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Mode, Mobbing, Missverständnisse

Autorin über ‚My Style Rocks‘: „Neue TV-Show enttäuscht auf ganzer Linie!“

Die neue TV-Sendung „My Style rocks“ stößt nicht nur auf Begeisterung
Die neue TV-Sendung „My Style Rocks“ stößt nicht nur auf Begeisterung Foto: Acun Medya
Desireé Oostland
freie Autorin bei STYLEBOOK

12. November 2024, 15:54 Uhr | Lesezeit: 9 Minuten

Sport1 sendet seit Mitte Oktober die TV-Sendung „My Style Rocks“. Ein Format, das bereits in anderen Ländern – wie in der Türkei – sehr beliebt ist. Es ist, vereinfacht gesagt, eine Art Mode-Wettbewerb. Doch die deutsche Version bringt statt Freude an Mode viel Unmut, Fremdscham und eingeschüchterte Kandidatinnen mit sich. Unsere Autorin schaute sich das neue Format einmal genauer an.

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Falls Sie auch schon einen Ausschnitt der Sendung „My Style Rocks“ gesichtet haben – weil Sie höchstwahrscheinlich versehentlich darüber gestolpert sind – dann muss ich Sie enttäuschen: Es handelt sich hierbei nicht um eine Parodie. Es soll eine Unterhaltungsshow sein, der Fokus liegt auf Mode – so wirbt die Produktion zumindest. Unterhaltsam ist an der Show aber bedauerlicherweise gar nichts.

„My Style Rock“ – ein kurzer Überblick

In der Jury der Show sitzen Harald Glööckler, Larissa Marolt, Andreas Wendt und Sandra Bauknecht. Unter den Kandidatinnen sind Reality-Star wie Gloria Glumac, Michelle Monballijin und Theresia Fischer. Gülcan Kamps moderiert die Sendung.

Das Prinzip ist wie folgt: In jeder Folge gibt es ein Motto. Unter diesem müssen die Frauen Outfits zusammenstellen und dafür shoppen. Am Tag der Show werden die Outfits nacheinander vorgestellt, die Frauen laufen einmal gemeinsam, dann einzeln über den Laufsteg. Von rechts beäugt die Jury die Models, links sitzen die anderen Frauen und schauen zu. Klingt zunächst nach einem gewöhnlichen Wettbewerb. Ob so etwas in dieser Form noch notwendig ist, steht auf einem anderen Blatt. Übrigens: Der Sender Sport1, der die Show ausstrahlt, nennt es auch „Das spektakulärste Fashion-Duell der Welt“.

Wieso, weshalb, warum?

Ich würde mich auf ein aktuell sehr populäres Wort beziehen und all das einen Fiebertraum nennen. Ich behaupte, die Show sonnt sich regelrecht in diesem Begriff. Man kann einfach nicht glauben, was man da sieht. Ein Fiebertraum eben.

Aber fangen wir von vorn an: Vielleicht haben Sie die erste Ungereimtheit bereits bemerkt. Die Show wird bei Sport1 übertragen. Ein Sender mit der Kernzielgruppe Männer zwischen 14 und 49 Jahren. Man könnte sich also fragen, ob es hier absichtlich kein Match geben soll: Soll die Show nicht gesehen werden? Schließlich ist die Sendung auf die Zielgruppe Frauen ausgerichtet. Na ja, zumindest zeigt sie das, was einige Männer sich sicherlich noch unter einem Zusammenkommen von vielen Frauen vorstellen: Kleidchen und viel Drama.

Zusätzlich verwirren Studio und Kameraführung, erinnern an die Zeit, in der man noch keine Smartphones besaß und nicht wusste, aus welcher Perspektive man die besten Aufnahmen erreichen konnte. Die Farben sind immer schrill und etwas unangenehm. Alles schreit Neunziger – nicht Vintage, sondern Trash.

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„My Style Rocks“ ist ein Flop – das zeigen auch die Zahlen

Die Zahlen zeigen, dass die Show auch keinen Nerv der Zeit trifft (aber dafür jede Menge andere Nerven, aber dazu gleich mehr) und Sender, Zielgruppe und Format einfach nicht miteinander harmonieren. Die Zuschauerzahlen sind miserabel. In der ersten Woche verirrten sich gerade einmal 15.000 Zuschauer zu „My Style Rocks“.

