5. Juli 2023, 20:32 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Fast jeder kennt seine Kleidergröße und schaut beim Shoppen meist zuerst auf das Schild im Kragen oder Hosenbund. Doch nicht immer passt die vermeintlich richtige Größe auch. Aber woher weiß man, welche Kleidergröße für einen selbst optimal ist und woher kommen die Bestimmungen der Kleidergrößen überhaupt? STYLEBOOK erklärt’s.
Im Laden greift man routiniert zur gängigen Kleidergröße und stellt bei der Anprobe erstaunt fest, dass die Hose zu klein oder das Kleid viel zu groß sind – obwohl es sich um genormte Konfektionsgrößen handelt, die immer gleich ausfallen (sollten). Oder etwa doch nicht?
Übersicht
Wie alles begann …
Bereits 1799 wurde in Deutschland das erste Konfektionshaus eröffnet. Trotz der Möglichkeit der maschinellen Fertigung wurde die Kleidung bis ins 20. Jahrhundert von Hand erstellt. Um diese optimal erstellen zu können, mussten zuvor die Maße des späteren Trägers genommen werden, um die perfekte Passform zu gewährleisten. Einen Umschwung bei diesem mühsamen Verfahren brachte die Industrialisierung und die damit verbundene Massenproduktion mit sich. Durch sie konnten die Kleidungsstücke fortan maschinell produziert werden. Maßnehmen war nicht länger an der Tagesordnung. Stattdessen mussten einheitliche Größen her: die Geburtsstunde der Kleidergrößen.
Wie entstehen Einheitsgrößen?
Obwohl Kleidung schon seit der industriellen Revolution maschinell hergestellt werden konnte, wurden bis ins 20. Jahrhundert noch viele Teile per Hand genäht. Natürlich mit perfekter Passform, denn für handgearbeitete Mode wurde direkt Maß genommen. Ein Aufwand, der für die Massenproduktion nicht infrage kam. Stattdessen setzten Hersteller von maschinell gefertigter Kleidung auf Einheitsgrößen.
Reihenmessungen erfassen durchschnittliche Körpermaße
Das Schlüsselwort dafür sind Reihenvermessungen – die letzte Messung vor 2007 fand 1994 statt. Diese Vermessungen, durchgeführt an zahlreichen Probanden, dienen dazu, die durchschnittlichen Körpermaße der Bewohner eines Landes zu erfassen und sie dementsprechend auszuwerten. Darum kümmert sich in Deutschland das Textilforschungszentrum der Hohensteiner Institute in Baden-Württemberg. 2007/2008 wurden diese Messungen unter dem Namen „Size Germany“ an 13.362 Frauen, Kindern und Männern zwischen 6 und 87 Jahren mit einem 3 D-Körperscanner durchgeführt. „Size Germany“ gilt als die größte Reihenmessung in Deutschland.
Einheitsgrößen verändern sich im Laufe der Zeit
Und in den 13 Jahren ist viel passiert, denn tendenziell werden wir alle größer. Der Taillenumfang von Frauen wuchs im Durchschnitt um 4,1 Zentimeter und der Hüftumfang um 1,8 Zentimeter. Auch die Brustspanne nahm seither um 2,3 Zentimeter zu. Der Durchschnitt dieser Messungen bildet die Grundlage für neu berechnete Kleidergrößen.
Doch Achtung! Die Größen aus der Vermessung dienen den Marken lediglich als Richtlinien und sind nicht verbindlich. Das ist auch der Grund, warum die Passform von Hersteller zu Hersteller variiert.
Auch interessant: Die richtige BH-Größe finden – die besten Tipps
Die richtige Kleidergröße und wie man sie findet
Kleidergröße ist pure Mathematik
Grundsätzlich gilt bei der Berechnung der eigenen Konfektionsgröße: Brustumfang geteilt durch zwei. Bei der Berechnung der Konfektionsgröße von Frauen werden von dem Ergebnis noch sechs abgezogen. Natürlich müssen weitere Faktoren wie Kopf-, Hals-, Brustumfang, Armlänge, Umfang des Brustkorbs, die Fußlänge, der Unterbrust-, Taillenumfang und der Umfang von Hüfte und Gesäß beachtet werden, um die optimale Passform für jedes Kleidungsstück zu erlangen.
Welche Größen gibt es?
