20. Juli 2023, 17:42 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Am 20. Juli startet die 9. Fußball-Weltmeisterschaft der Frauen in Australien und Neuseeland. Mit von der Partie ist auch die deutsche Frauen-Nationalmannschaft. Vorab sprach STYLEBOOK mit drei Spielerinnen über das Thema Menstruation im Profi-Sport.
Wussten Sie, dass es 1955 in Deutschland sogar ein Frauenfußball-Verbot in Vereinen gab? Mittlerweile hat sich das glücklicherweise gewandelt und Frauenfußball hat sich zu einem beliebten Sport entwickelt. Nicht zuletzt aufgrund der großen Erfolge der Frauenmannschaft des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), die in wenigen Tagen bei der Fußball-WM um den Meistertitel spielen werden. Aber was, wenn eine der DFB-Spielerinnen vor so einem wichtigen Turnier mit Periodenschmerzen zu kämpfen hat?
Übersicht
Ist die Periode beim DFB ein Thema?
Viele Frauen leiden vor und während der Periode unter verschiedenen Beschwerden, neben starken Unterleibsschmerzen können es Abgeschlagenheit, Übelkeit oder auch massive Stimmungsschwankungen sein. Oftmals sehnen wir uns dann nach einem gemütlichen Tag auf dem Sofa, mit einem Tee und ganz viel Ruhe. Auch Profi-Sportlerinnen ergeht es da nicht anders, doch wenn ein wichtiges Spiel oder gar Turnier ansteht, ist an eine Auszeit wohl kaum zu denken.
STYLEBOOK sprach mit den DFB-Spielerinnen Sara Doorsoun und Tabea Sellner über das Thema, denn passenderweise ist die Tampon-Marke o.b. offizieller Sponsor der Deutschen Frauen-Nationalmannschaft. „Leider ist es so, dass in den letzten Jahren schon größere Schmerzen während der Periode dazu gekommen sind, aber immer nur am ersten Tag. Man fühlt sich schwammiger, nicht alles ist ganz so fest“, berichtet Sara Doorsoun von ihren Erfahrungen. Auch Sara würde an solchen Tagen lieber das Bett hüten, doch das ist natürlich nicht immer möglich. Glücklicherweise kann sie mit dem gesamten DFB-Team offen über das Thema sprechen. „Wenn ich merke, ich kann heute nicht meine Leistung bringen, dann ist es auch etwas, das ich offen ansprechen kann“, so die 31-Jährige.
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Periode war früher ein Tabu-Thema
Das war nicht immer so! „Ich kann mich erinnern, als ich jünger war, war mir das immer total unangenehm, über meine Periode zu sprechen. Mittlerweile ist es kein Tabu-Thema mehr, es ist etwas, worüber gesprochen wird. Ich selbst fühle mich mit dem Thema wohler, aber es wird auch ganz anders behandelt, als noch vor ein paar Jahren“, erinnert sich die Sportlerin zurück. Und Tabea Sellner ergänzt: „Ich glaube aber, dass viele immer noch nicht wissen, dass die Periode auch Einflüsse auf den Leistungssport hat und generell auf den Körper.“
Dieser Meinung ist auch Elke Kurscheid, Head of o.b. Central Europe. „Gerade im Gespräch mit Jüngeren stellen wir fest, dass viele noch gar nicht wissen, wie sich ihre Periode auf ihr Gemüt, ihre Leistungsbereitschaft etc. auswirkt“, sagt sie im STYLEBOOK-Interview. Daher sei das Sponsoring auch so wichtig, um die Thematik aus der verbotenen Ecke zu holen und zu dem zu machen, was es ist: ganz natürlich. „Das Thema muss so natürlich sein, wie darüber zu reden, was man am Wochenende gemacht hat. Zum einen ist das wichtig, um das Thema zu normalisieren, zum anderen aber auch, um eine bessere Wissenslage zu schaffen. Frauen sollen so viel Information zu dem Thema bekommen, um dann die beste Entscheidung für sich selbst zu treffen. Denn wir wissen, die kann extrem individuell sein“, so Kurscheid.
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Leistungsabfragen des DFB beinhalten auch die Periode
Um auf das Thema Periode aufmerksam zu machen, hat sich beim DFB inzwischen einiges getan. So werden die Menschen auch im Stadion auf die Menstruation aufmerksam gemacht. „Beim letzten Spiel der DFB-Frauen hatten wir einen Stand am Stadion“, erklärt Kurscheid. Das sei wichtig, um die Menschen dort abzuholen, wo sie sind und eine ungezwungene Kommunikation möglich zu machen, auch wenn es bis dahin noch ein längerer Weg sein wird. „Da war es einigen Menschen ganz unangenehm, wenn man sie angesprochen hat. Auch wenn es viele Väter gab, die als Pioniere ganz offen vorangeschritten sind, was sehr schön war, ist es vielen immer noch unangenehm. Wenn man dann ganz natürlich darüber redet, werden diese alten Verhaltensmuster aufgebrochen und es wird immer natürlicher.“
Dafür setzen sich auch die DFB-Frauen mit Elan ein, verrät Kurscheid: „Da das Thema sehr persönlich ist, wurden auch die Spielerinnen früh gefragt, ob sie einverstanden sind und was ich sehr schön fand, dass viele gesagt haben, ja, die Zeit ist reif, wir müssen dazu etwas machen.“
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Doch nicht nur für die Zuschauenden im Stadion gibt es Neuerungen, auch für die Spielerinnen gibt es seit rund anderthalb Jahren vor jedem Training oder Spiel eine Neuerung. „Es gibt morgens eine Belastungsabfrage, in der unter anderem abgefragt wird, ob wir unsere Tage haben und ob wir uns dadurch in der Leistung eingeschränkt fühlen. Im Austausch wird dann geschaut, wie die Trainingsbelastung gesteuert wird“, berichtet Doorsoun. Sollte es so sein, nehme man zu „100 Prozent Rücksicht“ auf die Spielerinnen. Gemeinsam mit Trainern und Physiotherapeuten wird dann entschieden, was das beste für die Spielerin und das gesamte Team ist.
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Während der Periode verletzungsanfälliger?
Neben Schmerzen und einem allgemeinen Unwohlsein spielen auch eine verminderte Leistungsfähigkeit und eine erhöhte Verletzungsgefahr während der Periode eine Rolle. Gerade Letzteres ist seit einiger Zeit vermehrt Inhalt diverser Studien. So sollen gerade in der ersten Zyklushälfte deutlich mehr Kreuzbandrisse auftreten als in der postovulatorischen Phase. Erklärt wird das durch Östrogen, das in der ersten Zyklushälfte gebildet wird und die Festigkeit von Bänderstrukturen einschränkt. Eine Thematik, die auch die DFB-Frauen bewegt, denn immerhin bedeuten Verletzungen wie Kreuzbandrisse meist wochenlanges Pausieren.
„Schon vor einigen Jahren bin ich auf dieses Thema gestoßen, denn wir fragen uns häufig: ‚Warum haben Frauen mehr Kreuzbandrisse, als Männer?‘ Dann habe ich mich mit jemanden ausgetauscht und er hat mir erzählt, dass es in den USA einige Studien dazu gibt, in was für einem Zusammenhang die Periode mit Kreuzbandrissen steht“, berichtet Doorsoun. Umso wichtiger sind die täglichen Leistungsabfragen, um vorausschauend gegen Verletzungen vorzugehen.
Quelle
- Effects of the Menstrual Cycle on Anterior Cruciate Ligament Injury Risk: A Systematic Review, Hewett TE, Zazulak BT, Myer GD