7. November 2024, 17:39 Uhr | Lesezeit: 10 Minuten
Bei Rheuma denken wir zuerst an ältere Menschen. Doch wussten Sie, dass auch schon Teenager darunter leiden können? Meist geht Rheuma mit einem großen Leidensdruck für Betroffene einher, die meisten Patienten sind weiblich. Woher das kommt, welche Symptome auf Rheuma hindeuten können und wie Sie vorbeugen können, lesen Sie hier.
Rheuma steht für eine Vielzahl chronisch-entzündlicher Erkrankungen, die oft Gelenke, Muskeln und sogar innere Organe betreffen können. In Deutschland leben etwa 17 Millionen Menschen mit rheumatischen Beschwerden, darunter Schmerzen, Bewegungseinschränkungen und Erschöpfung. Besonders häufig trifft es Frauen – eine Tatsache, die Forscher seit Jahren beschäftigt und die zu wichtigen Erkenntnissen geführt hat. Hier erfahren Sie von einem Experten, warum Frauen besonders anfällig für Rheuma sind, welche Ursachen und Symptome es gibt und was Sie machen können, um vorzubeugen oder frühzeitig Hilfe zu suchen.
Übersicht
- Was ist Rheuma?
- Was sind die Symptome?
- Bekannteste Arten von Rheuma
- Risikofaktoren für das Entstehen von Rheuma
- Warum sind vor allem Frauen betroffen?
- Verursacht Rheuma bei Frauen stärkere Beschwerden als bei Männern?
- Warum wird Rheuma vor allem bei Frauen oft erst spät erkannt?
- Warum sind auch viele junge Menschen betroffen?
- Symptome frühzeitig erkennen
- Behandlung
- So können Sie vorbeugen
- Die mitunter beste Vorsorge ist eine antientzündliche Ernährungsweise
Was ist Rheuma?
„Rheuma umfasst viele Krankheitsbilder, die das Binde- und Stützgewebe des Körpers betreffen und chronische Schmerzen verursachen“, weiß Prof Dr. Hartmut Göbel, Chefarzt in der Schmerzklinik Kiel. „Dabei ist Rheuma keine einheitliche Erkrankung, sondern eine Sammelbezeichnung für über 100 verschiedene Krankheitsformen, zu denen als bekannteste Erkrankungen rheumatoide Arthritis, Arthrose, Gicht und Morbus Bechterew zu nennen sind. Die Erkrankung kann in Schüben verlaufen und ist oft fortschreitend. Dabei schränkt Rheuma die Lebensqualität der Betroffenen erheblich ein und selbst alltägliche Aufgaben können zu einer großen Herausforderung werden, weshalb die Betroffenen oftmals nicht nur körperlich, sondern auch emotional leiden.“
Was sind die Symptome?
Die Symptome von Rheuma sind vielseitig und können je nach Erkrankungsform stark variieren. Typische Anzeichen sind Gelenkschmerzen, Schwellungen, Steifheit und Rötungen, oft begleitet von Erschöpfung und allgemeinem Unwohlsein. Oftmals treten die Schmerzen verstärkt in den Morgenstunden auf und klingen im Laufe des Tages etwas ab. Auch eine dauerhafte Erschöpfung und Müdigkeit sind typische Begleiterscheinungen einer rheumatischen Erkrankung. In schweren Fällen kann Rheuma auch die Organe wie zum Beispiel das Herz oder die Lunge beeinträchtigen. Wichtig ist, bei diesen Symptomen nicht zu zögern und frühzeitig ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Bekannteste Arten von Rheuma
Die bekannteste Form ist die rheumatoide Arthritis, die durch eine Autoimmunreaktion ausgelöst wird und bei der das Immunsystem körpereigenes Gewebe angreift. Sie verursacht Gelenkschmerzen, Entzündungen und Verformungen, von denen oft die Hände und Füße betroffen sind.
Weitere Arten sind Morbus Bechterew, eine entzündliche Erkrankung der Wirbelsäule sowie Fibromyalgie, die vor allem durch Muskelschmerzen geprägt ist und Gicht, bei der Harnsäurekristalle in den Gelenken eingelagert werden. Besonders Frauen im mittleren Alter sind gefährdet, an rheumatoider Arthritis und Fibromyalgie zu erkranken, während Männer häufiger an Gicht leiden.
Risikofaktoren für das Entstehen von Rheuma
Natürlicher Alterungsprozess
Das Risiko für rheumatische Erkrankungen steigt mit zunehmendem Alter aufgrund des natürlichen Alterungsprozesses des Körpers und dem Verschleiß des Bewegungsapparates. Durch die jahrelange Beanspruchung nutzen sich die Gelenke ab und der Knorpel, der als eine Art Stoßdämpfer zwischen den Knochen dient, wird dünner und verliert an Elastizität. Dieser Knorpelverschleiß führt oft zu Arthrose, einer der häufigsten Formen rheumatischer Erkrankungen.