Die höchste Reichweite und Bekanntheit erzielt die Show wohl durch ihre Snippets auf Social Media, die für reichlich Diskussion und Fremdscham sorgen. Denn nicht nur ich bin schockiert, das Internet ist es (zum Glück) auch. Und das will schon etwas heißen, denn: Menschen lieben streitende Menschen im TV. Deswegen schauen viele von uns Reality-Shows. Sich zwischen all dem Weltschmerz von den belanglosen Problemen der Paare, Nicht-Paare oder Affären berieseln zu lassen, wenn auch nur im Hintergrund, tut einfach gut. Aber es gibt auch Grenzen!

Ein gescheiterter Versuch

Die Show ist zwar neu in Deutschland, doch das Prinzip basiert auf den internationalen Versionen, die alle vereint viel Drama mit sich bringen. Der Unterschied: Das Drama der internationalen Versionen kommt beidseitig, wird mit einem Augenzwinkern versehen und zwischenzeitlich gibt es fürsorgliche Worte – auch aus der Jury. Man erkennt, dass echte Gefühle dahinterstecken, ob Wut oder Freude.

Das, was die deutschen Kollegen da versuchen, erinnert hingegen an Mobbing aus der Schule. Es gleicht einer Gruppe an Menschen, die ihre Position ausnutzen, um unverblümt all ihren Frust zu entladen. Anders lässt sich dieses Vorführen in der Show nicht erklären. Fehler werden von der Jury nicht geduldet. Was aber ein Fehler ist, scheint sie immer wieder spontan festzulegen. Die Einzige innerhalb dieses Studios, die es schafft, ein bisschen Wärme in dieses Format zu bringen, ist Moderatorin Gülcan Kamps.

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Was die Show sein möchte

Bei „My Style Rocks“ möchte die Jury mit ihrer „Modekompetenz“ die Leistung der (fast schon eingeschüchterten) Kandidatinnen bewerten. Und ihnen Punkte geben. Spoiler: Meistens bekommen sie die niedrigsten, die es zu vergeben gibt, also eine Eins. Die Stimmung kippt ständig. Ununterbrochen scheint die Jury aufgebracht, das zeigt sie nicht nur die Mimik, sondern wird auch deutlich mit lauten Worten zum Ausdruck gebracht.

Um die Stimmung so richtig zu erhitzen, sollen die Kandidatinnen einander zusätzlich bewerten: Haben sie mit ihren Outfits ihr Modebewusstsein unter Beweis gestellt und die Anforderung des Mottos erfüllt? Selbsterklärend, dass das Konfliktpotenzial mit sich bringt. Aber am fiesesten bleibt trotzdem die Jury. Jurorin Bauknecht erklärt einer Kandidatin, das Reizvollste an einer Frau sei ihr Zehen-Dekolleté, das habe ihr Christian Louboutin höchstpersönlich erklärt. „Ich weiß jetzt genau, was das Problem ist“, leitet sie ein. „Ich erkläre es dir jetzt“. Die Kandidatin nimmt das Feedback gespielt interessiert auf, ist gewillt, dazuzulernen.

Kurz darauf betont Bauknecht einer anderen Kandidatin gegenüber, dass ihrer „Meinung ein wenig Ahnung guttun würde“. Dann weint eine andere Kandidatin, nach all dem negativen Feedback zu ihrem durchdachten Look. Die Jury lacht. „Wir haben nicht gesehen, dass du weinst, unterstelle uns das nicht“, schimpft Bauknecht – laut. Und zwar gegenüber der Kandidatin, die genau in ihrem Blickfeld weint, von der Moderatorin getröstet wird und ins Mikrofon schluchzt. All das, weil ihr Kleid an der Taille nicht eng genug sitzt, was auch Harald Glöööckler fast zum Explodieren brachte.

»Du ziehst dich an wie ein Clown

Andreas, den ich bis dato nicht kannte, hat sich an Kandidatin Tatum festgebissen. Ihre schönen Outfits wertet er ab, dreht sich um, wenn sie läuft, kritisiert ihre Haltung, kommentiert ihre Instagram-Storys. Und beleidigt sie obendrein: „Warst du schon mal bei den ‚MTV Music Awards‘? Nein? Ich schon. Solche Mädels wie du stehen immer am Eingang und warten, dass sie jemand mit hineinnimmt. Du bist das Girl in Reihe Zwei, was unbedingt in die erste Reihe will, es aber niemals schaffen wird, weil du dich einfach anziehst wie ein Clown“, sagt er fast schon überzeugt. Er gibt ihrem schönen Outfit einen Punkt. Sie fliegt aus der Show – und scheint schon fast erleichtert.

