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Nachgefragt beim Virologen

Corona-Impfung in Schwangerschaft und Stillzeit? Was Experten raten

Schwangere Frau mit Impfpflaster
In vielen Ländern werden Schwangere bereits gegen Corona geimpft, in Deutschland sind es bislang nur wenige Foto: iStock/Lifestyle
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STYLEBOOK Redaktion

15. Juni 2021, 5:02 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten

Sollte ich mich gegen das Coronavirus impfen lassen, wenn ich schwanger bin oder stille? Ist die Impfung gefährlich für mein un- oder neugeborenes Baby? Und darf ich mich eigentlich impfen lassen? Diese und andere Fragen beschäftigen zur Zeit viele schwangere und stillende Frauen. STYLEBOOK versucht, einige davon zu beantworten. Dafür haben wir uns den aktuellen Forschungsstand angeschaut und mit einem Virologen gesprochen.

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Eins vorweg: Ob sich eine schwangere oder stillende Frau gegen Corona impfen lassen möchte, ist ihre ganz eigene und vor allem eine sehr persönliche Entscheidung. Hier fließen sowohl rationale Faktoren wie etwa ihre Gesundheit und Lebensumstände mit ein. Und dann ist da auch noch das gute alte Bauchgefühl. Eine pauschale Ja-oder-Nein-Antwort kann es entsprechend in puncto Schwangerschaft/Stillzeit und Corona-Impfung nicht geben. Wohl aber Überlegungen, die dafür oder dagegen sprechen und vielleicht bei der Entscheidung helfen können.

Schwangerschaft, Stillzeit und Corona-Impfung – das empfiehlt die STIKO

Die Ständige Impfkommission (STIKO) des Robert-Koch-Instituts (RKI) hat kürzlich ihre Empfehlung zur Corona-Impfung in der Schwangerschaft erweitert. Damit habe sie „der freien Entscheidung der Schwangeren für eine Impfung mehr Raum gewährt“, heißt es beim RKI. Die STIKO empfiehlt die generelle Impfung in der Schwangerschaft weiterhin nicht. Gleichzeitig sei eine Impfung in der Schwangerschaft „keine Indikation für einen Schwangerschaftsabbruch“. 

Die aktuelle Empfehlung der STIKO lautet: „Schwangeren mit Vorerkrankungen und einem daraus resultierenden hohen Risiko für eine schwere COVID-19-Erkrankung oder mit einem erhöhten Expositionsrisiko aufgrund ihrer Lebensumstände, kann nach Nutzen-Risiko-Abwägung und nach ausführlicher Aufklärung eine Impfung mit einem mRNA-Impfstoff ab dem 2. Trimenon angeboten werden.“ Außerdem hält die STIKO es für „sehr unwahrscheinlich“, dass die Impfung der stillenden Mutter ein Risiko für den Säugling darstellt.

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Eine generelle Impf-Empfehlung für Schwangere und Stillende will die STIKO jedoch nicht aussprechen. Ihrer Ansicht nach liegen weiter nicht genügend Daten vor, obwohl es inzwischen einige Studien gibt, insbesondere aus den USA. Nach Ansicht der Expert*innen des Robert-Koch-Instituts sind die Ergebnisse aber „keine Erkenntnisse aus kontrollierten Studien zum Einsatz der Covid-19-Impfstoffe in der Schwangerschaft“. (Stand: 12.5.2021)

Gynäkolog*innen sprechen sich klar für Impfung aus

Gleichzeitig verweist die Ständige Impfkommission auf eine gemeinsame Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Perinatale Medizin (DGPM), der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) und der Nationalen Stillkommission (NSK). Darin sprechen sich die Expert*innen ganz klar für die Corona-Impfung in Schwangerschaft und Stillzeit aus. In dem Dokument heißt es: „In informierter partizipativer Entscheidungsfindung und nach Ausschluss allgemeiner Kontraindikationen wird empfohlen, Schwangere priorisiert mit mRNA-basiertem Impfstoff gegen Covid-19 zu impfen.“ Zusätzlich sollten Schwangeren-Kontaktpersonen weiter priorisiert geimpft werden. Außerdem empfehlen die Gynäkolog*innen „stillenden Frauen eine mRNA-basierte Impfung gegen Covid-19 anzubieten und zu ermöglichen.“

