16. April 2022, 18:04 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Klitorishypertrophie lautet der medizinische Fachbegriff, wenn die Klitoris vergrößert ist. Doch welche Maße sind überhaupt normal – und was nicht? Was steckt dahinter und wann kann eine Operation notwendig sein? STYLEBOOK hat bei einer Gynäkologin nachgefragt.
Viele halten den Kitzler, wie das Lustorgan der Frau umgangssprachlich auch genannt wird, für die Klitoris. Dabei ist das, was man sieht, nur ein kleiner Teil der Klitoris. „Im Internet liest man oft, dass die Klitoris erbsengroß ist. Das ist aber falsch“, erklärt Dr. med. Mandy Mangler, Chefärztin für Gynäkologie und Geburtsmedizin am Berliner Vivantes Auguste-Viktoria-Klinikum. Stattdessen ist die Klitoris rund elf Zentimeter groß. „Sie besteht aus dem sichtbaren Körper und inneren Schwellkörpern, die hinter den Vulvalippen liegen“, erklärt die Gynäkologin. „Bei Frauen mit Klitorishypertrophie ist der Klitoriskörper deutlich länger und größer.“
Übersicht
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Was ist Klitorishypertrophie?
Hypertrophie bedeutet zunächst nichts anderes als „zu viel Gewebe“. „Es lässt sich nicht genau sagen, ab wann eine Klitoris hypertroph ist“, sagt die Gynäkologin. Vielmehr habe das mit dem subjektiven Empfinden der betroffenen Frau zu tun.
Wie wirkt sich eine Klitorishypertrophie aus?
Sorgt eine vergrößerte Klitoris für mehr oder weniger Lustgefühle? „Zu den Auswirkungen von Klitorishypertrophie gibt es extrem wenige Untersuchungen“, sagt Dr. med. Mandy Mangler. „Frauen mit vergrößertem Klitoriskörper können aber genauso Orgasmen haben wie andere auch. Auf die Qualität der Sexualität hat es also keinen Einfluss. Viele Frauen schämen sich aber dafür, anders zu sein.“ Das kann stark belasten und zu Depressionen führen.
Ursachen für Klitorishypertrophie
Klitorishypertrophie kann durch das adrenogenitale Syndrom (AGS) ausgelöst werden. „Die Nebennierenrinde funktioniert nicht richtig und es kommt zu einem Überschuss an männlichen Hormonen“, erklärt Dr. med. Mandy Mangler. „Frauen mit AGS haben Vermännlichungserscheinungen, wie zum Beispiel einen größeren Klitoriskörper. Babys können damit bereits zur Welt kommen. Bei ihnen sieht der Klitoriskörper dann aus wie ein kleiner Penis.“ Das seltene AGS behandelt man mit einer Hormon-Ersatztherapie.
Eine weitere mögliche Ursache für die Klitorishypertrophie ist das polyzystische Ovarialsyndrom (PCOS), eine der häufigsten Hormonstörungen bei Frauen im gebärfähigen Alter. Auch hier kommt es zu einem Zuviel an männlichen Geschlechtshormonen. „Normalerweise wächst die Klitoris in diesem Fall aber nicht ganz so stark wie beim AGS“, erklärt die Gynäkologin.
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Wie sinnvoll kann eine Operation sein?
Übergroße Klitoriskörper können operativ korrigiert werden. Die Gynäkologin sieht das jedoch skeptisch. „Früher wurden Babys mit Klitorishypertrophie oft direkt operiert“, erzählt Mangler. „Für mich kommt das einer Verstümmelung gleich. Meiner Meinung nach sollte die betroffene Person darüber selbst entscheiden.“
Wenn der Leidensdruck groß ist, kann eine Operation dennoch eine Option sein. Die Ärztin rät, den Eingriff dann von Gynäkologen vornehmen zu lassen. „Sie kennen sich mit der Funktionalität der Vulva am besten aus“, so Mangler. „Die Operation dauert auch nicht lange. Jede Operation birgt aber natürlich Risiken. Es besteht immer die Gefahr, dass man das Gefühl an der Klitoris verliert.“
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Die Kosten für den Eingriff übernehmen in der Regel die Krankenkassen. Operiert ein plastischer Chirurg, sollte man das vorher mit seiner Krankenkasse abklären. „Besteht der Verdacht, dass es sich um einen rein ästhetischen Eingriff handelt, verweigern manchmal die Krankenkassen die Kostenübernahme“, weiß die Gynäkologin.