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Body Neutrality

Darum sollte besonders im Sommer der Körper anderer unkommentiert bleiben 

Schluss mit der obsessiven Auseinandersetzung mit dem Körper! Her mit Body Neutrality!
Schluss mit der obsessiven Auseinandersetzung mit dem Körper! Her mit Body Neutrality! Foto: Getty Images
Desireé Oostland
freie Autorin bei STYLEBOOK

25. Mai 2023, 16:33 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten

Zeitgleich mit dem Sommer beginnt auch die intensivere Auseinandersetzung mit dem eigenen Körper. Denn trotz jeder noch so gut gemeinten Body-Positivity-Bewegung ist es absolut unrealistisch, den eigenen Körper jeden Tag ausgiebig zu feiern. Und wenn wir schon mit unserem Selbstdialog beschäftigt sind, brauchen wir nicht noch oberflächliche Kommentare von Außen. STYLEBOOK beleuchtet Body Neutrality und unangebrachte Körper-Kommentare.

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Es wird wärmer, die Hosen werden kürzer und bedeckte Arme sind erst einmal Geschichte. Zumindest für die nächsten Monate (wenn es gut läuft). Und sobald mehr Haut zu sehen ist, beginnen auch schon die Kommentare, sowohl im Innen als auch im Außen. Seien es die schwabbeligen Unterarme, die haarige Stelle oder die krummen Zehen. Eine Person hat leider immer einen unangenehmen Kommentar parat. Manchmal sind wir es selbst, wenn wir vor dem Hinausgehen noch schnell einen Blick in den Spiegel werfen, manchmal sind es aber auch die anderen Menschen, die etwas Unpassendes zu sagen haben. Beide Varianten können uns auch mal einen Sommertag vermiesen. Selbstliebe hin oder her: Wer fühlt sich schon immer schön? Besonders im Sommer werden wir mit unseren eigenen Unsicherheiten konfrontiert, die – überraschenderweise – trotz jeder penetranten Body-Positivity-Werbung noch immer in uns schlummern. Wasser sammelt sich im Körper, Körperstellen schwellen an, Nagellack splittert ab, die Cellulite bekommt Bühne. All das KANN uns stören. Es entspricht also absolut nicht der Realität, jeden Tag jubelnd in den Spiegel zu schauen. Dabei würde ein neutrales Verhältnis zu unserem Körper doch allemal ausreichen. Die sogenannte Body Neutrality etablieren, statt gezwungen positive Affirmationen einzubohren.

Auch interessant: Zwischen Self Love und Egoismus – wann geht Selbstliebe zu weit?

Body Positivity ist unrealistisch

Eigentlich hatte die Body-Positivy-Bewegung einen charmanten Hintergedanken: Alle Menschen sollen sich in ihren Körpern wohlfühlen, egal ob dünn, dick, breit, schmal, groß, klein. Und den Körper dabei schön finden, zelebrieren, lieben, verdammt noch mal!

Und keine Frage: Seit Beginn der Bewegung hat sich im Hinblick auf Körperbildern einiges verändert. Endlich wurden unterschiedliche Körper auf Plakaten abgedruckt (dass das rein kommerzielle Gründe hat, spielt zunächst keine Rolle, denn den Zweck der Repräsentation wird trotzdem erfüllt), die Kleidergrößen bei beliebten Modeketten wurden erweitert, Kommentare zu fülligen Körpern wurden weniger. Jedoch hat auch diese Bewegung einen negativen Beigeschmack: Es ist einfach nicht möglich, dass man sich IMMER wohl im eigenen Körper fühlt. Bei uns Frauen kann das sowohl mit dem Zyklus zusammenhängen, als auch mit äußeren Faktoren, die dafür sorgen, dass wir uns an einem Tag mit Selbstliebe panieren, und am nächsten weinend im Bett bleiben möchten, weil uns etwas an uns stört.

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Was ist Body Neutrality?

Bei Body Neutrality geht es hauptsächlich um Akzeptanz und Bewusstsein – und zwar real und nicht aufgezwungen. Body Neutrality heißt, den Körper so anzunehmen, wie er ist und dabei auf das Wohlergehen priorisieren, statt das äußere Erscheinungsbild. Es heißt auch, dass wir all die Dinge tun, die uns positives fühlen lassen. Sport zu machen, weil wir danach vor Glück von innen strahlen, aber auch mal den ganzen Tag verschlafen, weil uns gerade danach ist und wir dann wieder mit mehr Energie in den Tag starten. Wenn wir mehr von dem tun, was Gesundheit und Wohlergehen fördert, schmeichelt das unserer Aura und Energie, unserer Stimmung und unserem Kopf. Ist das nicht die eigentliche Schönheit?

