10. Dezember 2024, 14:37 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Vaginalpilz zählt zu den häufigen und leider oftmals wiederkehrenden Infektionen im weiblichen Genitalbereich. Rund 70 Prozent aller Frauen erkranken im Laufe ihres Lebens an einer Vaginalinfektion. STYLEBOOK sprach mit der Frauenärztin Dr. med. Daniela Bach über die Ursachen einer Pilzinfektion und wie Sie Ihre Vaginalflora wieder ins Gleichgewicht bringen und gesund halten können.
Eine gesunde Vaginalflora weist ein Gleichgewicht an unterschiedlichen Mikroorganismen auf. Allen voran tummeln sich hier Döderleins, sogenannte Milchsäurestäbchen, die für ein saures Milieu in der Vagina sorgen und als natürliche Schutzbarriere gegen Krankheitserreger wirksam sind. „Diese Döderlein-Stäbchen benötigen wir, um uns vor krank machenden Bakterien und Keime zu schützen. Denn es ist so, dass die Vagina nicht steril abgeschlossen ist. Das heißt, sie kommt immer in Kontakt mit anderen Keimen und es sind auch immer unterschiedliche Keime in der Vaginalflora zu finden. Wichtig ist, dass ausreichend Laktobazillen da sind, die krankheitserregende Keime unschädlich machen können“, beschreibt Dr. med. Daniela Bach das sensible Gleichgewicht in der Vagina.
Übersicht
Aus dem Gleichgewicht? Vaginalinfektionen durch Östrogenmangel
Eine Dysbalance in der Vaginalflora liegt etwa vor, wenn zu wenig Laktobazillen in der Vaginalschleimhaut angesiedelt sind. Dabei steht die Anzahl der Laktobazillen in direkter Verbindung mit der Östrogenisierung im weiblichen Hormonshaushalt. Wenn ausreichend Östrogen im Vaginalepithel (äußerste Schicht der Vaginalhaut) vorhanden ist, so sind auch ausreichend Laktobazillen in der Schleimhaut. „Dann benötigen wir uns in aller Regel weniger Gedanken über drohende Infektionen machen“, erklärt die Gynäkologin. „Das bedeutet auch, die Abwehrlage ist zyklusabhängig. Während der Monatsblutung und in der Woche nach der Periode wird immer weniger Östrogen produziert. Dann kann auch die Abwehrlage in der Vagina darunter leiden. Ähnliches gilt für die Peri- und Postmenopause, wo der Östrogenspiegel generell schwankt und deutlich niedriger ist. Auch dann ist das Risiko für Vaginalinfektionen erhöht.“
Weniger ist mehr! Hygiene im Intimbereich
Auch zu viel Hygiene oder eine falsch verstandene Intimhygiene kann der Vaginalflora schaden. „Die Vaginalflora ist bei einem sauren pH-Wert von etwa 3,8 bis 4,4 optimal wirksam“, so Dr. Bach. Diese Säurewerte werden weitestgehend erhalten, wenn die Vagina täglich ausschließlich mit klarem Wasser gereinigt wird. Bach betont: „Ohne Seife.“ Ebenfalls in Ordnung sind Intimhygiene-Produkte, die auf den sauren pH-Wert in der Vagina angepasst sind. Doch reguläre Duschgels oder Seife mit basischen pH-Werten für die Haut können den sauren pH der Vaginalflora aus dem Gleichgewicht bringen. „Dann können die Laktobazillen ihren Job nicht mehr machen, es kommt zu einer Dysbalance und nachfolgenden Infektionen“, fasst die Ärztin zusammen.
Synthetische Unterwäsche meiden
Synthetische Unterwäsche kann ebenfalls zu einem Ungleichgewicht in der Vaginalflora führen. Denn Synthetikfasern fördern ein feuchtwarmes Milieu im Vaginalbereich und „das mögen Pilze sehr gern“, laut Dr. Bach. Auch nasse Badeklamotten oder verschwitzte Sportkleidung unterstützen das Wachstum von Keimen und können zu Pilzinfektionen führen. „Also, raus aus nasser Kleidung, sei es Badesachen, Trainingskleidung oder Sportklamotten und rein in atmungsaktive Unterwäsche, am besten aus Naturfaser“, empfiehlt Dr. Bach.
Finger weg von Vaginalduschen
Ein weiterer möglicher Störfaktor für die Vaginalflora ist der Gebrauch von Vaginalspülungen. „Es gibt Frauen, die Vaginalspülungen benutzen, um besonders reinlich zu sein und spülen damit leider die gute Vaginalflora mit aus der Vagina. Das sollte tunlichst vermieden werden“, warnt die Expertin. Genauso ist die Nutzung von Intimdeos ihrer Meinung nach nicht ratsam. Denn auch diese Produkte wirken sich schädigend auf das Vaginalmilieu aus.