Mit dem Alter sinkt auch die Knochendichte, wodurch sich das Risiko für Erkrankungen wie Osteoporose erhöht und die Gelenke auch anfälliger für Belastungen macht. Dies kann zu entzündlichen Prozessen führen, die rheumatische Beschwerden verstärken.
Das Immunsystem verändert sich ebenfalls mit dem Alter und wird oft weniger effektiv, wodurch der Körper anfälliger für Entzündungen wird. In einigen Fällen kann das Immunsystem sogar beginnen, körpereigenes Gewebe anzugreifen, was zur Entstehung von Autoimmunerkrankungen wie der rheumatoiden Arthritis beiträgt.
Genetik
Eine familiäre Vorbelastung kann das Risiko für eine rheumatische Erkrankung erhöhen. Bestimmte Genvarianten beeinflussen das Immunsystem und die entzündlichen Prozesse im Körper, was dazu führen kann, dass das Immunsystem körpereigenes Gewebe angreift und Entzündungen auslöst. Das Vorhandensein einer genetischen Prädisposition bedeutet jedoch nicht zwangsläufig, dass eine Person die Krankheit entwickeln wird; es erhöht lediglich das Risiko, besonders wenn weitere Risikofaktoren hinzukommen. Häufig tritt die Erkrankung erst mit den Jahren auf, da bestimmte Gene, die die Entzündungen beeinflussen, oft erst im höheren Alter aktiv werden.
Lebensstil
Rauchen, eine ungesunde Ernährung und Bewegungsmangel, tragen ebenfalls zur Entstehung von chronischen Entzündungen bei. Langfristig schwächen diese Faktoren das Gewebe und fördern rheumatische Erkrankungen.
Geschlecht
„Besonders bemerkenswert ist der Einfluss des Geschlechts: Frauen sind etwa zwei- bis dreimal häufiger von rheumatischen Erkrankungen betroffen als Männer. Bei bestimmten Formen, wie der rheumatoiden Arthritis, liegt das Verhältnis sogar bei etwa 3:1. Besonders bei Autoimmunerkrankungen, die häufig die Gelenke betreffen, sind Frauen überproportional betroffen“, so Prof. Dr. Göbel.
Warum sind vor allem Frauen betroffen?
Ein Grund dafür, dass Frauen häufiger an Rheuma leiden, sind die Hormone. Vor allem die Menopause ist daher ein kritischer Zeitraum für Frauen, da der Rückgang des Hormons Östrogen, das entzündungshemmend wirkt, die Entzündungsbereitschaft im Körper erhöhen und das Risiko für Autoimmunerkrankungen fördern kann. Man vermutet auch, dass der weibliche Körper allgemein empfindlicher auf Autoimmunprozesse reagiert. Zudem treten genetische Prädispositionen, die das Immunsystem betreffen, verstärkt bei Frauen auf.
Verursacht Rheuma bei Frauen stärkere Beschwerden als bei Männern?
Frauen empfinden rheumatische Schmerzen oft intensiver und leiden stärker unter der Erschöpfung. Das könnte daran liegen, dass Frauen eine höhere Schmerzempfindlichkeit haben und Entzündungsprozesse bei ihnen anders ablaufen als bei Männern. Auch psychische Belastungen, die mit Rheuma einhergehen, werden von Frauen oft intensiver wahrgenommen. Dass Frauen allgemein unter stärkeren Beschwerden leiden, ist nicht wissenschaftlich belegt.
Warum wird Rheuma vor allem bei Frauen oft erst spät erkannt?
Die Symptome von Rheuma sind vielseitig und können auf den ersten Blick harmlos wirken. Gerade bei Frauen werden die Beschwerden oft mit anderen hormonellen Veränderungen verwechselt, wie z. B. den Symptomen der Menopause oder allgemeiner Erschöpfung durch den Alltag. Diese Fehldeutungen führen dazu, dass Frauen oft erst spät eine Diagnose erhalten, obwohl eine frühzeitige Erkennung entscheidend ist, um die Krankheit effektiv zu behandeln und Folgeschäden zu verhindern.
Warum sind auch viele junge Menschen betroffen?
Rheuma wird häufig mit dem Alter in Verbindung gebracht, doch tatsächlich leiden auch bereits viele junge Menschen unter der Erkrankung. Vor allem die rheumatoide Arthritis kann bereits im jungen Erwachsenenalter auftreten. Bei Frauen kommen noch Faktoren wie hormonelle Umstellungen durch Schwangerschaft oder Menstruation hinzu, die den Ausbruch der Erkrankung begünstigen können.
Symptome frühzeitig erkennen
Achten Sie auf frühe Warnzeichen wie Gelenkschmerzen, vor allem wenn sie in Ruhephasen auftreten oder morgens stärker sind. Auch Schwellungen und eine eingeschränkte Beweglichkeit einzelner Körperpartien sollten ernst genommen werden. Tritt Müdigkeit auf, die sich auch durch Schlaf nicht vertreiben lässt, oder spüren Sie eine allgemeine Steifheit im Körper, sollten Sie einen Arzt konsultieren. Eine frühzeitige Diagnose ermöglicht es, rechtzeitig mit der Behandlung zu beginnen und den Krankheitsverlauf positiv zu beeinflussen.
