4. März 2024, 21:13 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Wenn es um den eigenen Stil geht, dann verändert er sich über die Jahre. Was man früher einfach aus dem Kleiderschrank zog, schafft es später nicht einmal in die entfernte Auswahl. Dabei sind es auch Kleidungsstücke, die wir so gern getragen haben – wäre da nicht die auferlegte Altersbeschränkung der Mode. Oft verzichten Frauen auf Kleidungsstücke, weil sie überzeugt davon sind, es würde dem Alter nicht entsprechen. Aber wer legt diese Maßstäbe eigentlich fest?
Etwas nicht zu tragen, weil man denkt, man sei nicht mehr „jung“ genug, ist kein triftiger Grund. Und dennoch überlege ich schon mit 31 Jahren, ob ich die knallenge Jeans nicht eher meinem 18-jährigen Ich überlassen sollte – was ein Quatsch! Doch die Gedanken sind da, und ich gehöre gerade immer noch einer jungen Generation an (auch, wenn mich Jugendliche mittlerweile siezen und ich weiß, dass das der Wendepunkt der Jugend ist). Viel häufiger höre ich die Garderobenverunsicherung aus Altersgründen bei älteren Frauen heraus: Sie tragen gewisse Kleidungsstücke nicht mehr, weil es ihrem Alter vermeintlich nicht zusteht. Doch wer entscheidet darüber, welche Kleidung bis zu welchem Alter erlaubt ist?
Es gibt einen Unterschied zwischen jung und peinlich in der Mode
Selbstverständlich komme ich mir lächerlich vor, wenn ich über meine viel zu enge Kleidung im jungen Alter nachdenke, an meinen immer unterkühlten unteren Rücken, der weniger modisch, aber zu dem Zeitpunkt notwendig herausragte – und den Grundstein für eine chronische Blasenentzündung legte. Und an das kurze (aber nicht gewollt gecroppte) Shirt mit der Aufschrift „Zicke“. Dass ich mich dafür schäme – und nie wieder damit in Verbindung gebracht werden möchte – liegt aber nicht an meinem Alter, sondern daran, dass das alles schon früher peinlich war. Was aber nicht aus „der Mode gekommen ist“ sind die Basics der vermeintlich jungen Mode.
Ich spreche also von kurzen Röcken und Shirts, grellen Farben, Overknee-Boots oder Schleifen in den Haaren: Alles Kleidungsstücke und Accessoires, die eher jungen Menschen zugeschrieben werden. Sobald eine ältere Frau einen kurzen Rock und gern knallige Farben trägt, heißt es schnell: „Die will auch immer jünger wirken“.
Aber wer entschied eigentlich eines Tages darüber, was wir wann tragen können und wer hat alle den Kleidungsstücken eine Altersbeschränkung auferlegt? Waren es die Filme, die Zeitschriften, die Gesellschaft unter sich? Immer wieder höre ich beispielsweise von meiner Oma vehemente Sätze wie „Die Farbe kann ich doch in meinem Alter nicht mehr tragen!“ Jung bedeutet hier knackig, knallig und gewagt. Mittelalt: schick. Alt: so zurückhaltend wie möglich. Das gilt für Kleidung ebenso wie für das Make-up.
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Kleidung zum richtigen Alter – worauf es eigentlich ankommt
Doch ist es nicht viel wichtiger, sich passend zum eigenen Typ zu kleiden, als zum Alter? Um nicht „verkleidet“ zu wirken, wovor die Menschheit solch eine große Angst hat, würde es reichen, wenn wir zu den Kleidungsstücken greifen, die uns ausmachen, gefallen und die wir mit einem Selbstverständnis tragen.
Wenn ich mein Leben lang gern Miniröcke getragen und diese zu meinem Markenzeichen ernannt habe, wann feiere ich den Geburtstag, der mir das dann plötzlich verbieten soll? Die Influencerin Grece Ghanem macht es uns und ihren zwei Millionen Followern vor: Sie trägt, was ihr gefällt, und zwar mit Überzeugung – und es sieht immer grandios aus. Man könnte ihre Garderobe einfach kommentarlos über eine 20-jährige Frau stülpen. Niemandem würde es auffallen.
Im Internet findet man tausende Artikel und Videomaterial, dass uns erklärt, wie man sich ab welchem Alter zu kleiden hat. Und das schürt natürlich Verunsicherung. Doch diese Verunsicherung können wir so langsam beiseite räumen. Sprechen wir also dieser Tage so viel von Akzeptanz und Entfaltung, dann gilt das auch für ausgefallene und individuelle Kleidung im hohen Alter. Nicht alles, was älter als 60 ist, muss beige und zurückhaltend sein. Lassen Sie uns Sätze wie „Das sollte man nicht mehr tragen“, einfach in unseren Köpfen umwandeln. Am besten in: „Das sollte man jetzt erst recht tragen!“