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„Female Rage“

Psychologin erklärt: »Deshalb ist Wut bei Frauen ein Tabuthema

Wut bei Frauen: Wieso wir mehr davon fühlen müssen
Wut bei Frauen und wieso wir mehr davon fühlen müssen Foto: Getty Images
Desireé Oostland
freie Autorin bei STYLEBOOK

8. Oktober 2024, 14:49 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten

Wütende Frauen werden nicht gern gesehen. Frauen sollen lieber sanft, lieb und immerzu devot sein – das sind zumindest die Attribute, die ein Teil der Gesellschaft ihnen zuspricht. Viele nennen sie die „weiblichen“ Eigenschaften. Aber Frauen sind selbstverständlich auch wütend. Sie haben nur gelernt, es weniger zu zeigen. Und das kann schwerwiegende Folgen für den Körper haben. STYLEBOOK sprach mit einer Psychologin über „Female Rage“.

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Genau genommen haben Frauen genügend Gründe, um wütend zu sein. Mit Blick auf Ereignisse im Alltag vieler Frauen oder mit Blick auf die Geschichte (Stichwort: Patriarchat). Und ausgerechnet Frauen werden von dem Gefühl der Wut in der Außenwahrnehmung separiert. Eine wütende Frau wird nicht gern gesehen. Und wird sie dann gesehen, dann wirft man ihr gleich Hysterie, die voranstehende Menstruation oder eine zickige Persönlichkeit vor. Die weibliche Wut ist mit zahlreichen Stigmata behaftet. Dabei ist Wut eine der Grundemotionen des menschlichen Körpers.

Deshalb ist Wut so unglaublich wichtig

Grundsätzlich ist Wut als negative Emotion angesehen – dennoch ist sie essenziell. Sie gehört zu den Basisemotionen des menschlichen Körpers, neben Freude, Überraschung, Angst, Ekel, Trauer und Verachtung. Studien zeigen auch, dass Wut ebenso wie positive Gefühle wichtig ist, um ins Handeln zu kommen. Einiges können Menschen eben besser, wenn sie wütend sind. In der Studie ging es beispielsweise um Wahlen. Die Wut über politische Ereignisse führte dazu, dass die Probandinnen motivierter waren, überhaupt wählen zu gehen.

Zwar tut es dem Körper auch nicht gut, ständig wütend zu sein, denn dann wird es schnell selbstzerstörerisch, aber es tut ihm eben nicht gut, aufkommende Wut zu unterdrücken. Man kann es sich so vorstellen: Staut sich Wut um Körper an, dehnt sich eine Art Ballon der Toleranz so weit, bis er platzt. Das kann sich sogar in Krankheiten ausdrücken.

Anders sieht es bei Männern aus. Die haben weitaus weniger Probleme damit, ihre Wut auszudrücken. Schließlich wird Wut bei Männern auf andere Art interpretiert. Ein wütender Mann gilt schnell als durchsetzungsstark, männlich und kraftvoll. Macht Sie das nicht auch gerade wütend, dieses Ungleichgewicht zu lesen?

Wir haben über die weibliche Wut und ihre Bedeutsamkeit mit Diplom-Psychologin Prof. Dr. Eva Asselmann gesprochen und herausgefunden, wieso Wut bei Frauen so verpönt ist und wie Wut den besten Weg des Ausdrucks findet.

„Female Rage“– die verlernte Wut der Frauen

„Wut wird in unserer Gesellschaft häufiger mit Männern assoziiert, während von Frauen traditionell erwartet wird, lieb, angepasst und ruhig zu bleiben“, so die Psychologin. „Gemäß traditioneller Rollenbilder sollten Mädchen und Frauen auch in schwierigen Situationen die Fassung bewahren und ihre Wut unterdrücken, anstatt sie offen zu zeigen“. Anders werden aber Männer großgezogen: „Im Gegensatz dazu werden bei Jungen und Männern Eigenschaften wie Durchsetzungsvermögen und Dominanz tendenziell positiv bewertet, und Wut wird eher als akzeptabler Teil dieses Verhaltens wahrgenommen.“ Viele Frauen erleben die Unterschiede besonders im beruflichen Kontext: Zeigt sich der Kollege wütend, wird er eher als autoritär wahrgenommen. Als Frau gilt man dann schnell als zickig und nicht professionell, oder gar als emotional. Aber woher kommen diese Unterschiede in der Wahrnehmung?

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Weibliche Wut ist ungern gesehen

„Weibliche Wut widerspricht den traditionellen Geschlechtsstereotypen und gilt daher oft als problematisch“. Bedeutet: Frauen, die ihre Wut ausdrücken, werden häufig als emotional instabil oder hysterisch abgestempelt. „Ihnen wird nachgesagt, sie könnten sich nicht beherrschen oder hätten ihre Emotionen nicht im Griff, während bei Männern Wut oft als Ausdruck von Stärke oder Durchsetzungsvermögen interpretiert wird“, erklärt Asselmann. Nun, das hat zur Folge, dass viele Frauen ihre Wut unterdrücken und später verlernen, mit ihr im gesunden Maße umzugehen.

Aber welchen psychologischen Auswirkungen hat es, wenn Frauen ihre Wut unterdrücken. „Wut ist eine wichtige Emotion, die uns signalisiert, dass unsere Grenzen verletzt wurden. Sie kann uns motivieren, unsere Bedürfnisse zu verteidigen und für unsere Rechte einzutreten“, so die Psychologin. Die Wut nicht auszudrücken ist daher gefährlich – und der Körper zeigt eines Tages, dass man gegen die natürlichen Prozesse im Körper arbeitet: „Wenn Wut jedoch unterdrückt wird, kann dies zu psychischen und körperlichen Belastungen führen, wie innerer Anspannung, Schlafstörungen, Niedergeschlagenheit oder psychosomatischen Beschwerden“.

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Was tun gegen Wut?

Wie aber äußert man die Wut auf gesundem Wege – ohne sich selbst oder gar andere zu schaden? Die Psychologin erklärt: Bei intensiver Wut empfiehlt es sich, zunächst Abstand zu gewinnen und sich aus der Situation zu entfernen, zum Beispiel durch einen kurzen Spaziergang an der frischen Luft. „Wenn die akute Wut abgeklungen ist, hilft es, sich zu fragen: Warum bin ich eigentlich so wütend? Was genau hat mich verärgert? Welche Lösung wünsche ich mir, und wie kann ich das konstruktiv kommunizieren?“

Laut Prof. Dr. Asselmann kann das reflektieren und bewusste wahrnehmen der Wut dabei helfen, für sich selbst einzustehen und Probleme aktiv anzugehen.

Themen Female Empowerment Mental Health
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