10. April 2022, 19:36 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Ein Orgasmus kann einem Hochgefühle bescheren. Für einige Frauen geht es aber nach dem Höhenflug in ein Tal der Tränen. STYLEBOOK hat darüber mit einer Ärztin gesprochen und erklärt, woran das liegen kann.
Egal, ob man sich nun selbst befriedigt oder Sex hat – der Orgasmus ist für die meisten der krönende Abschluss. Kein anderes Gefühl ist damit zu vergleichen. Die einen fühlen sich ekstatisch und glücklich, auf andere wirkt der Orgasmus befreiend. Unterschiedlich ist auch, was Frauen nach dem Höhepunkt empfinden. Während es einige entspannt, setzt es bei manchen Frauen Energie frei. Andere wiederum fallen in ein tiefes Loch. „Sie fühlen sich nach dem Orgasmus traurig und abgeschlagen“, erklärt Dr. med. Mandy Mangler, Chefärztin für Gynäkologie und Geburtsmedizin am Berliner Vivantes Auguste-Viktoria-Klinikum. Die postkoitale Dysphorie, so der Fachbegriff für diese Gefühlslage, trifft auch Männer.
Übersicht
Wie kommt es zu postkoitaler Dysphorie?
Zur postkoitalen Dysphorie gibt es kaum wissenschaftliche Erkenntnisse. Die Studienlage ist ausgesprochen mau. 2015 wurden 230 australische Studentinnen zu dem Thema befragt.1 Das Ergebnis: 46 Prozent hatten postkoitale Dysphorie mindestens einmal erlebt. Zwei Prozent der Frauen gaben an, ständig oder fast immer nach dem Orgasmus dieser Traurigkeit zu verfallen. Die Ursachen sind genauso wenig erforscht. Es gibt jedoch einige Theorien.
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Was tun, wenn man nach dem Orgasmus weinen muss?
Der Orgasmus heißt nicht umsonst auch Höhepunkt. Viele fühlen sich währenddessen geradezu „high“. „Nach so einem intensiven Glücksgefühl ist es nicht ungewöhnlich, dass einige Frauen danach regelrecht tief fallen“, sagt Dr. med. Mandy Mangler. „Es gibt Studien, die besagen, dass Frauen deswegen nach dem Sex das Kuscheln brauchen.“ Mit körperlicher Nähe nach dem Sex beugt man also der postkoitalen Dysphorie gegebenenfalls vor. Neben dem Kuscheln gibt es aber noch ein weiteres, einfaches Mittel: „Ablenken!“, rät die Gynäkologin. Wer sich nach dem Orgasmus schnell auf etwas anderes konzentriert, verhindert so womöglich den Gefühlsabsturz. Es kann beispielsweise helfen, direkt nach dem Orgasmus zu duschen.
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Mögliche Ursachen für postkoitale Dysphorie
Manchmal äußern sich Gefühle und Ängste in körperlichen Symptomen. Postkoitale Dysphorie kann Ausdruck von ernsten Beziehungsproblemen sein. Ist es wirklich der richtige Partner für mich? Fühle ich mich wohl bei ihm und geliebt, so wie ich bin? „Es kann sich lohnen, mal ganz genau in sich hineinzuhorchen“, sagt Dr. med. Mandy Mangler. „Manchmal liegt es auch nicht am Partner, sondern an der eigenen Sexualität.“ Durch Erziehung oder kulturelle Zwänge können manche Frauen ihre Lust nicht genießen, sondern schämen sich stattdessen dafür. Ein Weg aus dem Tränental kann also sein, sich mit sich selbst und/oder seiner Beziehung auseinanderzusetzen. Eine Psychotherapie kann dabei helfen.
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Möglicher Hinweis auf eine Depression
Bei postkoitaler Dysphorie verschreiben Ärzte normalerweise keine Medikamente. „Es sei denn, sie steht im Zusammenhang mit einer Depression“, so Mangler. „Die Symptome sind sehr ähnlich. Wenn man diese Traurigkeit nicht nur nach dem Orgasmus verspürt, sondern auch in anderen Situationen, sollte man das ärztlich abklären lassen.“ Die postkoitale Dysphorie kann auf eine Depression hinweisen. Bei erfolgreicher Behandlung mit Antidepressiva und/oder Psychotherapie sollte auch die postkoitale Dysphorie abklingen.
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Quellen
–1 National Library of Medicine. Postcoital Dysphoria: Prevalence and Psychologial Correlates, National Library of Medicine
– mit fachlicher Beratung von Dr. med. Mandy Mangler, Chefärztin für Gynäkologie und Geburtsmedizin am Berliner Vivantes Auguste-Viktoria-Klinikum