23. August 2024, 10:48 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Das Wort „Samenspende“ ist alles andere als ein unbekannter Begriff. Legal ist der Prozess, bei dem Männer ihren Samen für die künstliche Befruchtung einer Frau zur Verfügung stellen, schließlich seit 1970. Hingegen ist es momentan illegal eine Eizelle zu spenden – zumindest in Deutschland. Daher machen sich viele in andere europäische Länder auf, um das Verfahren zu nutzen. Was hinter dem neuen Vorschlag steckt – STYLEBOOK klärt auf.
Die Sprecherin der FDP-Fraktion, Katrin Helling-Plahr, beschreibt die Argumente der derzeitigen Gesetzeslage als „veraltet“. Im Embryonenschutzgesetz wird eine Eizellspende als missbräuchliche Anwendung von Fortpflanzungstechniken mit einer Freiheitsstrafe von zwei bis drei Jahren geahndet. Helling-Plahr hat nun in einem Brief an die Abgeordneten für eine Gesetzesänderung geworben, um die künstliche Befruchtung per Eizellspende noch vor den Neuwahlen 2025 zu legalisieren.
Übersicht
Das Argument der „gespaltenen Mutterschaft“
Der Grund, aus dem Eizellspenden in Deutschland illegal sind, ist in der schriftlichen verfassungsrechtlichen Diskussion zum Thema Eizellspende, Embryospende und Leihmutterschaft festgehalten. Dort wird vor allem mit der gespaltenen Mutterschaft argumentiert: „Gesetzgeberisches Ziel ist es, eine sogenannte gespaltene Mutterschaft zu verhindern, also das Auseinanderfallen der genetischen, der biologischen (gebärenden) und der sozialen Mutter.“
Die Mutter sollte also – laut Argumentation – genetisch, biologisch und sozial mit ihrem Kind übereinstimmen. Warum wird das Gleiche nicht für Väter gefordert, deren Samen bereits legal seit dem Jahr 1970 „ersetzt“ werden darf, und sie andersherum seit jeher auch spenden dürfen? Eine von der Regierung eingesetzte Expertenkommission hatte in ihrem am 15. April vorgelegten Abschlussbericht erklärt: „Die Begründung des 1990 im Embryonenschutzgesetz geregelten Verbots müsse heute ‚als überholt und nicht mehr überzeugend gelten‘.“
Offener Umgang mit künstlicher Befruchtung
Laut einer innerhalb des Statistik-Reports zu Familienplanung und Kinderlosigkeit gestellten Umfrage können sich 28 Prozent der befragten Frauen vorstellen, moderne medizinische Möglichkeiten in Anspruch zu nehmen, um schwanger zu werden. Das heißt, künstliche Befruchtung ist für einen großen Teil der Gesellschaft kein Tabu-Thema mehr.
Gerade mit einer immer lauter werdenden queeren Community, aus der sich viele den Kinderwunsch erfüllen möchten, rückt das Thema auch auf Social Media in den Vordergrund. Influencerinnen wie Julie und Camilla Lorentzen aus Norwegen geben uns auf ihren Accounts Einblicke in den Prozess der In-Vitro-Fertilisation (IVF). Die in Deutschland bisher legalen Methoden – entweder für homosexuelle Paare oder heterosexuelle Pärchen, bei denen der Mann infertil ist sowie Single-Frauen – basieren auf der Samenspende.
Auch interessant: Künstliche Befruchtung – die gängigen Methoden und was sie kosten
Eizellspenden sind die Lösung für nicht-fruchtbare Frauen
Es gibt viele Gründe, aus denen auch Frauen infertil sind, oder eine Schwangerschaft mit eigenem genetischem Material nicht möglich ist. Unter anderem:
- vorzeitige Menopause (z. B. als Folge einer Chemo- oder Strahlentherapie)
- resistentes Ovarialsyndrom
- Eierstöcke, die schlecht auf Stimulation reagieren
- Befruchtung mit Samen des fertilen Partners funktioniert nicht
- genetische Krankheit ist vorhanden
Zur Folge weichen Frauen, die unter diesen Symptomen leiden, für eine künstliche Befruchtung per Eizellspende zum Teil auf Nachbarländer aus. Genaue Daten darüber, wie viele Paare aus Deutschland das betrifft, konnte das Bundesgesundheitsministerium auf Nachfrage des „BR“ nicht beantworten.
Auch interessant: Studie: Frühe Menopause begünstigt Krankheiten im Alter
Ein Register soll die Daten der Frauen speichern
Jetzt soll Schluss damit sein, dass Frauen für eine Eizellspende ins Ausland abwandern müssen. Das Verfahren läuft dort wie folgt ab: Der Spenderin werden Eizellen entnommen und mit dem Samen des Partners der Empfängerin befruchtet. Schließlich werden die gespaltenen Embryonen „in vitro“, also im Reagenzglas, kultiviert und in die Gebärmutter der Empfängerin übertragen. In der derzeit in Deutschland diskutierten Gesetzesänderung soll es künftig ähnlich reguliert werden wie bei der Samenspende. Ab dem 1. Juli 2018 werden hier Spenderdaten im Samenspender-Register (SaReg) gespeichert, um von den gezeugten Kindern später eingesehen werden zu können.
In dem von der Kommission vorgestellten Abschlussbericht wird für ein vergleichbares Register plädiert. Die per Eizellspende entstandenen Kinder sollen über das Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung verfügen. So können sie Informationen über ihre biologische Mutter erhalten. Und FDP-Politikerin Helling-Plahr zieht im Interview mit der „Welt“ einen Vergleich zu Eizellspenden im Ausland; dort würde der Prozess oft anonym ablaufen.
IVF, Insemination, ICSI Künstliche Befruchtung – die gängigen Methoden und was sie kosten
„Stiftung Warentest“ gibt Überblick Künstliche Befruchtung – was zahlt die Krankenkasse?
Für mehr Aufklärung Nach Uterus-OP! Amy Schumer und ihr Kampf gegen Endometriose
Eizelle spenden – es geht darum, dass Frauen selbst entscheiden
Die Debatte um die Legalisierung von Eizellspenden stößt einen interessanten Punkt an: den finanziellen Aspekt. Zwar erlangt Mann durch das Spenden vom Samen keinen Reichtum. Nach Angaben von „spermbank-germany.com“ erhält er lediglich eine „Aufwandsentschädigung als finanzielle Gegenleistung für die aufgewendete Zeit“. Diese beträgt bis zu 150 Euro. Frauen haben die Möglichkeit, für die Spende ihres Erbmaterials entlohnt zu werden, in Deutschland jedoch gar nicht.
Allerdings ist eine Eizellspende auch deutlich invasiver für den Körper. Hier unterzieht sich die Frau nämlich zuerst einer Hormontherapie sowie einer Operation. Dabei kann es zu Komplikationen kommen. Auch zwischen einer Eizellspende und der Entwicklung von Eierstockkrebs soll es Zusammenhänge geben. Helling-Plahr fasst jedoch zusammen: „Frauen können sehr gut selbst darüber entscheiden, ob sie ihre Eizellen zur Verfügung stellen möchten und dadurch Paaren, die auf andere Weise keine Kinder zeugen können, ihren Kinderwunsch ermöglichen.“