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Expertin klärt auf

Lust-Kurse für Frauen – der Weg zum sexuellen Glück  

Auch bewusstes Atmen wird in den Lust-Kursen gelernt
Auch bewusstes Atmen wird in den Lust-Kursen gelernt Foto: Getty Images

12. November 2022, 8:49 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten

Viele Frauen leiden unter sexuellen Störungen wie Libidoverlust, fehlender Lubrikation (Feuchtwerden), Schwierigkeit, die Erregung aufrechtzuerhalten oder sogar Schmerzen beim Eindringen. Die Ursachen sind vielfältig und finden ihren Ursprung oft in kulturellen Normen oder auch im eigenen Leistungsdruck. Auch Medien spielen vor allem bei jüngeren Frauen eine zentrale Rolle, schüren Optimierungswahn durch falsch-perfekte Körperbilder und feuern letztlich Versagensängste und andere psychische Probleme an.

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Die Folgen äußern sich auch in physischen Krankheitsbildern wie chronischen Unterleibsschmerzen, wiederkehrenden Pilzinfektionen oder Blasenentzündungen. Frauenärztin und Sexologin Regina Widmer erkannte, „dass gynäkologische Beschwerden und Sexualität enge Verflechtungen haben“. Das wollte sie ändern und so bildete sich die Gynäkologin in Bereichen wie Sexocorporel, Tantra, systemische Sexualtherapie und Sexual Grounding aus. Seitdem bietet sie schon fast seit 15 Jahren Lust-Kurse für Frauen in ihrer Praxis an. STYLEBOOK sprach mit der Expertin über die Wege und Wichtigkeit, die eigene Lust und Sexualität (wieder) zu finden. Und warum ein Orgasmus nicht das ultimative Ziel von gutem Sex sein sollte…

Wie findet man zurück zur eigenen Lust?

Viele Frauen leiden unter sexuellen Störungen, die unterschiedliche Ursachen haben und sich sowohl in körperlichen Leiden wie chronischen Harnwegentzündungen oder psychischen Belastungen zeigen können. Einen Weg aus dieser Zwickmühle, die von gesellschaftlichen Zwängen und persönlichem Leistungsdruck geprägt sind, zeigt die Sexologin mit ihren Lust-Kursen. „Wenn Frauen entscheiden, sich um ihre versiegte Lust oder in ihrer Vorstellung von Natur aus zu geringen Lust zu kümmern”, haben sie den ersten wichtigen Schritt gewagt. Im Vorfeld können Hemmungen, Scham, die Angst, nicht ‘normal’ zu sein, dazu führen, dass Jahre bis zu einem aktiven Schritt vergehen”, so Widmer. „Manchmal ist es eine Beziehungskrise und die Angst, den Partner oder die Partnerin zu verlieren, die den Druck erhöhen, sich letztlich Hilfe zu holen.“

Mit Lust-Kursen zum sexuellen Glück 

Vor allem in Gruppen sind der Austausch und die Erfahrung anderer Teilnehmerinnen sehr wertvoll. So verliere man schneller Hemmungen und nimmt Veränderungen eher wahr. Manchmal entstehen durch die Lust-Kurse auch Freundschaften. „Denn Lust hat auch etwas mit Lebenslust zu tun und diese (wieder) spüren zu wollen. Mein präferierter Weg führt über Körperübungen zu körperlichem Wohlsein. Von da ist es meistens nicht mehr weit zu sexueller Lust”, beschreibt die Expertin ihre Praxis. Danach gilt es herauszufinden, worauf Frauen Lust haben und sich auf die Suche danach zu machen. Wichtig ist dabei, das Körperbewusstsein zu schulen. 

Sex-Techniken 

„Das Ziel ist, den eigenen Körper voll auszufüllen und sich zu zentrieren. Den Fokus auf die Beckenmitte zu setzen, Brustbewusstsein zu bilden, den Atem einzusetzen und gleichzeitig durchlässig und beweglich zu sein“, beschreibt Widmer. Und dieses Bewusstsein provoziert sie mit erlernten Techniken aus unterschiedlichsten Bereichen. Unter anderem Sexocorporel, wo Sexualreflexe erforscht werden, mit Hilfestellungen durch doppelte Schaukeln und verschiedenen Erregungsarten. Ein weiterer Bereich ihrer Lust-Kurs-Praxis ist Tantra. Hier werden Praktiken wie Slow Sex, Intimkuss, Stille ohne Leistungsdruck sowie ohne klare Absichten erlernt. Auch Techniken aus der Kampfkunst, Aikido und Tanz finden sich im Programm der Lust-Kurse wieder. 

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Der Teufelskreis der (Un-)Lust  

Falsche Vorstellungen und tradierte Denkweisen führen oft zu festgelegten, starren Definitionen von Sexualität, die Widmer als „allgegenwärtige irrige Annahme, dass Sex immer gleich Geschlechtsverkehr bedeutet“, umschreibt. Daraus folgt, dass eine „funktionierende Sexualität“ fest definiert wird und Muster vorschreibt. Erektionsfähigkeit ist nach Wunsch abrufbar, weibliche Lust nach Penetration ist (immer) vorhanden und die vaginale Orgasmusfähigkeit natürlich gegeben, wenn „er“ alles richtig macht. Doch genau aus diesem Paradigma entstehen sexuelle Leiden wie „fehlende Lubrikation und Schmerzen beim Eindringen des Penis sowie Orgasmusschwierigkeiten bei der Frau mit der Folge von Lustlosigkeit“, stellt Widmer klar. 

Zwanglose Sexualität (wieder) entdecken und leben  

„Die Gesellschaft, wir alle, sind voll von Vorstellungen, Bildern und Erwartungen“, erklärt Widmer weiter. Definitionen von Sexualität sollten so breit wie möglich gehalten werden, sodass „Sinnlichkeit, Erotik, innigste intime Umarmungen, zarte Küsse etc. auch mitgemeint sind“. Denn der Zwang einen Orgasmus als höchstes der Gefühle zu erreichen, führt vor allem zu Leistungsdruck, unter dem viele Menschen leiden. Wichtiger ist ein lockerer Umgang damit. Ein Spiel zwischen Vorstellungen, Wünschen und absichtslos im Hier und Jetzt zu sein –ohne konkrete, vordefinierte Ziele. Frauen auf der Suche nach ihrer (neu geweckten) sexuellen Identität sollten „Kopf-Zensuren“ loslassen und sich fühlen wie ein „unbeschriebenes Blatt“. Und sich selbst fragen: „Was finde ich angenehm? Dabei muss der erhobene Zeigefinger als Symbol für: ‘Das gehört sich nicht!’ oder ‘Das ist abartig!‘ vollständig ausgeblendet werden.“

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Menschen brauchen ein geeignetes Umfeld, um ungezwungen und ohne Scham ihren eigenen Körper kennenzulernen. „Das kann der Partner, die Partnerin sein, oder ein Workshop und Kurs.“ Vor allem junge Frauen sollten „ermuntert und unterstützt werden, um ihre Sexualität unbeschwert und frei erfahren zu dürfen. Dafür sind offene Eltern hilfreich oder andere Bezugspersonen, kompetente Lehrer sowie ein entsprechendes obligatorisches Schulfach“, plädiert die Expertin.

Quelle

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