6. Mai 2019, 8:37 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Unsere Autorin Anna Wengel liebt Klamotten. Fast genauso sehr, wie sie das Durch-die-Welt-Reisen liebt. Ein Dilemma? Auf jeden Fall! Aber eines, das sich gut lösen lässt. So gut, dass Anna ihr Konzept nur empfehlen kann. Hier erklärt sie, wie sie ihren Kleiderschrank drastisch ausmistete, warum man eigentlich gar nicht viel Kleidung braucht und wie man trotzdem für jeden Anlass immer das Passende findet.
Die Ausgangslage: ein riesiger, dreiteiliger IKEA-Pax-Schrank. Voll. Jedes Fach von oben bis unten sowie jeder Millimeter der Kleiderstange. Diese Klamottenmassen stellten mich vor drei Jahren vor eine schier unlösbare Aufgabe: Sie mussten drastisch reduziert werden. Der Grund: Ich hatte beschlossen, meine Berliner Wohnung aufzugeben und ab sofort immer da zu leben, wo ich gerade leben möchte – und Reisen mit 30 Koffern ist irgendwie ungeil.
Kategorien helfen beim Aussortieren
Ausmisten ist schmerzhaft, wenn man die Messie-Massen an Kleidern, Tops, Schuhen und Pullis ins Herz geschlossen hat. Kriterien mussten her: Liebe ich UND ziehe ich wirklich an und Brauche ich auf Reisen waren meine ersten. Darunter litten am meisten die Schuhe: Von knapp 70 Paaren durften zehn (!) bleiben. Der Rest wurde verschenkt. Insgesamt reduzierte ich meinen Kleiderschrank um etwa 80 Prozent.Was ansonsten nach meinem Feng-Shui-artigen Anfall übrig blieb, war immer noch ein kleiner Berg, aber weniger ging für den Moment nicht. Stichwort: Attachment. Ich lagerte das, was wirklich nicht mit auf Reisen kommen sollte, ein. An dieser Stelle Danke an Mama, Papa und Freunde.
Jedes Mal, wenn ich zurück nach Deutschland komme, stöbere ich durch die drei Koffer mit meinen kuscheligen Winterpullis, berlintauglichen Onezies und hochzeitskompatiblen High Heels. Dabei merke ich, worüber ich mich freue und was ich null vermisst habe – und sortiere weiter aus. Auf jeder Reise bleiben Kleidungsstücke im Reiseland oder bei Reisebekannten. Je öfter ich ausmiste und je öfter ich für die nächste Reise packe, umso einfacher wird es.
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Minimalismus und Glück hängen zusammen
Einfacher vor allem deswegen, weil ich mich daran gewöhnt habe. Einfacher aber auch, weil sich mit dem Reisen mein Fokus verändert hat. Früher war ich irgendwie attached, Klamottenkaufen war ein Ersatz, was mir allerdings nicht bewusst war. Heute ist das anders: Ich freue mich heute über jedes Teil, das ich besitze. Aber wenn mal eins weg ist, bricht auch keine Welt zusammen. Denn so sehr ich die Teile auch mag – es sind nur Klamotten und damit komplett ersetzbar. Das gilt übrigens auch für andere Besitztümer. Einmal aufs Minimum reduziert – ich habe meine komplette Wohnung damals aufgelöst – merkte ich, dass sich Kaum-etwas-Besitzen ganz schön gut anfühlt. Frei. Denn wenn nichts da ist, muss auch nichts wegorganisiert werden, wenn man spontan weg will.
Stil muss trotzdem sein
Bei aller Liebe zu Minimalismus und Freiheit muss aber natürlich der Style dennoch funktionieren. Denn nur, weil ich auf Reisen vielleicht zum ungeschminkten Hippie in Blumenkleidern mit Natur-Balayage-Locken mutiere, heißt das nicht, dass die Lederjacke, der knallrote Lippenstift oder das Faible für Schuhe vergessen sind. Beides muss gehen, und das tut es auch – seit ich ein System dafür habe.
Nach Liebe und Brauchen gesellte sich eine dritte Kategorie in meine Sortier-Ordnung: Kombinierbar. Dieser Anspruch erreicht seinen Höhepunkt auf Reisen. War ich früher mit voll ausgefülltem 25-Kilo-Backpack unterwegs, musste ich schnell einsehen, dass das nicht nur meinem Rücken nicht gut tat, sondern auch völlig überflüssig war: Ich habe eh nie alles angezogen. Also packe ich jetzt geplant. Dauert länger, viel länger sogar, lohnt sich aber. Jedes Teil, das mitdarf, muss sich zu mehreren Outfits kombinieren lassen. Manche Teile schaffen zwei, manche sogar zwölf. Was braucht es dazu? Viele, viele Basics wie Culottes, T-Shirts und Kleider. Mit Basic meine ich übrigens nicht nur schwarz, weiß, schlicht, mein Lieblingskleid ist ein geblümtes Maxikleid mit kurzem Arm. Das geht mit Sneakern, Boots und Heels, solo, mit Leder- oder Strickjacke, Hut, Haarbändern und so weiter.
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Bewusst shoppen macht mehr Spaß
Ich gehe immer noch gerne shoppen, aber lange nicht mehr so exzessiv. Heute kaufe ich Teile, die ich wirklich toll finde, anziehe und brauche – und die sich in mein System integrieren lassen. Entsprechend befinden sich in meiner Nähe immer nur kombinierbare Lieblingsteile. Habe ich sie lange genug getragen, gebe ich sie weiter. Manche werden dabei bis zum absoluten Naht-, Farb- oder Formtod abgetragen. Das sind die besonders geliebten Lieblingsstücke, die zu allem und immer funktionieren. Aber auch die sind ersetzbar. Zum Glück!