Was die Body Positivity nämlich so gefährlich macht, ist die ständige, fast schon obsessive, Auseinandersetzung mit dem eigenen Körper. Der ständige Druck, sich selbst optisch zu feiern, nimmt ganz schön viel Zeit für den inneren Oberflächlichkeitsdialog in Anspruch. Zu viel.

Body Neutrality heißt also, weder, sich dauerhaft sexy und schön zu fühlen (müssen), noch sich doof zu finden und mit negativen Glaubenssätzen zu überschütten. Es heißt viel mehr: einfach zu fühlen. Die Momente zu genießen, ohne die ständig kreisenden Gedanken um die äußeren Attribute, die am Ende des Tages ohnehin niemanden interessieren. Es bedeutet auch, einen gesünderen Umgang mit dem eigenen Körper ohne ein Extrem zu verfolgen und es bedeutet, dass eigene Selbstbewusstsein nicht vom „Body“ abhängig zu machen. Der Selbstdialog kann also im Hinblick auf Body Neutrality, wie der Name schon sagt, neutral sein.

Auch interessant: Warum der Begriff „Body Count“ durchaus kritisch zu betrachten ist

Es gibt keinen Grund, Körper zu kommentieren

Bei der Body Neutrality geht es aber primär um die eigenen, meist stillen, Kommentare, die wir uns selbst zuteilen. Doch fast ebenso wichtig sind die Körper-Kommentare von Außen, die wir im Sommer zur Genüge bekommen – oder selbst abgeben. Dabei gibt es keinen Grund, den Körper eines anderen Menschen zu kommentieren. Die Frage dabei ist doch: Was soll ein solcher Kommentar wie „In deinen Beinen sammelt sich aber viel Wasser“ oder „Wow hast du dünne Arme!“ bewirken? Soll der Empfänger dieser Nachricht jetzt darauf reagieren, etwas daran ändern, es annehmen oder gar „Danke“ sagen?

Sie bewirken tatsächlich nur eines: Unsicherheit. Dabei spielt der Grad an Selbstsicherheit keine Rolle. Kommentare zum Körper lösen IMMER etwas aus. Sowohl die Wassereinlagerungen, als auch die Stelle, die beim Rasieren vergessen wurde, lassen sich nicht sofort beseitigen, wenn ein Kommentar dazu fällt. Das Einzige, was dadurch entsteht, ist eine enorme Verunsicherung beim Empfänger, die auch mal einen schönen Sommertag ruinieren kann, weil sich vom Kommentar an alles nur noch darum dreht.

Das heißt aber nicht, dass man im Sommer die Komplimentenkiste einfahren sollte, im Gegenteil. Eher sollte man dabei auf die Wortwahl achten und darauf, welches Ziel die Aussage verfolgt.

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Komplimente sind nicht gleich Komplimente

Manch einer denkt, es wäre angebracht, einen Kommentar zum Körper abzugeben, wenn die Nachricht dahinter ein Kompliment beinhaltet. So etwas wie „Wow, wie du abgenommen hast!“ oder: „So siehst du viel besser aus“ sind Kommentare, die für einige schmeichelnd sein können, für andere aber ein Trigger, den wir nicht beeinflussen können. Außerdem suggerieren wir damit, dass die Person vorher nicht gut aussah. Viel schöner sind Kommentare, die all das nicht beinhalten: „Dein Kleid steht dir hervorragend!“, oder „Du strahlst heute richtig!“ oder auch: „Ich liebe deine Sommersprossen!“. Das alles sind wohltuende Sommer-Kommentare, die wir ruhig verschwenderisch verteilen können.

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Body Neutrality: Keinen Sommer mehr verschwenden

Wie viele Sommer verbringen wir in unserem Leben? Nicht so viele, wenn man mal genauer nachrechnet und die Sommer weglässt, die wir aus Altergründen nicht richtig wahrnehmen können. Wenn wir auch nur einen Teil dieser begrenzten Sommertage damit verbringen, unseren eigenen Körper zu kritisieren oder andere Körper zu kommentieren, vergeuden wir kostbare Zeit. Denn das führt dazu, dass wir uns im schlimmsten Fall – nur aufgrund unserer Hülle – verstecken. Oder gar die Haut bedeckt halten, anstatt einfach die Sonne auf der Haut zu spüren (bitte auf SPF achten).

So verweigern wir doch die eigentliche Schönheit des Lebens. Ich glaube kaum, dass wir einen schönen Sommer darüber definieren, wie schlank unsere Beine in diesem Jahr waren oder wie rein das Gesicht war. Die schönsten Sommer sind die, die wir richtig genießen konnten, mit Menschen oder Unternehmungen, die uns ermöglichten, mal nicht an das Aussehen zu denken. Es ist also kein Wunder, dass wir so gern an die Sommertage in der Kindheit zurückdenken, die ein wenig nach Dreck und Sand rochen, aber vollends ausgekostet wurden. Ganz ohne je einen Gedanken an unsere Optik zu verschwenden.

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