Sowohl während der Show als auch danach in den Instagram-Storys sprechen einige Kandidatinnen von einer sehr herausfordernden und stressigen Zeit während der Dreharbeiten. Dabei waren einige von ihnen sogar schon bei „Temptation Island“ dabei und sahen ihrem Partner dabei zu, wie er mit halb geöffneten Augen andere Frauen vergötterte.

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Das sagt Sport1 zur Kritik

Sport1 betont auf STYLEBOOK-Nachfrage, dass die Show „My Style Rocks“ bewusst auf polarisierende Aussagen der Jury setzt, da „das in diesem Genre wie bei ähnlichen Formaten immer auch Teil der Show“ sei. Die Reibung und Diskussion über die Bewertungen sollen demnach zur Unterhaltung und zum Konzept gehören, so der Sendersprecher.

Es handelt sich laut Sport1 um ein international bereits bewährtes Format, das in Deutschland im Rahmen einer strategischen Kooperation mit dem Produktionsunternehmen Acunmedya eingeführt wurde. Acunmedya ist seit diesem Jahr strategischer Investor und Mitinhaber von 50 Prozent der Sport1 GmbH. Im Zuge dieser Partnerschaft sollen international erfolgreiche Entertainment- und Sportformate auf den deutschen Markt gebracht werden, wobei „My Style Rocks“ und das Sport-Reality-Format „Exatlon Germany“ als erste Projekte eingeführt wurden. Der Sender beschreibt „Exatlon“ als einzigartiges Format, das Sport, Reality und Unterhaltung kombiniert und weltweit bereits viele Zuschauer anzieht.

Im Hinblick auf die Zielgruppe erklärt Sport1, dass der Sender mit Formaten wie „My Style Rocks“ und „Exatlon Germany“ nicht nur die männliche Kernzielgruppe, sondern generell die „werberelevante Zielgruppe der Erwachsenen zwischen 14 und 49 Jahren“ ansprechen möchte. Diese Programmstrategie ziele darauf ab, das Angebot im Bereich Entertainment weiter auszubauen und neue Inhalte schrittweise im deutschen TV zu etablieren.

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Was die Show laut unserer Autorin wirklich ist

Desireé Oostland
freie Autorin bei STYLEBOOK

Fernab jeglicher Unterhaltung

Die Show wirkt wie eine Low-Budget-Produktion der „Mean Girls“. Ein wenig wie eine Parodie, die humoristisch verdeutlichen soll, wie Menschen NICHT miteinander umgehen sollten. Sie wirkt wie das Ergebnis eines unwissenden Teenagers, der denkt, dass Frauen nur so miteinander umgehen können: garstig, biestig, aber dafür in süßen Kleidchen.

Für mich ist diese Show fernab jeglicher Unterhaltung. Ich sehe dort drei – denn Larissa Marolt leuchtet wie ein Engel mit ihrer sanften Kritik zwischen all der Wut ihrer Kollegen – Menschen, die an jedem Drehtag mit dem falschen Fuß aufgestanden sind. Und mit diesem Fuß kommen sie dann zur Produktion, präsentieren sich, nehmen Platz und schießen los.

Nicht etwa (nur) mit fachkundigen Bewertungen der Outfits, sondern mit ausgelebter Antipathie einzelnen Frauen gegenüber. Sie schimpfen, beleidigen, degradieren und fühlen sich dabei augenscheinlich sehr wohl. Sie scheinen fast schon glücklich über die Chance, ihr „Wissen“ aggressiv an die, in ihren Augen unbewanderten, jungen Frauen weiterzugeben. Immer unter dem Deckmantel, sie würden ihnen etwas beibringen.

Die Jury duldet keineswegs Widerspruch oder Meinung – kommt diese doch auf, wird sie direkt abgewertet. Zwischendrin bleibt es nicht beim Schimpfen, dann haut der Glöckler so fest auf den Tisch, dass sein Gesicht zu vibrieren beginnt. Und ich frage mich: Was um alles in der Welt kann einen so wütend machen?

Nachdem wir so viele Jahre über Shows wie Germany’s Next Topmodel geschimpft und berechtigterweise den Umgang mit jungen Frauen in solchen Sendungen kritisiert haben, ploppt plötzlich ein solches Format auf. Diese Show macht einfach keinen Spaß. Dieser Umgang mit jungen Frauen macht absolut keinen Spaß. Mein Fazit: Bloß nicht nachmachen!

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