5. Dezember 2022, 12:12 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Der beliebte Schuhhändler Görtz hatte im September 2022 aufgrund Insolvenz ein Sanierungsverfahren angemeldet. Betroffen waren rund 160 Filialen in Deutschland und Österreich und dessen 1800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Nachdem ein Investor erst vor wenigen Tage überraschend abgesprungen war, scheint nun doch Rettung in Sicht. STYLEBOOK kennt die Details.
Der Hamburger Schuhhändler Görtz hatte im September 2022 offiziell Insolvenz angemeldet und ein Sanierungsverfahren eingeleitet. Das Amtsgericht Hamburg hatte folglich – rund drei Monate nach den Anträgen – die gerichtlichen Sanierungsverfahren der Görtz-Gesellschaften eröffnet und die Eigenverwaltung angeordnet. Somit schritt die Sanierung der Unternehmensgruppe weiter voran, jedoch war die Schließung zahlreicher Filialen laut Unternehmen unvermeidbar. Doch der Sparkurs lockt Interessenten: Ein neuer Geldgeber ist bereit, Görtz aus der Krise hinaus zu helfen.
Wechsel bei Investoren nach Görtz-Insolvenz
Nach vor einigen Monaten sah das angeschlagene Schuhunternehmen positiv in die Zukunft. Laut dem Magazin „Wirtschaftswoche“ soll Görtz einen Investor gefunden haben, der bereit ist, in das Unternehmen zu investieren. „Nach einem intensiven Investorenprozess und umfangreichen Gesprächen mit zahlreichen Interessenten hat sich der vorläufige Gläubigerausschuss für einen langfristig orientierten Privatinvestor mit Hamburger Wurzeln entschieden“, teilte das Unternehmen mit. Nachdem dieser abgesprungen war, hatte ein Münchener Unternehmen sein Interesse bekundet. Doch vor wenigen Tagen dann die nächste Hiobsbotschaft: auch dieser Investor sprang überraschend ab.
Neuer Görtz-Interessent ist kein Unbekannter
Ersatz wurde schnell gefunden, denn wie die „Mopo“ berichtet, sei ein neuer Investor gefunden. Dabei handelt es sich um den langjährigen Lebenspartner der Sängerin Vicky Leandros, Bolko Kissling. Schon seit längerer Zeit zeigte der Geschäftsmann Interesse an einer Übernahme. In einem Statement der Görtz-Geschäftsführung hieß es bereits, dass die Investorenvereinbarung abgeschlossen und notariell beurkundet worden ist. Ob es das angeschlagenen Unternehmen Görtz dadurch aus der Insolvenz schafft, werden die nächsten Monate zeigen.
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Wie das Schutzschirmverfahren derweil die Insolvenz aufhalten soll
Bei dem Schutzschirmverfahren handelt es sich um eine Spezialform zur Sanierung des Unternehmens in Eigenverwaltung, bei dem das bisherige Management die Geschicke des Unternehmens in der Hand behält. Die Geschäftsführung, Frank Revermann und Tobias Volgmann (CFO), bleiben weiter im Amt, der Sachwalter führt die Aufsicht.
Mit den gerichtlichen Sanierungsverfahren in Eigenverwaltung wolle sich die Görtz-Gruppe „konsequent restrukturieren und zukunftssicher aufstellen“. Die Geschäftsführung erarbeiteten dafür eigens einen Sanierungsplan. „Wenn die Gläubiger diesem Plan zustimmen und das Gericht ihn bestätigt, wird der Erhalt und die nachhaltige Fortführung von Görtz gesichert“. Görtz sei „eine starke und bekannte Marke, die weiterhin viel Potenzial in sich trägt“, so der CEO Frank Revermann.
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Gründe für die Schließung von Görtz
Dabei wird die aktuelle Entwicklung und das Insolvenzverfahren mit dem Ukraine-Krieg, der hohen Inflation und steigenden Energiepreisen begründet. Denn diese Faktoren hätten zu „enormer Kaufzurückhaltung in den Filialen und im Onlinegeschäft“ geführt. Die Löhne und Gehälter der rund 1800 Beschäftigten für September, Oktober und November seien durch die Bundesagentur für Arbeit gesichert, doch „ab Dezember 2022 wird Görtz die Löhne und Gehälter wieder aus eigenen Mitteln zahlen.“
Auch seien die Mieten der Verkaufsflächen einfach zu teuer geworden. Ein entscheidender Faktor seien laut Görtz dabei die Gespräche mit den zahlreichen Vermietern über unrentable Filialen, bei denen es um signifikante Mietreduktionen geht. Görtz musste bereits die Mietverträge von Filialen kündigen, bei denen keine Mietreduktionen erzielt werden konnten. Davon seien auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der jeweiligen Filialen betroffen.
„Diese Schritte fallen uns sehr schwer. Aber wenn die derzeitige Kaufzurückhaltung anhält und wir mit unseren Vermietern keine deutlichen Mietreduzierungen erreichen können, haben wir keine Wahl: dann müssen wir die jeweiligen Filialen schließen. Andernfalls gefährden wir die besser laufenden Filialen und letztlich die Sanierungschancen von Görtz insgesamt“, sagt Frank Revermann, CEO der Görtz-Gesellschaften.
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Wer ist von der Görtz-Insolvenz betroffen?
Im Einzelnen sind die Muttergesellschaft sowie die Tochterunternehmen Görtz Retail GmbH und Görtz Logistik GmbH betroffen. Das Unternehmen betreibt rund 160 Filialen in Deutschland und Österreich. Als vorläufigen Sachwalter setzte das für Insolvenzfälle zuständige Amtsgericht Hamburg den Anwalt und Sanierungsexperten Sven-Holger Undritz von der Restrukturierungs- und Insolvenzrechtskanzlei White & Case ein.