4. Dezember 2023, 6:49 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Der sogenannte Vaginismus gehört zu den häufigsten Sexualstörungen. Dabei verschließt sich die Vagina, nichts kann in sie eindringen. Für viele Frauen kann es deshalb beim Geschlechtsverkehr zu starken Schmerzen kommen. STYLEBOOK hat mit einer Fachärztin über Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten gesprochen.
Nahezu jede Frau hat schon einmal Schmerzen beim Geschlechtsverkehr erlebt. Oft liegt das daran, dass die Scheide nicht feucht genug ist. Allerdings gibt es auch Frauen, die innerlich so sehr verkrampfen, dass im wahrsten Sinne des Wortes nichts mehr geht und die Vagina „zu“ macht. Versuche, trotzdem etwas in sie einzuführen, sind mit höllischen Schmerzen verbunden. „Das ist wie eine Betonwand“, sagt Dr. med. Mandy Mangler, Chefärztin für Gynäkologie und Geburtsmedizin am Berliner Vivantes Auguste-Viktoria-Klinikum. „Bei Vaginismus ziehen sich die Beckenboden- und Scheidenmuskeln so stark zusammen, dass ein Reinkommen in die Vagina geradezu unmöglich ist.“
Wie äußert sich Vaginismus?
Primärer Vaginismus
Vaginismus kann zwischen seiner primären und sekundären Form unterschieden werden. Primärer Vaginismus ist angeboren. Hier hat die Frau von Beginn an Probleme, etwas in die Vagina einzuführen, ohne starke Schmerzen zu erleiden. Oftmals kann sie schon beim Einführen eines Tampons festgestellt werden, spätestens jedoch beim ersten Geschlechtsverkehr.
Sekundärer Vaginismus
Sekundärer Vaginismus entsteht erst im Laufe der Zeit. „Es kann beispielsweise sein, dass eine Frau nur bei einem Penis so reagiert“, sagt Dr. med. Mandy Mangler. „Weder der Mann noch sie selbst können ihn einführen.“ Vaginismus kann sich aber auch auf Finger, Tampons oder gynäkologische Untersuchungsinstrumente erstrecken. „Manche Frauen können tatsächlich überhaupt nichts in ihrer Vagina haben“, erklärt die Gynäkologin. „Sie empfinden das als zutiefst unangenehm.“
Mögliche Ursachen für Vaginismus
Einige Frauen entwickeln Vaginismus nach sexuellem Missbrauch: Um dieses Trauma nicht ein weiteres Mal durchleben zu müssen, „verschließen“ sie sich jedem weiteren Geschlechtsverkehr. „Es hat aber nicht automatisch immer etwas mit sexuellem Missbrauch zu tun“, betont Dr. med. Mandy Mangler. „Manche Frauen möchten diese Form der Intimität einfach nicht. Es gibt ja auch Frauen, die nicht berührt werden möchten.“ Vielfach stecken auch Ängste dahinter, beispielsweise vor möglichen inneren Verletzungen durch Sex. Überhöhter Leistungsdruck, gut im Bett performen zu müssen, kann ebenfalls zur Blockade führen, ebenso wie eine unbewusste Ablehnung des eigenen Partners.
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Behandlungsmöglichkeiten
Bei geringen Schmerzen
„Wenn die Frau keinen Leidensdruck verspürt, muss man Vaginismus nicht zwingend behandeln“, sagt Dr. med. Mandy Mangler. „Statt Tampons kann sie etwa Binden benutzen.“ In einer Partnerschaft kann Vaginismus aber zur Belastungsprobe werden. „Manche Frauen orientieren sich deswegen sexuell bewusst weg von Männern“, so Mangler. „Es gibt aber auch Frauen, die Vaginismus in einer heteronormativen Beziehung leben. Das ist oft für den Mann nicht sehr einfach, da er glaubt, daran schuld zu sein.“ Die gute Nachricht ist: Vaginismus lässt sich bei Bedarf durchaus erfolgreich behandeln. Meist ist eine Verhaltenstherapie dabei eine wichtige Komponente. „Frauen üben zum Beispiel, erst einmal nur den eigenen Finger oder einen Tampon einen Zentimeter weit einzuführen“, erklärt die Gynäkologin. „Sie lernen, dieses Gefühl auszuhalten und steigern Schritt für Schritt den Schweregrad.“
Entspannungstechniken
Da Entspannung krampflösend wirkt, können entsprechende Übungen auch bei Vaginismus helfen. Durch Atemübungen kann sich eine verkrampfte Muskulatur von alleine lösen oder vorbeugend dazu beitragen, dass diese nicht so stark ausfallen.
Beckenbodentraining
Wenn Entspannungstechniken nicht helfen, die Muskeln zu entkrampfen, kann Beckenbodentraining eine Methode sein, die Muskeln in der Vagina gezielt anzusteuern. Durch die richtigen Übungen kann man nämlich nicht nur lernen, wie man diese richtig anspannt, sondern auch, wie man sie entspannt.
Psychotherapie
Da Vaginismus oftmals psychische Ursachen hat, ergibt es nur Sinn zu versuchen, zugrunde liegende Traumata zu behandeln. Die Form der Therapie hängt dabei von den Erfahrungen und der Art der psychischen Belastung ab.
Vaginismusbehandlung mit Botox
Was bei Muskeln im Gesicht funktioniert, lässt sich auch bei Vaginismus anwenden. In extremen Fällen kann Botox daher bei Vaginismus helfen. Das Muskelrelaxans kann vorübergehend die Nervenimpulse an den betroffenen Stellen hemmen und so gegen die übermäßige Muskelspannung helfen. Eine solche Behandlung dauert nur etwa eine halbe bis dreiviertel Stunde. Die Kosten belaufen sich auf etwa 500 bis 1000 Euro.