31. Oktober 2024, 13:58 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten
Gen-Tests bei ungeborenen Babys sind stets ein umstrittenes Thema. Es gibt viele Gegner, jedoch auch Befürworter. STYLEBOOK stellt die verschiedenen Methoden vor und klärt mit einer Gynäkologin über die möglichen Risiken auf.
Es gibt verschiedene genetische Tests, die bei ungeborenen Babys durchgeführt werden können, um bestimmte genetische Erkrankungen oder Risiken zu erkennen. Diese Tests können entweder routinemäßig oder aufgrund individueller Risikofaktoren durchgeführt werden. Model und Influencerin Fiona Erdmann ist aktuell mit ihrem dritten Kind schwanger und hat solch einen Test durchführen lassen. Mit ihrem ungeborenen Baby scheint so weit alles in bester Ordnung zu sein und doch musste sie sich gegen etliche negative Stimmen zur Wehr setzen. Ob die Kritik gerechtfertigt ist, welche Risiken und welche Gen-Test-Arten es während der Schwangerschaft gibt, erfahren Sie auf STYLEBOOK.
Übersicht
- Welche pränatalen Gen-Tests gibt es?
- Nicht-invasiver Pränataltest (NIPT)
- Ersttrimesterscreening
- Ultraschall (Feindiagnostik/Organultraschall)
- Chorionzottenbiopsie (CVS)
- Amniozentese (Fruchtwasseruntersuchung)
- Fetalblutentnahme (Cordozentese)
- Gibt es Risiken für das Baby?
- Warum sind Gen-Tests umstritten?
- Fazit
Welche pränatalen Gen-Tests gibt es?
In der Pränataldiagnostik gibt es verschiedene Methoden, um potenzielle genetische Störungen oder Anomalien beim Fötus zu erkennen. Neben Routine-Screenings gibt es spezifische diagnostische Verfahren, die abhängig von den Risikofaktoren oder familiären Vorerkrankungen durchgeführt werden. Es wird zwischen nicht-invasiven und invasiven Tests unterschieden. Wenn bei einem nicht-invasiven Test Auffälligkeiten festgestellt werden, kann entschieden werden, ob ein weiterer invasiver Test durchgeführt werden soll.
Nicht-invasiver Pränataltest (NIPT)
Ein Nicht-invasiver Pränataltest (NIPT) ist ein Bluttest, der während der Schwangerschaft durchgeführt wird, um genetische Auffälligkeiten beim Fötus festzustellen. Für diesen Test wird der schwangeren Frau Blut entnommen. Durch eine Analyse der zellfreien fetalen DNA kann der NIPT auf bestimmte Chromosomenstörungen hinweisen, ohne dass dabei ein invasiver Eingriff, wie eine Fruchtwasseruntersuchung oder eine Chorionzottenbiopsie, nötig ist. Der NIPT kann bereits ab der 10. Schwangerschaftswoche durchgeführt werden und kann Chromosomenstörungen wie Trisomie 13 (Pätau-Syndrom), Trisomie 21 (Down-Syndrom) oder Trisomie 18 (Edwards-Syndrom) feststellen.
Ersttrimesterscreening
Das Ersttrimesterscreening wird in den ersten drei Monaten der Schwangerschaft durchgeführt. Es kombiniert Ultraschalluntersuchungen mit Bluttests und wird in der Regel zwischen der 11. und 14. Schwangerschaftswoche angeboten. Beide sind nicht-invasiv und demnach ist das Risiko für das ungeborene Baby gering.
Der Nackentransparenz-Test gehört zur Ultraschalluntersuchung. Dabei wird die Flüssigkeitsansammlung im Nackenbereich des Fötus gemessen. Eine erhöhte Nackentransparenz kann auf Chromosomenstörungen wie Trisomie 21, Trisomie 18 und Trisomie 13 hinweisen, aber auch auf Herzfehler oder andere strukturelle Probleme.
Beim Bluttest werden die Proteine PAPP-A und freies Beta-hCG gemessen. Ein niedriger PAPP-A-Wert kann auf ein erhöhtes Risiko für Chromosomenstörungen hindeuten. Ein hoher oder niedriger Beta-hCG-Wert kann ebenfalls auf genetische Auffälligkeiten hinweisen.
Ultraschall (Feindiagnostik/Organultraschall)
Eine Feindiagnostik wird auch als Organultraschall oder detaillierter Fehlbildungsultraschall bezeichnet. Ziel dieser Untersuchung ist es, die Organe, das Wachstum und die Struktur des Fötus genauer zu beurteilen und potenzielle Fehlbildungen oder Anomalien frühzeitig zu erkennen. Der Organultraschall wird in der Regel zwischen der 19. und 22. Schwangerschaftswoche durchgeführt und ist Teil der regulären Vorsorgeuntersuchungen.
Eine Feindiagnostik wird eingesetzt, um Fehlbildungen oder Auffälligkeiten zu erkennen, die im späteren Verlauf der Schwangerschaft oder nach der Geburt Probleme verursachen könnten, z. B. Herzfehler oder Organfehlbildungen.
Chorionzottenbiopsie (CVS)
Bei einer Chorionzottenbiopsie werden kleine Gewebeproben aus den Chorionzotten der Plazenta entnommen, die genetisch identisch mit dem Fötus sind. Diese Proben können auf Chromosomenanomalien und genetische Erkrankungen untersucht werden.
Die Chorionzottenbiopsie wird zwischen der 11. und 14. Schwangerschaftswoche durchgeführt. Meist wenn ein hohes Risiko für genetische Störungen besteht, z. B. durch auffällige Ergebnisse im Ersttrimesterscreening oder NIPT oder die Eltern Träger einer genetischen Erkrankung sind.
