18. Dezember 2021, 18:04 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Die Corona-Pandemie stellt unser aller Leben auf den Kopf, hat großen Einfluss auf Physis und Psyche. Eine Studie aus Irland dokumentiert jetzt gravierende Auswirkungen auf den weiblichen Zyklus und die Libido. STYLEBOOK sprach mit einer Expertin über die neuen Erkenntnisse.
Wissenschaftler des Trinity College in Dublin sprachen im April 2021 mit 1300 Frauen über ihr allgemeines Befinden. Dabei ging es unter anderem um ihren Schlaf, um Ängste und wie die Befragten mit der Pandemie an sich zurechtkommen. Ein zentrales Learning: Die Corona-Krise belastet viele Frauen psychisch und körperlich extrem.
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Die Libido leidet unter der Pandemie
54 Prozent der Befragten gaben an, dass sie seit Ausbruch der Pandemie weniger Lust auf Sex haben. Dr. med. Mandy Mangler, Chefärztin für Gynäkologie und Geburtsmedizin am Berliner Vivantes Auguste-Viktoria-Klinikum, fühlt sich damit in ihren eigenen Beobachtungen bestätigt. „Es wird weniger Notfall-Kontrazeption konsumiert“, weiß Mangler. Frauen greifen also seltener zur Pille danach. „Sie haben offenbar weniger Sex, zumindest weniger risikobehafteten Sex“, schlussfolgert die Gynäkologin.
Die Forscher des Dubliner Trinity College glauben, dass der Libido-Verlust mit dem veränderten Lebensstil zu tun hat. Durch das Arbeiten zu Hause fallen Freiräume weg, ständig ist der Partner vor Ort. Hinzu kommen wirtschaftliche Sorgen und Schwierigkeiten bei der Kinderbetreuung. Außerdem scheint sich das ganze Leben nur noch um die Pandemie zu drehen, was in der Kombination zu einem hohen Stresspegel führen kann. In der Folge wird Cortisol ausgeschüttet, wobei ein Zuviel des Hormons den Körper in einen Dauer-Panik-Zustand versetzt – und das kann sich negativ auf die Libido auswirken. Denn: Wer sich permanent gestresst fühlt, dem steht nicht der Sinn nach Sex.
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„Das ist eine ausgezeichnete Studie einer renommierten Universität“, kommentiert Dr. med. Mandy Mangler. „Ich finde es einleuchtend, dass die Pandemie und alles, was mit ihr einhergeht, Auswirkungen auf die Libido hat. Es ist nachvollziehbar, dass der Stress und damit auch der Cortisol-Spiegel im Zuge der Pandemie angestiegen ist.“ Die Fachärztin beobachtet mit Sorge, dass sich viele Frauen weniger bewegen als vor der Pandemie. Durch Sport könne Stress und Cortisol nämlich abgebaut werden.
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Die Pandemie verstärkt das PMS
64 Prozent der Studienteilnehmerinnen gaben an, dass ihr prämenstruelles Syndrom (PMS) deutlich ausgeprägter sei als vor der Pandemie. Sie würden unter anderem an größeren Stimmungsschwankungen und schmerzhaften Krämpfen leiden. Die Forscher führen das auf die Pandemie und den damit verbundenem psychischen Stress und schlechten Schlaf zurück. „Frühere Studien haben bereits belegt, dass die Pandemie Auswirkungen auf die Psyche hat und psychiatrische Erkrankungen auslösen oder verstärken kann“, weiß Dr. med. Mandy Mangler. „Leider schenkt man diesen Folgen nach wie vor viel zu wenig Beachtung. Ein stärkeres PMS ist meines Erachtens eine Projektion dieser ganzen Situation: Es geht einem an sich nicht gut, also auch nicht im PMS.“
Der Rat der Forscher und auch der Gynäkologin lautet: Wer zunehmend die Lust am Sex verliert und Probleme mit seinem Zyklus hat, sollte sich nicht scheuen, zum Arzt zu gehen und offen darüber zu sprechen.
Quelle:
www.forbes.com