2. September 2022, 6:58 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Wer kennt es nicht: das ewige Scrollen und exzessive Konsumieren von Feeds, Stories und Nachrichten – und am Ende des Tages? Ist der Kopf voll von Gedanken, die oft keinen wirklichen Mehrwert liefern! Doch was hilft, das Gedankenkarussell in Zeiten von Digital Overload und Doomsurfing zu ordnen? Mind-Gardening könnte eine Option sein. STYLEBOOK erklärt, was sich hinter dem Begriff verbirgt.
Um die Frage zu klären, sprach STYLEBOOK mit der Gründerin Anne-Laure Le Cunff von „Ness Labs“, einer Lernplattform für achtsame Produktivität, sowie mit Holistic Soul & Business Coach Carolin Bohnaker. Wir befragten beide Expertinnen über diese Praxis, die mehr Achtsamkeit und Gedankenkontrolle in den Alltag bringen kann. Besonders auch im Hinblick auf einen sorgsamen Umgang mit Social-Media-Inhalten. Doch was ist Mind-Gardening überhaupt und wie integriert man das Gärtnern im Kopf in den Alltag?
Übersicht
Was ist Mind-Gardening?
„Instagram-Story hier, Podcast da!”, beschreibt Carolin Bohnaker die schnelllebige Informationsflut. Die uns laut ihr „wie die Irren konsumieren lässt, ohne all die Informationen überhaupt aufnehmen zu können und damit dann auch zu arbeiten!” Durch Mind-Gardening kann ihrer Meinung nach der Konsum effektiv reduziert werden, und zwar nach der Devise: Qualität vor Quantität!
Mind-Gardening bedeutet metaphorisch gesprochen, den „inneren Garten zu pflegen und sich aktiv mit seiner mentalen Gesundheit zu beschäftigen”, erklärt Anne-Laure Le Cunff. Dabei adaptiert das Konzept von Mind-Gardening Abläufe aus der Natur und tatsächlicher Gartenarbeit: Am Anfang steht die Neugier an Themen (Samen), die sich in Wissen entwickeln (Bäume) und neue Gedanken produzieren (Früchte). Dabei wird ein aktiver Prozess beschrieben, der im krassen Gegensatz zum unmündigen Konsumieren von haltlosen Nachrichten steht. Mind-Gardening ist eine achtsame Praxis, die nur die Information kultiviert, die auch wirklich interessant für uns ist. Dadurch schafft man einen Raum, für „einen nachhaltigen Umgang mit Mental Health, Produktivität und Kreativität”, so Le Cunff weiter.
Wie funktioniert das Konzept von Gärtnern im Kopf?
Eines der Hauptziele von Mind-Gardening ist das Jäten von unproduktiven Gedanken, die wie Unkraut im Gehirn wuchern und stattdessen das konkrete Kultivieren von Gedanken, die uns weiterbringen und ein mentales Gleichgewicht sowie Kreativität fördern. Mind-Gardening „ermutigt uns auch bewusster, mit Inhalten umzugehen, die wir konsumieren. Das sind die Samen, die wir in unserem Mind-Garden säen”, führt Le Cunff aus und verweist dabei auch auf die Macht von Algorithmen in sozialen Netzwerken. Denn diese Mechanismen kontrollieren unmerklich, wie Inhalte und Absichten von Nutzern fokussiert werden. Mit dem Werkzeug von Mind-Gardening wird dieser Mechanismus durchbrochen und der Fokus neu gesetzt.
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Welche psychologischen Strategien gibt es?
„Journaling”, antwortet Le Cunff. Mit Stift und Notizbuch werden Gedanken und Ideen schwarz auf weiß formuliert. Dabei sollte man sich aktiv folgende Fragen stellen, anstatt passiv weiter zu konsumieren: Welche Inhalte (die Samen im Mind-Garden) konsumiere ich? Welche Gedanken (Bäume und Pflanzen, die weiter wachsen) kommen immer wieder in den Kopf? Was sind die kreativen Ziele, welche Früchte will ich im Mind-Garden ernten?