Amniozentese (Fruchtwasseruntersuchung)
Bei einer Amniozentese wird eine Probe des Fruchtwassers aus der Gebärmutter entnommen. Das Fruchtwasser enthält Zellen des Fötus, die auf genetische Störungen und andere Erkrankungen hin untersucht werden können.
Die Amniozentese wird in der Regel zwischen der 16. und 18. Schwangerschaftswoche durchgeführt. Gründe für eine Amniozentese können Auffälligkeiten beim Ersttrimesterscreening oder dem NIPT sein. Ebenfalls, wenn die Schwangere ein erhöhtes Risiko für genetische Störungen (z. B. durch fortgeschrittenes Alter der Mutter oder eine Familiengeschichte von genetischen Erkrankungen) vorweist. Oder der Verdacht auf spezifische Erbkrankheiten wie Mukoviszidose, Sichelzellenanämie oder andere genetische Erkrankungen vorliegen.
Fetalblutentnahme (Cordozentese)
Die Cordozentese, auch Nabelschnurpunktion genannt, wird in der Regel erst nach der 18. Schwangerschaftswoche durchgeführt. Dabei wird Blut direkt aus der Nabelschnur des Fötus entnommen. Durch diese Methode lassen sich Bluterkrankungen (wie Thalassämie oder Hämophilie) erkennen, sowie Bestimmung von Infektionen oder der Blutgruppe des Fötus. Sie wird auch genutzt, wenn ein schnelles Testergebnis erforderlich ist oder bei unklaren Befunden nach einer Amniozentese.
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Gibt es Risiken für das Baby?
Diese Frage kann nicht pauschalisiert werden. Alle nicht-invasiven Methoden sind sehr risikoarm. „Völlig ungefährlich für das Baby ist der Bluttest (NIPT), hier wird lediglich der Mutter Blut abgenommen“, so die Fachärztin Frau Dr. med. Gösslinghoff.
Und weiter: „Etwas anders sieht es da bei der Chorionzottenbiopsie aus. Hier gibt es ein Fehlgeburtsrisiko von 0,5-1 Prozent. Dies ist abhängig vom Zeitpunkt der Untersuchung und von der Erfahrung des Untersuchers. Die Chorionzottenbiopsie wird häufig bei einem Verdacht auf schwerwiegende Erkrankungen früh durchgeführt, um früh auch eine Entscheidung für oder gegen das Kind treffen zu können. Das können unter anderem ein großer Befund eines offenen Rückens sein, der mit Lähmungen einhergeht oder fehlende Organe.“
Auch bei einer Amniozentese gibt es Risiken. „Zum einen Verletzung des Kindes durch die Nadel, mit der in den Bauch eingegangen wird und das Fruchtwasser abgezogen wird. Zum anderen können in seltenen Fällen auch Infektionen in die Fruchthöhle getragen werden, was einer Fehlgeburt führen kann. Auch kann die Fruchthöhle undicht werden und das Fruchtwasser austreten (Blasensprung). Im günstigsten Fall verschließt sich die offene Stelle wieder und es wird genügend Fruchtwasser nachgebildet, im schlimmsten Fall kann es hier zu einer Fehlgeburt kommen. Dieses Risiko ist aber mit 0,1-0,3 Prozent gering.“
Das Risiko einer Fehlgeburt ist bei der Cordozentese im Vergleich zu anderen invasiven Verfahren wie der Amniozentese oder Chorionzottenbiopsie erhöht. Es liegt etwa bei 1–2 Prozent. Diese höhere Rate hängt primär mit der direkten Punktion der Nabelschnur und den damit verbundenen Gefahren zusammen.
Warum sind Gen-Tests umstritten?
Gen-Test bei ungeborenen Babys sind stets ein Thema, bei dem es viele Meinungen gibt und die mitunter auch sehr weit auseinandergehen können. Einige sind strikt dagegen. „Gegner der Gen-Tests befürchten, dass diese Tests benutzt werden können, um sich schon bei leichten genetischen Auffälligkeiten gegen die Schwangerschaft zu entscheiden. Rein theoretisch könnte man auch bestimmte Gen-Merkmale selektieren, zum Beispiel vorgeburtlich schauen, welches Geschlecht das Kind hat und entsprechend handeln“, erklärt Frau Dr. med. Gösslinghoff.
Die Fachärztin rät, dass jede Frau/Paar diese Entscheidung individuell für sich treffen muss. „Kenne ich den genetischen Defekt meines Kindes, kann ich mich bei der weiteren Schwangerschaftsbetreuungen und bei der Geburtsplanung darauf einstellen. Genetische Tests sind auch dazu da, einem Kind den bestmöglichen Start ins Leben zu ermöglichen. Hier kann es manchmal sinnvoll sein, statt der primär angestrebten vaginalen Geburt einen Kaiserschnitt im Sinne des Kindes durchführen zu lassen, um die Gefährdung hier zu reduzieren. Manchmal ist es auch sinnvoll, wenn die Kinderklinik bei der Geburt anwesend ist oder die Geburt in bestimmten spezialisierten Kliniken stattfindet (z. B. bei Herzfehlern). Auch dazu kann man diese Gen-Tests nutzen. Das wird aber leider oft vergessen.“
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Fazit
Am Ende entscheidet jede werdende Schwangere selbst, ob, wann und welchen Test sie durchführen lässt. Sollten Sie Unsicherheiten haben, sprechen Sie mit Experten und lassen sich nicht von äußeren Stimmen lenken. Ab einem gewissen Alter oder mit einer bekannten Familiengeschichte, ist es immer ratsam, sich dafür zu entscheiden. Die Expertin erklärt: „Je größer die Gefahr eines schweren genetischen Defekts, desto früher sollte ein entsprechender Test durchgeführt werden.“