19. April 2024, 20:03 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
An Mode-Fragen scheiden sich schnell die Geister. Dennoch gibt es definitiv Trends, die den Style bestimmen. Looks und Fashion-Pieces, die überall zu sehen sind. STYLEBOOK sprach mit zwei Trendscouts aus Berlin über ihren ungewöhnlichen Beruf.
Übersicht
Was macht ein Trendscout?
Für einen Trendscout geht es in erster Linie darum, modische Strömungen und Entwicklungen rechtzeitig zu erkennen und zu formulieren, wobei die Abnehmer für den Experten-Rat vor allem Modehersteller oder Einkäufer für große Textil-Ketten sind: Hersteller wollen wissen, was die Trends für Schnitte, Farben und Materialien sind, Modegeschäfte müssen ihr Sortiment planen und gestalten. An dieser Stelle unterscheidet der Experte genau zwischen „Long Term“ oder „Macro Trends“ – vegane Mode wird sich längerfristig halten, eher kurzfristig rangieren „Destroy Denim“ oder „Vintage Waschungen“.
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Trendscouts planen zwei Saisons im Voraus
Martin Wuttke (nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Schauspieler) ist jemand, der genau weiß, worauf es in der Branche ankommt. „Bei unserer Arbeit sind wir meistens mit Long-Term-Trends beschäftigt. Ein ganz wichtiger Aspekt ist die Analyse von aktuellen Farben, die meine Frau und ich für zwei Mode-Saisons im Voraus bestimmen müssen“, so der Berliner Designer und Trendscout. Für den Beruf des Trendscouts ist Neugier und Networking essenziell, daneben sollte man Ausdauer im Reisen besitzen. Wuttke: „Wir reisen viel, speziell nach Asien. Aber natürlich sind wir auch oft in Paris und Mailand unterwegs. Das sind wichtige Ziele, die wir regelmäßig für unsere Recherche nutzen.“
Internationale Mode- und Textilmessen oder Fashion-Weeks dienen zur Inspiration, gleichzeitig aber auch kleinere Ausstellungen oder Events in Berlin. Zudem seien er und seine Frau mit vielen Designern, Musikern und Künstlern vernetzt, erklärt Wuttke.
Was beobachtet ein Trendscout?
„Wir schauen ständig auf Veränderung“, erklärt Martin Wuttke. „Vor allem in den Bereichen Lifestyle, Kunst und Musik, aber auch, wie sich die Situation im Handel bewegt, was es beispielsweise für neuartige Store-Konzepte gibt.“ Ganz wichtig seien außerdem neuartige Materialien und Herstellungsprozesse.
Dabei ist Trend nicht gleich Trend: Was für Übersee gilt, muss nicht unbedingt in Europa funktionieren. Um aus der Palette unzähliger Mode-Strömungen DEN Hit für die kommende Saison herauszupicken, bedarf es deswegen ein gutes Gespür und auch ein bisschen Glück. „Mit den Informationen, die wir sammeln, entwickeln wir Prognosen, die für die Hersteller wichtig sind. Vor allem in den Bereichen Farbe, Schnittformen, Schuhstyles oder auch Taschenformen“, so der Trendscout.
Oft sind es Dinge, die auf den ersten Blick gar nicht nach Fashion oder Trend aussehen, die den Keim für eine neue Bewegung oder eine Veränderung im Lifestyle ankündigen. So sei schon bei der ersten „Friday for Future“-Demo deutlich geworden, dass es einen Zug in Richtung nachhaltiger Mode geben wird, erklärt der Trendscout.
Wann werden Trends gesetzt?
Generell gilt: „Trends müssen rechtzeitig gefiltert, analysiert und definiert werden! Zu früh ist nicht hilfreich, zu spät erkannt ist ein Trend unter Umständen schon wieder verbannt oder hat seinen Höhepunkt überschritten.“ Ein wichtiger Tipp vom Trend-Experten: „Man muss lernen, die eigenen Geschmacksmuster auszuschalten. Es muss klar getrennt werden, was eine persönliche Empfehlung ist oder welche neuen Trends für die Marke richtig und wichtig sind.“
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Was verdient man als Trendscout?
„Die Tagessätze oder Honorare sind ganz unterschiedlich gestaffelt“, erklärt Martin Wuttke. Generell komme es immer auf den Arbeitsumfang an. „Je nach Art des Angebots kann ein Workshop über vier Tage mit Trendpräsentation in China um die 4000 Euro betragen. Das bedeutet aber auch eine tagelange Vorarbeit, die Erstellung einer Präsentation, der Aufenthalt vor Ort und teilweise einen 19-Stunden-Tag. Andere Projekte erstellen wir aber in zwei Tagen, die sind dann auch günstiger.“
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Kann man Trendscout lernen?
Generell gilt: Für den Job braucht man fundierte Fachkenntnisse, allerdings gibt es keine eindeutige Ausbildung. Die meisten seien Quereinsteiger aus den Bereichen Mode, Musik, Architektur oder Kunst, wobei laut Wuttke auch Marketing-Experten, Sozialwissenschaftler, oder Kunstwissenschaftler in Trendagenturen sehr erfolgreich seien.
Generell ist eine Ausbildung oder ein Studium im Modebereich definitiv hilfreich. „Angefangen haben wir mit einer Ausbildung als Bekleidungsnäher, gefolgt von einer Schnittausbildung. Danach kam ein Studium in Paris, bei der königlichen Akademie in Antwerpen und beim Lette Verein in Berlin. Schon während des Studiums haben wir als Freelancer für Streetwear Kollektionen designt und für ein Pariser Trend-Büro gearbeitet“, erklären die Trendscouts ihren eigenen Werdegang.
In den 90ern gründete das Paar ein eigenes Label: „Wir haben unsere eigene Textilkollektion Next G+U.R+U Now in Berlin designed, hergestellt und international vertrieben. Bedeutet: Wir kennen den kompletten Weg von der ersten Zeichnung über Prototypen, Fittings, Messe-Präsentation, Catwalk-Shows und den Vertrieb aus eigener Erfahrung.“ Heute konzentrieren sich die Wuttkes auf die Entwicklung von Kollektionen für Hersteller wie Helly Hansen, New Yorker und Karstadt Sport. Schwerpunkt: Lederwaren, Schuhe und Taschen.