Eine weitere Möglichkeit, achtsam mit den Inhalten und Gedanken im Alltag umzugehen, ist „noch mehr Notizen zu nehmen”, schlägt Le Cunff vor. Dadurch „erkennt man Gedankenmuster und trifft besser Entscheidungen: Welche Gedanken sind Früchte und welches Unkraut!“ Coach Bohnaker rät ihren Kunden „klein anzufangen“. Bereits ein achtsamer Moment am Morgen reicht aus, um mal einzuchecken: „Welche Gedanken sind da? Negativ oder Positiv? Sind diese Gedanken von mir oder gehören sie gar nicht mir selbst? Was ist die Wirklichkeit und was habe ich gegebenenfalls von woanders aufgegriffen?“, beschreibt Bohnaker. Im nächsten Schritt werden diese Gedanken aufgeschrieben und sortiert. Menschen, die lieber digital arbeiten, können hierfür auch Apps wie Roam Research, Obsidian oder Transno nutzen.
Wie kontrolliert man den Social-Media-Konsum mit Mind-Gardening?
Um gute Samen zu säen, muss man laut Le Cunff die Beziehung zu Social Media nachhaltig verbessern. Dabei sollten aktive Entscheidungen getroffen werden hinsichtlich der Fragen: Wem will ich folgen? Welche Ideen will ich weiter erkunden? Welches Wissen will ich aneignen? Dafür kontrolliert man Social-Media-Feeds regelmäßig und bewusst. „Falls nötig sollten Menschen und Kanäle, die negative Gedanken und Ängste schüren, blockiert oder zumindest differenziert betrachtet werden. Nur so erhält man eine ausgeglichene Dosis an unterschiedlichen Informationen aus Social Media“, so Le Cunff.
Vor- und Nachteile von Mind-Gardening
Mit Hilfe von Mind-Gardening und Achtsamkeit können „mehr Gedanken generiert sowie Lernstrategien entwickelt werden, um innovative Lösungen in der Arbeit oder auch in unserem alltäglichen Leben zu finden”, erläutert Le Cunff weiter. Dieses bewusste Lenken von Gedanken, das Hegen und Pflegen von positiven und kreativen Gedanken verbessert die mentale Gesundheit und kann einen Beitrag zu einem zufriedenen und glücklichen Leben leisten. „Jedoch kostet diese aktive, bewusste Gedankenarbeit Zeit und das auf lange Sicht“, wendet die Expertin als mögliche negative Seite von Mind-Gardening an. „Denn Mind-Gardening fruchtet nur, wenn die Praxis regelmäßig und aktiv ausgeübt wird.“
Wie hilft es mentaler Gesundheit?
Durch die bewusste Arbeit mit Gedanken, Ideen und Themen in unserem Kopf und unserem Leben werden negative und unproduktive Gedanken ausgeschaltet. „Mind-Gardening ist ein langfristiger Prozess, der Gedanken schürt, die uns inspirieren und einen nachhaltigen Gewinn für Mental Health, Produktivität und Kreativität bedeuten“, betont Le Cunff ausdrücklich nochmal die Vorteile von Mind-Gardening.
„Denn mentale Gesundheit bildet die Grundlage für Leistungsfähigkeit und Lebensqualität. Alles, was wir erschaffen, kreieren oder in unser Leben einladen, basiert auf diesem Fundament. Ist es gestört, können sich Depressionen und Angststörungen entwickeln. Achtsamkeit in Form von Mind-Gardening etwa kann bei regelmäßiger Praxis eine wichtige Hilfe für die mentale Gesundheit sein. Wichtig ist das Anfangen und weiter dran bleiben“, betont auch Bohnaker. Dann werden Erfolge definitiv sichtbar. „Aber wie beim Gärtnern eben auch, braucht es Geduld, Zeit sowie (Selbst-)Liebe und Kontinuität!“
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Quellen
– mit fachlicher Beratung von Anne-Laure Le Cunff, Gründerin von Ness Labs
und
– Carolin Bohnaker, Holistic Soul & Business Coach