7. Oktober 2024, 17:55 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Eine Umfrage zum Thema Notfallverhütung hat erschreckende Ergebnisse hervorgebracht. Demnach halten 49 Prozent der Befragten die Pille danach für eine „Abtreibungspille“, während fast ein Drittel gar nicht weiß, wie sie funktioniert. Außerdem sei die Pille nicht mehr die beliebteste Verhütungsmethode. Welche es stattdessen ist und was das Problem damit sein kann, hat Carmen Dörfler Ihnen zusammengefasst.
Jetzt wird’s persönlich: Wie verhüten Sie? Kondom? Pille? Ganz anders? Und ist dabei schon mal etwas schiefgelaufen? Dann kennen Sie vielleicht die „Pille danach“ aus eigener Erfahrung. Damit gehören Sie zur Minderheit, wie eine YouGov-Umfrage zeigte. Diese stellte immense Mängel in puncto Aufklärung und Notfallverhütung fest.
Übersicht
Aufklärung fehlgeschlagen – Drittel kennt Pille danach nicht
Dafür führte die YouGov im Namen der Perrigo Deutschland GmbH, einem Hersteller von rezeptfreien Arzneimittel, Anfang 2024 eine Onlineumfrage durch. Zielgruppe war die deutsche Wohnbevölkerung ab 18 Jahren. Davon wurde eine repräsentative Stichprobe von 2036 Befragten mit diversem Wahlverhalten, Alter, Geschlecht, Bundesland, Migrations- und Bildungshintergrund genommen.
Die Ergebnisse: durchweg erschreckend. So fällt 34 Prozent der Befragten auf die Frage „Welche Methoden sind Ihnen zur Verhinderung einer ungeplanten Schwangerschaft nach einer Verhütungspanne oder ungeschütztem Geschlechtsverkehr bekannt?“ nicht einmal eine Antwort ein. Lediglich 29 Prozent ist die Pille danach bekannt, um nach ungeschütztem Verkehr oder einer Verhütungspanne eine ungewollte Schwangerschaft zu verhindern.
Pille danach wird fälschlicherweise für Abtreibungspille gehalten
Doch die Wirkweise bleibt für viele weitere ein Rätsel. So halten 49 Prozent der Befragten die Pille danach für eine „Abtreibungspille“ und sind der Meinung, dass dadurch eine bereits befruchtete Eizelle abgestoßen werde. Jedoch verschiebt die Pille danach lediglich den Eisprung um mindestens fünf Tage nach hinten, sodass es nicht zu einer Befruchtung kommt. Dieses falsche Verständnis sorgt bei mehr als jeder zehnten Person darüber hinaus für moralische Bedenken in Bezug auf die Pille danach.
41 Prozent fühlen sich schlecht aufgeklärt
Insgesamt fühlen sich 41 Prozent eher schlecht bis sehr schlecht darüber aufgeklärt, wie eine ungewollte Schwangerschaft verhindert werden kann. Bei Menschen unter 40 Jahren steigt diese um zwei Prozentpunkte. In einer weiteren Befragung von Jugendlichen unter 18 Jahren, die in der YouGov-Umfrage zitiert wird, steigt die Zahl sogar auf 45 Prozent und damit weiß fast die Hälfte der Jugendlichen zu wenig über Aufklärung.
Aufklärung werde der Umfrage zufolge zum Teil in der Schule betrieben (44 Prozent), zum anderen in Eigeninitiative, in der Familie oder mit Freunden. Weiterhin wird Aufklärung von Frauen deutlich häufiger in ärztlichem Umfeld betrieben als die von Männern. So werden 44 Prozent der Frauen von Ärztinnen über Verhütung aufgeklärt, während das nur auf 14 Prozent der Männer zutrifft.
Aufklärung im Internet in schlechter Qualität
Vermehrt suchten laut einer weiteren Umfrage, die ebenfalls zitiert wird, insbesondere Jugendliche meist Informationen zur sexuellen Aufklärung im Internet. Das Problem dabei: „In den sozialen Netzwerken ist nicht sichergestellt, dass die Informationen, die von den Nutzer:innen konsumiert werden, seriös und korrekt sind“, so die Umfrage. So hätten 40 Prozent der top-gerankten Verhütungsvideos auf YouTube eine schlechte, 44 Prozent gerade mal eine moderate Qualität. Noch schlechter schneiden die Videos bei Instagram und TikTok ab.
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80 Prozent wollen proaktive Aufklärung zu Pille danach
Es bestehe also dringender Handlungsbedarf in puncto Aufklärung, so die Umfrage. Dafür werde versucht, das Werbeverbot für Notfallkontrazeptiva, wie die Pille danach, zu kippen. Seit 2015 ist es in Deutschland laut Heilmittelwerbegesetz nämlich verboten, die Pille danach zu bewerben. Im selben Jahr wurde die Pille danach rezeptfrei erhältlich. Dazu die Umfrage: „Der damalige Gesetzgeber begründete seine Restriktion damit, dass Kommunikationsfreiheit Frauen zu einem unangemessenen Gebrauch der Pille danach verleitet. Seither wird Frauen grundsätzlich abgesprochen, über ihren eigenen Körper und die eigene Sexualität informiert und selbstbestimmt Entscheidungen zu treffen.“
Jedoch wünschten sich 80 Prozent der Befragten eine proaktive Aufklärung rund um die Wirkungsweise der Pille danach. Und auch die Sorge, Frauen könnten die Pille danach wie „Smarties“ einschmeißen, wie CDU-Politiker Jens Spahn 2014 in der Diskussion um die Rezeptpflicht für die Pille danach in einem Artikel für „Zeit Online“ befürchtete, entkräftet die YouGov-Umfrage. So geben lediglich acht Prozent der Teilnehmenden an, die Pille danach als reguläres Verhütungsmittel nutzen zu wollen.