Symptome einer vaginalen Infektion: Juckreiz, Rötung und Ausfluss
Während die Vaginalflora aus der Balance gerät, treten selten Symptome auf. Erst die daraus resultierende Infektion führt zu Beschwerden und Schmerzen. „Je nachdem, ob ein Pilz in einer geschädigten Vaginalflora wächst oder eine bakterielle Vaginose entsteht, können unterschiedliche Symptome bemerkt werden“, erklärt Dr. Bach. „Beim Pilz ist das erste Zeichen ein bröckeliger Ausfluss. Möglich sind auch Juckreiz, vielleicht eine Rötung im Bereich von Vulva und Vagina oder auch ein Brennen. In aller Regel riecht der Ausfluss bei einer Pilzinfektion nicht anders als sonst. Hingegen ist er bei einer bakteriellen Vaginose häufig grünlich und kann fischähnlich riechen. Auch hier ist ein Brennen als Symptom möglich, weniger aber ein Juckreiz. Weiter können bei einer Vaginose Rötungen, vielleicht sogar Schmerzen sowie Schwellungen auftreten.“
Frauen, die häufig unter Pilzinfektionen leiden, können in der Apotheke Präparate ohne Rezept erhalten. „Dabei sorgen Cremes oder Vaginalovula (Zäpfchen) oder auch die Kombination aus einer Creme und Ovulum, über mehrere Tage eingesetzt, schnell für Linderung“, weiß Dr. Bach. Im Zweifelsfall rät sie aber immer dazu, eine Gynäkologin oder einen Gynäkologen zurate zu ziehen – vor allem auch, wenn die Cremes und Zäpfchen nicht wirken.
Mit Probiotikum die Vaginalflora aufbauen
Oft kann eine Antibiotikatherapie, zum Beispiel gegen einen bakteriellen Infekt in der Lunge, die Vaginalflora ruinieren. Denn leider unterscheidet ein Antibiotikum nicht zwischen guten und schlechten Bakterien im Körper. Unter der Therapie leiden dann nicht nur die Bakterien in der Lunge, sondern auch die Laktobazillen der Vaginalflora. „Deshalb kann es sinnvoll sein, nach einer Antibiotikatherapie nicht zu warten, bis eine vaginale Infektion eintritt, sondern direkt mit einem Probiotikum die Vaginalflora wieder aufzubauen und zu unterstützen“, rät die Expertin.
Ein Probiotikum kann in Form von Kapseln entweder oral oder vaginal eingenommen werden. „Da gibt es einige Präparate, die man sich in der Apotheke besorgen kann“, laut Bach. „Was jedoch nicht hilfreich ist, ist dieser viel zitierte Joghurt getränkte Tampon. Denn die Joghurtkulturen haben so ganz und gar nichts mit unseren Laktobazillen in der Vagina zu tun. Das kann man sich also getrost sparen.“
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Lebensstil und Ernährung
Bedauerlicherweise ist die Datenlage zum Thema Ernährung als Unterstützung der Vaginalflora noch recht dünn. Laut Dr. Bach ist eine ausgewogene, antientzündliche, stressreduzierende Ernährung nach dem Motto: Am besten bunt essen allgemein zu empfehlen. Dabei spielen komplexe Ballaststoffe aus frischem Gemüse und Obst sowie Nüsse und Vollkornprodukte eine große Rolle und sollten täglich auf dem Speiseplan stehen. Essen Sie regelmäßig auch eine Handvoll Beeren, die mit Antioxidantien freie Radikale im Körper eliminieren und das Immunsystem stärken.
Dr. Bach verweist weiter auf die Mittelmeerkost, „die natürlich dem ganzen Körper zugutekommt und vor allem auch auf Zellebene Stress reduziert. Und wir wissen, dass auch ein erhöhtes Stresslevel sich schädigend auf die Vaginalflora auswirken und vaginale Infekte sowie Blasenentzündungen begünstigen kann. Denn die Vaginalflora schützt nicht nur die Vagina selbst vor aufsteigenden Infekten, sondern auch vor Infekten der Blase, die ja über die Harnröhre auch erst die Vagina passieren. Das heißt, eine gute Abwehrlage im Bereich der Vagina und am Introitus der Harnröhre bedeuten auch einen guten Schutz vor Blasenentzündungen.“