Behandlung
Die Behandlung von Rheuma erfolgt meist medikamentös. Gezielte Basistherapien sollen die Entzündungen langfristig kontrollieren und die Symptome lindern. Daneben sind auch physiotherapeutische Maßnahmen wichtig, um die Beweglichkeit zu erhalten und die Muskulatur zu stärken. Neben der ärztlichen Behandlung können Sie auch selbst einiges tun, was bereits als Vorbeugemaßnahme empfohlen wird.
So können Sie vorbeugen
Bewegung und Sport
Regelmäßige körperliche Aktivität stärkt die Muskulatur, fördert die Beweglichkeit und verbessert die Gelenkgesundheit. Empfohlen werden gelenkschonende Aktivitäten wie Radfahren, Schwimmen, Yoga oder Pilates, Krafttraining zur Stabilisierung der Gelenke sowie Dehnübungen, um die Flexibilität zu erhalten.
Gewichtskontrolle
Übergewicht belastet die Gelenke, insbesondere die Knie, Hüften und Wirbelsäule, und kann das Risiko für Gelenkerkrankungen wie Arthrose erhöhen. Eine ausgewogene Ernährung und regelmäßige Bewegung helfen, ein gesundes Gewicht zu halten.
Stressbewältigung
Chronischer Stress kann entzündliche Prozesse im Körper verstärken und das Immunsystem schwächen. Techniken zur Stressreduktion helfen, wie Meditation, Atemübungen, Achtsamkeit oder progressive Muskelentspannung sowie soziale Aktivitäten und ausreichend Schlaf.
Kein Nikotin und Alkohol
Rauchen und übermäßiger Alkoholkonsum können das Risiko für entzündliche Erkrankungen wie rheumatoide Arthritis erhöhen.
Ergonomie
Eine gute Körperhaltung und ergonomisch gestaltete Arbeitsplätze können helfen, Überlastungen der Gelenke zu vermeiden. Zudem sollten lange Sitzphasen durch Bewegungspausen unterbrochen werden.
Regelmäßige Check-ups
Besonders Menschen mit familiärer Veranlagung für rheumatische Erkrankungen sollten regelmäßige Gesundheitsuntersuchungen wahrnehmen, um frühe Anzeichen zu erkennen und rechtzeitig zu handeln.
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Die mitunter beste Vorsorge ist eine antientzündliche Ernährungsweise
Wie in so vielen Fällen spielt neben der Bewegung oder dem Verzicht auf Alkohol und Zigaretten auch die Ernährung eine wichtige Rolle in der Vorbeugung von Rheuma. Diese sollte ausgewogen sein und überwiegend aus antientzündlichen Inhaltsstoffen bestehen. Folgende Stoffe sollten Sie also häufig in Ihrem Essen haben:
Omega-3-Fettsäuren
Diese Fettsäuren wirken entzündungshemmend und können rheumatische Schmerzen lindern. Sie finden sich in fettem Fisch wie Lachs, Makrele und Hering sowie in Leinöl, Chiasamen und Walnüssen.
Ungesättigte Fette
Gesunde, ungesättigte Fette wie Olivenöl und Avocados fördern eine antientzündliche Ernährung und sollten gesättigte Fette wie Butter und fettreiche Milchprodukte vorgezogen werden.
Vollkornprodukte
Vollkornprodukte wie Haferflocken, Vollkornbrot und Quinoa enthalten Ballaststoffe, die Entzündungen reduzieren können und gleichzeitig den Blutzucker stabil halten.
Antioxidantien
Obst und Gemüse sind reich an Antioxidantien wie Vitamin C, E und Beta-Carotin, die Entzündungen im Körper reduzieren können. Besonders Beeren, Zitrusfrüchte, Paprika, Spinat und Karotten sind hierfür empfehlenswert.
Gewürze
Kurkuma und Ingwer besitzen natürliche entzündungshemmende Eigenschaften und können in der täglichen Ernährung als Gewürz oder Tee konsumiert werden.
Vitamin-D-reiche Lebensmittel
Vitamin D spielt eine wichtige Rolle für die Knochengesundheit und das Immunsystem. Fettreiche Fischsorten, Eier und Pilze sind gute Vitamin-D-Quellen. Auch regelmäßiger Aufenthalt im Sonnenlicht kann helfen, den Vitamin-D-Bedarf zu decken.
Pflanzliche Proteine
Pflanzliche Proteine wie Hülsenfrüchte, unter anderem Linsen oder Bohnen sowie Nüsse fördern die Gesundheit, ohne entzündliche Prozesse zu verstärken, wie es zum Beispiel bei rotem Fleisch der Fall sein kann.
Finger weg von Zucker, rotem Fleisch und verarbeiteten Lebensmitteln
Zucker, rotes Fleisch und stark verarbeitete Lebensmittel können Entzündungen verstärken und den Krankheitsverlauf negativ beeinflussen. Bevorzugen Sie stattdessen immer natürliche, frische Lebensmittel.