14. Januar 2021, 13:19 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Treibt „Free Bleeding“ das Thema Natürlichkeit auf die Spitze? Vielleicht. Auf jeden Fall ist die freie Menstruation für viele Frauen ein Thema, das mit viel Skepsis betrachtet wird. STYLEBOOK hat mit Bloggerin Anne Zietmann gesprochen und erfahren, wie das Bluten lassen ohne irgendwelche Hilfsmittel genau funktioniert und was es mit dem Körper machen kann.
Free Bleeding heißt übersetzt freie Blutung – und genau das ist es auch: Bei der freien Menstruation darf das Blut einfach laufen, keine Barrieren wie Tampons, Tassen oder Binden werden dem Fluss in den Weg gelegt. Klingt unhygienisch? Nicht, wenn man seinen Körper kennt und rechtzeitig zur Toilette geht, sagt Anne Zietmann. „Man muss sich da selbst einschätzen lernen“, erklärt die bekennende Verfechterin der freien Menstruation.
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Wie funktioniert Free Bleeding?
Das Blut fließt während der Regel nicht permanent, sondern kommt in Etappen, man kann sich also darauf einstellen. Für den Zeitpunkt gebe es klare Anzeichen, erklärt Zietmann: „Bei mir kündigt sich das immer an: Es wird feucht, dann gehe ich auf die Toilette. Erst dann kommt der große Schwall. Das fühlt sich vorher meistens schon viel an, tatsächlich sind es aber nur ein paar Tropfen.“ Timing ist also der entscheidende Faktor. Laut der Bloggerin kann man sogar die Uhr danach stellen, wenn man denn seinen Körper kennt. Sie selbst praktiziert die freie Menstruation bereits seit fast zehn Jahren.
Wie viel Blut fließt beim Free Bleeding?
Wie viel Blut während der Regel fließt und wie oft der Fluss kommt, ist bei jeder Frau anders. Auch der Blutungstag spielt dabei eine Rolle. „Mit mittelstarken Blutungen gehe ich am ersten Tag etwa jede Stunde auf die Toilette. Am zweiten Tag wird es schon weniger, der Rhythmus variiert dann zwischen ein und eineinhalb Stunden. Am dritten Tag fällt es mir kaum noch auf. Da reicht es, wenn ich alle vier bis fünf Stunden auf die Toilette gehe“, erzählt Zietmann.
Sie glaubt, dass die Regelmäßigkeit ihrer Blutung auch damit zusammenhängt, dass das „Rauslassen“ ein bewusster Vorgang ist. Generell könne man dem Blut helfen, besser abzufließen: Ideal sei die Hock-Position, so die Expertin. Neben der „anatomisch günstigeren Position“ könne es helfen, Vor- und Zurückbewegungen mit dem Becken zu machen. Letztendlich müsse das aber jede Frau für sich ausprobieren. Den Zeitpunkt der Blutung selbst könne sie allerdings nicht beeinflussen, der lasse sich höchstens „minimal verzögern“.
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Hilfsmittel sind auch beim Free Bleeding erlaubt
Wer Free Bleeding testen will, dem rät die Bloggerin, am Anfang eine normale Binde zu verwenden, nachzuspüren und immer, wenn man merkt, dass sich ein Schwall ankündigt, zur Toilette zu gehen, um das Blut in Ruhe abfließen zu lassen. Auch nach dem ersten Ausprobieren kann im Alltag mit Hilfsmitteln gearbeitet werden – das müsse jede für sich entscheiden. Frauen, die entweder nicht immer eine Toilette in der Nähe haben oder sich nicht ständig zurückziehen können, rät Zietmann zu Stoffbinden oder der Moon Cup. Sie selbst benutzt beides in Ausnahmefällen. Das gilt auch für Zeiten, in denen die Periode stärker ist: „Nach der Geburt meines ersten Kindes hatte ich extrem starke Blutungen, da war Free Bleeding nicht so einfach“, erzählt Zietmann. Stoffbinden und Menstruationstassen seien in dieser Zeit Hilfsmittel gewesen, auf die sie immer wieder zurückgegriffen habe.
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Warum überhaupt Free Bleeding?
Free Bleeding ist die wohl natürlichste Art, mit der eigenen Periode umzugehen. Obendrein ist es umweltfreundlich und kostengünstig, weil komplett auf Wegwerf-Hygiene-Artikel verzichtet wird. Auch in Sachen Körpergefühl berge die Methode Vorteile: „Es fördert den Kontakt zu dir selbst, du verstehst deinen Körper einfach besser“, sagt Zietmann.
„Ich mache gerne Körperbeobachtungen und mag es, wenn ich das Blut einfach rauslassen kann.“ Daneben fühle sich der vaginale Bereich besser an, „irgendwie angenehmer, nicht mehr ausgetrocknet und natürlicher.“ Heute habe sie weniger Regelschmerzen und ihre Blutungen seien geringer geworden. „Ich kann natürlich nicht beweisen, dass es damit zusammenhängt, aber früher hatte ich etwa fünf bis sechs Tage meine Regel. Wenige Monate nachdem ich mit der freien Menstruation anfing, reduzierte sich das auf drei Tage.“
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Welche Nachteile hat Free Bleeding?
Einen Schwachpunkt attestiert Zietmann der Methode aber dennoch: „Ich kann es einfach nicht immer uneingeschränkt anwenden.“ Die Lösung sei, sich einmal zu überlegen, mit welcher Alternative man gut zurechtkomme. Zum Beispiel Stoffbinde oder Menstruationstasse. Allen Free-Bleeding-Interessierten rät die Bloggerin, das Ganze nicht zu dogmatisch zu betrachten, sondern als Versuch, den eigenen Körper bewusster zu erleben. Jede Frau sollte dabei die Methode für sich finden, die sich für sie am besten anfühlt. Richtig oder falsch gebe es nicht.
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