Kann die Corona-Impfung dem ungeborenen Baby schaden? Das sagt der Virologe

STYLEBOOK wollte es angesichts dieser unterschiedlichen Ansätze seitens der deutschen Expert*innen genauer wissen und hat bei dem Virologen Prof. Dr. Christian Jassoy nachgefragt, seinerseits Akademischer Leiter des Instituts für Medizinische Mikrobiologie und Virologie am Universitätsklinikum Leipzig AöR. Gegenüber STYLEBOOK sagte er: „Ich weiß, dass es Studien gibt, die einen schwereren [Corona-]Krankheitsverlauf bei der Schwangeren und auch Erkrankungen beim Kind zeigen. Ich orientiere mich jedoch an den Impfempfehlungen der STIKO.“

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Hinsichtlich einer potenziellen Gefahr des mRNA-Impfstoffs für das ungeborene Kind erklärt Jassoy: „Der Impfstoff kann von der Art der Anwendung und dem Wirkmechanismus her wahrscheinlich nicht über die Plazenta auf die Kinder übertragen werden.“ Außerdem spreche für den mRNA-Impfstoff, dass er seltener Fieberreaktionen hervorrufe. Die Vorteile einer Impfung, die Impfreaktionen und Komplikationsrisiken würden seitens der STIKO aktuell noch abgewogen. „Auf jeden Fall ist es gut, wenn Schwangere sich durch die üblichen Schutzmaßnahmen vor einer SARS CoV-2-Infektion schützen“, rät der Virologe.

Für die Corona-Impfungen bei Schwangeren werden aktuell vorrangig mRNA-Impfstoffe empfohlen, aktuell sind das Moderna und Pfizer-BioNTech. Laut dem US-„Centers for Disease and Control“ (CNC) enthalten die mRNA-Impfungen nicht das Lebendvirus, das Covid-19 verursacht. Entsprechend könne das Virus darüber nicht auf eine Person übertragen werden. „Außerdem interagieren mRNA-Impfungen nicht mit der DNA einer Person oder bewirken genetische Veränderungen, da das mRNA nicht in den Zellkern eintritt, wo unsere DNA gespeichert ist“, heißt es seitens CNC.

Aktueller Forschungsstand

Corona-Impfung in der Schwangerschaft

Mehrere Studien geben inzwischen einen besseren Einblick in die Vorteile, Impfreaktionen und Risiken einer Corona-Impfung in Schwangerschaft und Stillzeit. Parallel kommen immer neue Erkenntnisse ans Licht, die zeigen, wie gefährlich Corona für Schwangere und ihre ungeborenen Kinder sein kann. Das gemeinsame Positionspapier der Gynäkolog*innen fasst viele dieser Erkenntnisse zusammen. Unter anderem die des US-amerikanischen V-safe Pregnancy Registers. Demzufolge erhielten 100.599 registrierte Frauen einen mRNA-Impfstoff in der Schwangerschaft, 4.711 Schwangerschaften wurden analysiert (Stand: 26.04.2021).

Die Analyse ergab unter anderem, dass die Covid-19-Impfung mit mRNA-basierten Impfstoffen nicht vermehrt zu schwangerschaftsspezifischen Komplikationen führten. Gemeint sind etwa Aborte, Tot- oder Frühgeburten, fetale Wachstumseinschränkungen, Fehlbildungen oder neonatales Versterben. Außerdem gibt es demnach kein nachweisbares Risiko für ein erhöhtes Morbiditäts- oder Mortalitätsrisiko für die Schwangere oder die Föten. Gleichzeitig zeigten die Ergebnisse, dass die mütterlichen Antikörper auch einen potenziellen Infektionsschutz für das Neugeborene bewirken können. „Die Antikörpertiter sind signifikant höher als nach einer Infektion“, heißt es in dem Papier. Und weiter: „Mütterliche IgG-Antikörper konnten mit hohem Übertrittsverhältnis beim Neugeborenen nachgewiesen werden.“

