24. März 2017, 12:17 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Ein schicker Designer-Fummel für unter 20 Euro? Wenn uns ein solches „Superangebot“ beim Durchscrollen der Facebook-Startseite begegnet, schlagen wir natürlich gerne zu. Das böse Erwachen kommt dann spätestens mit der Lieferung – in Form minderwertiger Schundware. Der Hintergrund: organisierte Produktfälscherei in großem Stil.
Es ist bestimmt auch Ihnen schon aufgefallen: Beim Surfen durchs Web werden uns immer wieder unaufgefordert Produkte angezeigt, die es schaffen, unser Interesse zu wecken. Oftmals handelt es sich dabei um angebliche Designerware zu mega-erschwinglichen Preisen – „echte“ Schnäppchen also. Klar, dass viele Nutzer da schwach werden und zuschlagen, hochwertige Geschmeide gibt es ja sonst nicht so günstig. Und so ist es leider auch in diesem Fall.
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Nutzer werden reingelegt
Immer mehr Shopper stoßen online auf die vermeintlichen Super-Angebote von Verkaufsplattformen wie DressLily, Zaful, SammyDress oder TideBuy. Diejenigen von ihnen, die sich dazu hinreißen lassen, doch statt des abgebildeten Markenkleids einen unförmigen Sack aus dem Postpaket gezogen, formieren sich inzwischen massenhaft in Facebook-Gruppen, wie zum Beispiel die Gruppe „Knock Off Nightmares“.
Betrügerei im großen Stil
Tatsächlich also kein Einzelfall, sondern eine großorganisierte Schwindelei mit Standort in China. Wie die funktioniert, hat das Nachrichtenportal „Buzzfeed“ herausgefunden. Fotos von echter Designer-Fashion werden irgendwo aus dem Netz geklaut – von offiziellen Online-Shops, Red-Carpet-Aufnahmen von Celebrities oder Instagram-Accounts – und vermeintlich zum Kauf angeboten. Wer darauf eingeht, bekommt laut „Buzzfeed“ ein minderwertig nachproduziertes Textil zugesandt, das häufig nach Chemie stinkt, nicht einmal aus dem versprochenen Material besteht und weder Ähnlichkeit mit dem Original, noch eine ansehnliche Passform hat. Für raffinierte Schnitte, Taillierungen oder ordentliches Vernähen von Knöpfen fehlt logischerweise das Produktionsbudget – Look samt Lieferung unterschreiten in der Regel einen Komplettpreis von 20 Euro
Der Kunde ist machtlos
„Einfach umtauschen“, möchte man jetzt raten. Doch das ist in diesen Fällen quasi unmöglich. Wie „Buzzfeed“ berichtet, handelt es sich bei Anbietern à la Rosegal und Co. lediglich um Briefkasten-Geschäfte. Hinter den meisten von ihnen stecke eine Firma mit Sitz in China: Shenzhen Global Egrow E-Commerce, die 2014 mehr als 200 Millionen US-Dollar erwirtschaftet haben und im selben Jahre von der Modemarke Shanxi Baiyuan Trousers gekauft worden sein soll. Kundenservice-Mitarbeiter oder Zuständige für Retouren und Rückerstattung seien nicht zu erreichen, schreibt „Buzzfeed“, und eine Nachfrage des Nachrichtenportals durch Shenzhen Global Egrow nicht erwidert worden.
Das Hauptproblem für Online-Shopper
Fatalerweise können Nutzer sich nicht einmal mehr bei etablierten Online-Shops sicher sein. So haben die Chinesen unter ihrem Abnehmerstamm auch renommierte Versandhäuser, liefern ihre Produkte etwa in die Amazon-Logistikzentren, wo sie gelagert und irgendwann weiterverschickt werden. Glück für die Händler: Da sie außerhalb der Reichweite von Marktüberwachern und Finanzämtern sitzen, können sie nicht belangt werden. Dem Online-Shopper bleibt daher aktuell nichts anderes übrig, als seinen gesunden Menschenverstand einzusetzen. Wenn Angebote viel zu gut erscheinen, um wahr zu sein, sind sie es auch nicht.