15. November 2024, 13:42 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Schon mal von probiotischen Tampons gehört? Wenn Sie zu Entzündungen oder Krankheiten im Vaginalbereich leiden, bestimmt. Denn dabei sollen die getränkten Tampons helfen. Wie das funktionieren soll, ob die Wirkung belegt ist und warum eine Gynäkologin das Ganze für Geldverschwendung hält, hat Carmen Dörfler für Sie zusammengefasst.
In den vergangenen Jahren haben probiotische Produkte für die Frauengesundheit zunehmend Aufmerksamkeit erhalten – darunter auch probiotische Tampons. Diese Tampons versprechen, das Mikrobiom der Scheide zu unterstützen und für eine gesunde Bakterienbalance zu sorgen. Doch was genau steckt dahinter, und sind probiotische Tampons wirklich eine sinnvolle Wahl?
Wie funktionieren probiotische Tampons?
Probiotische Tampons sind mit nützlichen Bakterien – meistens Laktobazillen – angereichert. Laktobazillen sind Mikroorganismen, die natürlicherweise in der Scheidenflora vorkommen und dort eine Schutzfunktion übernehmen. Sie helfen, den pH-Wert in einem leicht sauren Bereich zu halten und das Wachstum von schädlichen Bakterien zu unterdrücken.
Die Idee hinter probiotischen Tampons ist es, diese „guten“ Bakterien direkt in die Vagina einzubringen und so die natürliche Balance der Scheidenflora zu fördern, insbesondere während der Menstruation, wenn der pH-Wert und die Bakterienbalance leicht aus dem Gleichgewicht geraten können.
Mögliche Vor-und Nachteile für die Scheidengesundheit
Probiotische Tampons sollen unter anderem Frauen helfen, die zu wiederkehrenden Vaginalinfektionen neigen, da ein ausgeglichenes Scheidenmikrobiom das Risiko für Infektionen wie bakterielle Vaginose und Pilzinfektionen senken kann. Auch Frauen, die bereits Erfahrungen mit einer empfindlichen Scheidenflora gemacht haben, könnten von einer zusätzlichen Zufuhr gesunder Bakterien profitieren. Einige Frauen berichten auch von einem gesteigerten Wohlbefinden und weniger unangenehmen Gerüchen.
Obwohl probiotische Tampons grundsätzlich als sicher gelten, kann es bei einigen Frauen zu Reizungen oder allergischen Reaktionen kommen, speziell bei empfindlicher Haut. Zudem besteht das Risiko, dass die eingebrachten Bakterien das natürliche Gleichgewicht stören, wenn sie nicht genau zu den individuellen Bedürfnissen der Scheidenflora passen. Wenn Sie unsicher sind, sprechen Sie vor der Anwendung probiotischer Tampons mit Ihrer Frauenärztin.
Sind probiotische Tampons wirklich sinnvoll?
Dass probiotische Tampons tatsächlich langfristig die Scheidengesundheit verbessern, ist bisher nicht ausreichend durch klinische Studien belegt. Einige Gynäkologinnen warnen davor, dass die Wirkung von probiotischen Tampons von der individuellen Flora abhängt und nicht für jede Frau gleichermaßen geeignet ist. Wer keine Beschwerden hat und eine gesunde Scheidenflora besitzt, benötigt in der Regel keine probiotische Unterstützung.
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Auch Gynäkologin Dr. Heidi Gößlinghoff rät eher vom Kauf ab. Sie erklärt: „Probiotische Tampons gibt es schon relativ lang. Aber eine wirkliche Verminderung von Scheideninfektion hat sich nie nachweisen lassen“. Ganz im Gegenteil könnten diese Tampons auch austrocknend wirken, „was natürlich auch die Scheidenflora zusätzlich schädigt. Ich selbst habe meinen Patientinnen immer davon abgeraten.“ Stattdessen sei es sinnvoller „keine übertriebene Intimhygiene anzuwenden, nur mit klarem Wasser zu waschen. Auch Wäsche, die mechanisch reizt, wie Strings oder Spitze, luftundurchlässige Slipeinlagen und enge Hosen können Reizung und Entzündungen der Vaginalhaut verursachen.“
Die Ärztin versteht dennoch den Gedanken hinter probiotischen Tampons: „Die Vorstellung hinter den Tampons ist wahrscheinlich, dass wenn die Scheide gut ausgekleidet ist mit Milchsäurebakterien, es Pilze und andere Bakterien schwerer haben, Unheil anzurichten.“
Doch für den Nutzen der Produkte findet Dr. Gößlinghoff sehr deutliche Worte: „Zur Frage, wem die Tampons helfen – ganz klar: dem Hersteller.“ Wer dennoch nicht auf Probiotika verzichten möchte, dem rät die Gynäkologin, diese „eher im Anschluss an die Periode zu nehmen. Dann werden sie nicht mehr abgeblutet und man hat nicht zusätzlich einen Tampon, der die Scheide austrocknet. Noch dazu dürfte die Konzentration höher sein als in den Tampons.“