprechende Ergebnisse geliefert. Von den insgesamt 44 behandelten Mäuse, darunter Fälle von Eierstockkrebs, Keimzelltumoren und anderen Krebsarten, konnten bei 74 Prozent das Tumorwachstum gestoppt werden. Bei 45 Prozent konnte man sogar Tumorverkleinerungen beobachten. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass BNT211 eine vielversprechende Therapieoption für verschiedene Krebsarten sein könnte.
Potenzielle Anwendungen und Herausforderungen
Die Therapie zielt auf Krebsarten ab, die das CLDN-6-Protein exprimieren, was eine breite Anwendung ermöglicht. Dennoch stehen noch weitere klinische Studien aus, um die Wirksamkeit und Sicherheit der Behandlung für verschiedene Patientengruppen zu bestätigen. Es gab jedoch auch einige unerwünschte Nebenwirkungen, insbesondere bei höheren Dosierungen, was zeigt, dass weitere Forschung und Optimierung erforderlich sind.
Eierstockkrebs in Deutschland
2019 erkrankten in Deutschland zwei von 10.000 Frauen an Eierstockkrebs, während eine von 10.000 Frauen an dieser Krankheit verstarb. Das Risiko, an Eierstockkrebs zu erkranken, steigt mit dem Alter, und mögliche Symptome können Verdauungsprobleme, häufiges Wasserlassen und Bauchschmerzen umfassen.
Einige Ärzte und Ärztinnen bieten im Rahmen einer gynäkologischen Untersuchung eine Früherkennungsuntersuchung für Eierstockkrebs mittels Ultraschall durch die Scheide an. Das Ziel dieser Untersuchung ist es, Eierstockkrebs frühzeitig und noch in einem beschwerdefreien Stadium zu erkennen, was die Chancen auf eine erfolgreiche Behandlung erhöhen kann. Diese Früherkennungsmaßnahme mit Ultraschall ist jedoch eine individuelle Gesundheitsleistung, die gesetzlichen Krankenkassen übernommen nichts. Das bedeutet, die Patientinnen müssen die Untersuchung selbst bezahlen.
Fortschritte in der Eierstockkrebsforschung
Abgesehen von BNT211 hat eine separate Studie der Goethe-Universität und Universitätsklinikum Frankfurt vielversprechende Ergebnisse in der Behandlung von Eierstockkrebs gezeigt. Hier wurde ein mRNA-Wirkstoff verwendet, um das p53-Protein wiederherzustellen, das die unkontrollierte Zellvermehrung hemmt. Diese Studie könnte auch neue Möglichkeiten für die Behandlung von anderen Krebsarten eröffnen, die auf eine fehlerhafte p53-Funktion zurückzuführen sind.
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Ausblick und nächste Schritte
Obwohl die jüngsten Fortschritte in der Krebstherapie vielversprechend sind, ist es wichtig zu betonen, dass weitere Studien und klinische Tests notwendig sind, um die Langzeitwirksamkeit und Sicherheit dieser neuen Behandlungsansätze zu bestätigen. Dennoch bieten diese Entwicklungen Hoffnung für Millionen von Krebspatienten weltweit und könnten langfristig zu einem bedeutenden Fortschritt in der Krebsbekämpfung führen. Biontech und andere Unternehmen arbeiten weiterhin daran, diese vielversprechenden Therapien voranzutreiben und neue Hoffnungsträger in der Behandlung von Krebs zu entwickeln.