Zu den bekanntesten Größenordnungen gehört die Aufteilung von 32 bis 54 bei Frauen und bei Männern von 40 bis 62. Aber auch Symbole wie XS, S, M, L, XL kommen wohl jedem bekannt vor. Immer mehr Hersteller bieten mittlerweile auch L und K Größen an. Lang (L) steht in diesem Fall für Frauen, die über 172 Zentimeter groß sind. Während Kurz (K) sich an die Frauen richtet, die zwischen 165 und 172 Zentimeter groß sind.
Konfektionsgrößen im Ausland
Trotz der Bemühungen einer einheitlichen Konfektionsgröße EU-weit ist das Shoppen im Ausland nicht immer einfach. Denn hier gelten zum Teil ganz andere Standards. In China beispielsweise entspricht die Kleidergröße von Frauen ihrem kompletten Brustumfang. In den USA beginnt die Größentabelle mit der oft zitierten „Size Zero“, also Größe 0.
Auf diesen Etiketten sind aber auch die länderübergreifenden Größen vermerkt und viele Läden führen Tabellen, anhand derer die entsprechende Größe ermittelt werden kann.
Wer wenig von Tabellen hält, dem helfen beim Shoppen diese Tipps und Tricks:
Frankreich
Was in Deutschland eine Größe 36 ist, ist in Frankreich von der Passform eigentlich eine 34. Man muss demnach immer eine Kleidergröße auf die im französischen Produkt vermerkte Zahl drauf addieren.
Italien
In Italien ist eine deutsche 38 tatsächlich eine IT 42. Es gilt also: Von der italienischen Größe müssen vier abgezogen werden – oder zwei angegebene Konfektionsgrößen.
Vereinigte Staaten (USA)
Eine amerikanische Größe 2 wäre in Deutschland eine Größe 32. Man rechnet also immer minus 30 oder nimmt einfach die letzte Zahl der eigenen deutschen Größe als Richtlinie. Ab Größe 40 geht es bei den amerikanischen Größen mit 10, 12, 14 < weiter.
Großbritannien
Für UK-Größen existiert leider kein eingängiger Merksatz. Da hilft nur einprägen: Eine deutsche 40 ist bei den Briten eine 14, eine 32 geht als Größe 6 über den Ladentisch.
Asien
Korea, Japan oder China berechnen die Konfektionsgröße anhand des Brustumfangs und übertragen das Ergebnis in ihre länderspezifischen, metrischen Systeme. Hier sollte zusätzlich beachtet werden, dass Asiaten oft schmaler gebaut sind als Europäer, weshalb Größen möglicherweise kleiner als angegeben ausfallen.
Negativ-Trend Rückschritt! 2023 waren deutlich weniger Plus-Size-Models auf den internationalen Laufstegen
Dickstes Supermodel der Welt Tess Holliday: »Plus-Size-Frauen werden ignoriert!
Interview mit Angelina Kirsch »Ich habe eine Durchschnittsgröße und bin trotzdem Plus-Size
Tipps für die richtige Größe beim Online-Shopping
Gerade in Zeiten der Pandemie setzten wir verstärkt auf Online-Shopping. Doch es gibt wohl kaum jemanden, der dabei größentechnisch nicht schon mal komplett daneben lag. Das Ergebnis: Rund die Hälfte aller Bestellungen wird retourniert. Doch was kann man dagegen tun?
Technische Hilfsmittel
Glücklicherweise gibt es mittlerweile technische Erfindungen, die dem Problem falscher Kleidergrößen begegnen sollen, etwa die Smartphone-Body-Scanning-Software „Presize“. Die Software, die im Oktober 2020 durch „Die Höhle der Löwen“ bekannt wurde, vermisst den Körper mit der Handy-Kamera binnen einer Minute. So wird ein 3D-Modell des Körpers berechnet und in eine Größenempfehlung umgewandelt. Auf diese Weise soll lästiges Retournieren vermieden werden.
Kundenrezensionen lesen
Auch wenn Bewertungen von Kunden natürlich immer subjektiv sind – möchte man sich einen Überblick darüber verschaffen, wie Kleidungsstücke einer bestimmten Marke ausfallen, kann es helfen, andere Kundenbewertungen zu lesen. Aber auch Online-Shops geben mittlerweile oft selbst an, ob bestimmte Produkte wie der Konfektionsgröße entsprechend ausfallen oder man lieber eine Nummer kleiner oder größer wählen sollte.
Quelle