19. August 2024, 17:28 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Lang musste für Periodenhygieneprodukte der Luxussteuersatz von 19 Prozent bezahlt werden. Dagegen gingen Zehntausende mit Petitionen und Aufrufen vor – mit Erfolg! Seit Anfang 2020 werden Tampons und Binden noch mit sieben Prozent besteuert. Nun hat jedoch eine Studie herausgefunden, dass die Steuersenkung nicht unbedingt mit Einsparungen für Frauen einhergeht – ganz im Gegenteil.
Die Senkung der Steuer auf Tampons und Binden von 19 auf sieben Prozent im Jahr 2020 sollte ein Durchbruch für die Gleichberechtigung sein. Nach langem Kampf, öffentlichem Druck und mehreren Petitionen mit Zehntausenden Unterzeichnenden wurde die steuerliche Diskriminierung von Frauen beim Kauf von Hygieneartikeln angegangen. Doch was zunächst nach einem klaren Sieg für die Verbraucherinnen aussah, erwies sich in der Praxis letztlich als Täuschung. Das stellte eine Studie des ifo Institut heraus.
Übersicht
Weniger Steuer für Tampons und Binden, dafür Preiserhöhung bei Slipeinlagen
Immerhin: „Die Mehrwertsteuersenkung für Binden und Tampons wurde zu 100 Prozent an die Verbraucherinnen weitergegeben“, erklärte Pascal Zamorski vom ifo Institut. Das sei selten, erklärt er. „Der öffentliche Druck durch Petitionen und eine intensive Medienberichterstattung könnten dazu beigetragen haben.“ Das bedeutet, Frauen sparen beim Kauf von Tampons und Binden tatsächlich. Dafür sieht die Sache bei Slipeinlagen ganz anders aus.
Slipeinlagen waren nämlich von der Steuersenkung ausgenommen worden, mit der Begründung, dass diese nicht nur zur Menstruation genutzt würden. Stattdessen nutzten allerdings die Unternehmen die Möglichkeit aus – und erhöhten die Preise von Slipeinlagen um rund 10 Prozent.
Unternehmen schlagen Profit aus Frauen
Warum ist das problematisch? Etwa ein Drittel der Frauen, die regelmäßig Tampons und Binden kaufen, greifen auch zu Slipeinlagen. Diese Frauen haben durch die Preiserhöhungen einen Teil ihrer Ersparnis wieder verloren. Noch gravierender ist es für jene, die hauptsächlich Slipeinlagen nutzen – sie zahlen nun mehr, ohne von der Steuerreform zu profitieren. Florian Neumeier vom ifo Institut bringt es auf den Punkt: „Frauen, die hauptsächlich Slipeinlagen kaufen, wurden durch die Mehrwertsteuerreform sogar belastet.“
Damit ist die vermeintliche Verbesserung der finanziellen Belastung für Menstruierende nicht nur hinfällig, sogar das Gegenteil ist eingetreten. Dafür nutzen andere die Steuersenkung zu ihrem Vorteil, wie Zamorski betont: „Abseits der öffentlichen Aufmerksamkeit haben Unternehmen aus einer politischen Maßnahme Profit geschlagen, die Verbraucherinnen hätte entlasten sollen.“
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Erklärung der Drogeriemärkte steht noch aus
Am Ende bleibt nichts als ein fader Beigeschmack. Und – wie in vielen Fällen, die die „Pink Tax“ betreffen, wie kürzlich mit Buscopan – das Gefühl, getäuscht worden zu sein. STYLEBOOK fragte bei großen Drogeriemarktketten nach. Wie kommen die Preiserhöhungen zustande? Sind zukünftig finanzielle Entlastungen geplant?
Der Pressesprecher von Rossmann sagte: „Als Händler hat ROSSMANN 2020 die Mehrwertsteuersenkung auf Slipeinlagen, Binden und Tampons entsprechend verarbeitet.“ Doch es folgten weitere Anpassungen: „Gleichzeitig zogen in den letzten Jahren jedoch die Rohstoffpreise an – gerade im Papier und Zellstoffbereich gab es massive Preiserhöhungen. Dementsprechend haben sich auch die Produktpreise – trotz Mehrwertsteuersenkung – nach oben entwickelt, sowohl bei Industrie- als auch Eigenmarke.“ Dazu, wie sich die Preise entwickeln werden, könne momentan keine Aussage getroffen werden.
Ähnlich klingt auch das, was uns dm-Sprecher Marcel Rieser mitteilt: „Unser Anspruch bei dm ist es, eine zuverlässige und nachvollziehbare Preisgestaltung zu gewährleisten. Preiserhöhungen sind bei dm stets das letzte Mittel, wenn alle Handlungsalternativen ausgeschöpft sind. Ursachen sind die Rohstoffpreisentwicklung, höhere Herstell- oder Lagerkosten oder auch höhere Kosten für Transport, Logistik und Energie.“
Um die Preissteigerungen gering zu halten, stünde der Drogeriemarkt „regelmäßig im Austausch mit unseren Partnern aus der Herstellerindustrie, um die besten Lösungen für unsere Kundinnen und Kunden zu finden und Preiserhöhungen nach Möglichkeit zu verhindern.“ Weiterhin betont Rieser, dass sich dm für eine transparente Preisgestaltung einsetze: „Grundsätzlich setzen wir seit 1994 auf den günstigen dm-Dauerpreis, der mindestens vier Monate gültig ist. Dies kommunizieren wir transparent für jedes Produkt, indem wir das individuelle ‚Nicht erhöht seit‘-Datum direkt am Regal und im Onlineshop angeben. Seit 1997 weisen wir für das gesamte Sortiment Grundpreise direkt am Preisschild aus, auch das sorgt für Transparenz.“
Übrigens: Rund 20.000 Euro kostet die Menstruation eine Frau in ihrem Leben.