Corona in der Schwangerschaft

Neben Impfung und Wirkung, spielt auch Corona selbst bei der Entscheidung, ob geimpft werden soll, eine Rolle. „Eine SARS-CoV-2-Infektion/ Covid-19-Erkrankung in der Schwangerschaft kann zu schweren Verläufen (…) führen“, heißt es in dem Papier. Demnach ist die Gefahr, intensivmedizinisch betreut werden zu müssen sechs Mal höher als bei Nicht-Schwangeren. Eine Beatmung ist sogar 23 Mal öfter notwendig. Ist die schwangere Frau über 35 Jahre alt ist das ein Risikofaktor, ebenso wie Vorerkrankungen wie Hypertonus und Diabetes mellitus. Besteht ohnehin eine Risikoschwangerschaft, wird das Risiko durch eine Corona-Infektion noch verstärkt. Schwangere Frauen sterben 26 Mal häufiger als ihre nicht-schwangeren Altersgenossinnen. Hier liegen die Vergleichswerte bei 141 zu fünf Todesfällen pro 100.000 Frauen.

Besonders häufig treten bei mit Corona infizierten Schwangeren Komplikationen auf. So besteht ein 80 Prozent höheres Risiko einer Frühgeburt nach einer Infektion. Verläuft diese schwer, ist das Risiko mehr als vier Mal so hoch und auch die Rate an Totgeburten ist erhöht. Doch auch wer keine Symptome bei sich selbst feststellt, hat ein 80 Prozent höheres Risiko für eine Präklampsie. Auch hier ist das Risiko vier Mal höher, wenn die Erkrankung schwer ist. Ebenso steigt das Risiko für thromboembolische Ereignisse und Neugeborene müssen drei Mal häufiger auf einer neonatologischen Intensivstation behandelt werden.

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„Nach Angaben des deutschen CRONOS-Registers, in dem im April 2021 bereits 1.905 SARS-CoV-2-positive Schwangerschaften dokumentiert sind, wurde bei 1 von 25 Schwangeren eine intensivmedizinische Behandlung erforderlich“, schreiben die Gynäkolog*innen. Davon habe jede fünfte Patientin eine Atemunterstützung benötigt und eine von zehn eine ECMO-Therapie. Eine von 2.000 schwangeren Frauen starb, „was den international publizierten Daten von ca. 50 auf 100.000 Frauen“ entspreche. „Die maternale Mortalität in Deutschland lag 2016 bei 2,9 auf 100.000 Frauen“, heißt es weiter.

Corona-Impfung in der Stillzeit

Auch zur Corona-Impfung mit mRNA-Impfstoffen bei Stillenden gibt es laut dem Gynäkolog*innen-Papier Erkenntnisse. Sie zeigen etwa „eine gleichwertige Antikörperbildung und ein ähnlich geringes Nebenwirkungsprofil“ wie Schwangere und Nicht-Schwangere. Außerdem kann die Impfung in der Stillzeit eine sogenannte „Nestimmunität“ hervorrufen. Das heißt, die Antikörper werden möglicherweise über die Muttermilch auf das neugeborene Baby übertragen. Das mRNA selbst wurde nicht in der Muttermilch nachgewiesen, lediglich die Antikörper.

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Wo bekommen Frauen während Schwangerschaft und Stillzeit eine Corona-Impfung?

Einige Länder empfehlen und erleichtern inzwischen die Corona-Impfung von Schwangeren. Dazu gehören Belgien, die USA, Israel, Großbritannien sowie Deutschlands Nachbar Österreich. In Deutschland ist es für Schwangere nicht immer leicht, an eine Impfung zu kommen. Schwangere, die gern geimpft werden möchten, sollten sich unbedingt mit dem/der behandelnden Gynäkolog*in beraten und das persönliche Risikoprofil besprechen. Er oder sie kann mitunter auch bereits impfen. Andernfalls empfiehlt es sich, sich an den Hausarzt bzw. die Hausärztin oder ein Impfzentrum zu wenden.

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