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21. Februar 2025, 11:26 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Seit Jahrzehnten prägen Birkenstock-Sandalen die Modewelt. Ihr Werdegang: vom belächelten Gesundheitsschuh zur gefeierten Stil-Ikone. Doch im Januar stand die Originalität der Designs im Mittelpunkt einer rechtlichen Auseinandersetzung. Der Bundesgerichtshof prüfte, ob die klassischen Modelle als Werke der angewandten Kunst unter das Urheberrecht fallen. Jetzt kam die Entscheidung – STYLEBOOK fasst zusammen.
Kaum ein Schuhmodell polarisiert so sehr wie die Birkenstock-Sandale. Was einst als „Öko-Schuh“ belächelt wurde, hat sich längst zum modischen Kultobjekt gemausert. Und genau deswegen wollte das Unternehmen seine Designs als urheberrechtlich geschützte Werke der Kunst anerkennen lassen. Der Bundesgerichtshof (BGH) befasste sich in Karlsruhe mit der Frage, ob die markanten Sandalen unter den Schutz des Urheberrechts fallen.
Übersicht
Warum Urheberrecht statt Designschutz?
Das Urheberrecht schützt kreative Schöpfungen und verleiht ihren Urhebern exklusive Nutzungsrechte. Anders als Patente oder Designrechte erfordert es keine formale Eintragung und bleibt sogar 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers bestehen. Was für Schriftwerke, Musikstücke oder Filme gilt, kann auch auf Gebrauchsgegenstände angewendet werden – sofern deren Design eine ausreichende Schöpfungshöhe erreicht.
Birkenstock berief sich auf genau diese Regelung und argumentierte, dass die Sandalenwerke wie „Arizona“, „Madrid“, „Gizeh“ und „Boston“ mehr als nur funktionale Schuhe seien. Die Kombination aus charakteristischen Schnallen, Materialien und Riemenführung mache die Modelle zu Werken der angewandten Kunst.
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Funktionalität versus künstlerische Freiheit
Rechtsanwalt Konstantin Wegner, der Birkenstock vertritt, wies darauf hin, dass herausragendes Design von Alltagsgegenständen längst als Kunstform gilt. Er verweist auf Gerichtsentscheidungen, die bereits Leuchten im Bauhaus-Stil, Möbel von Le Corbusier und ein Porsche-Modell als schutzwürdige Werke anerkannt haben. Das Besondere an Birkenstock sei die Verbindung von Brutalismus-Ästhetik mit der praktischen Nutzung.
Dennoch blieb die Rechtsprechung umstritten. Während das Landgericht Köln den Sandalen den Kunststatus zusprach, kippte das Oberlandesgericht Köln das Urteil: Es sah keine ausreichende künstlerische Leistung und bewertete das Design als rein funktional.
Originalität von Birkenstock-Sandalen unter der Lupe
Die rechtliche Definition von Kunst im Urheberrecht hängt von der Originalität ab. Kunst beginnt mit einer Idee, Design mit einer Aufgabe, erklären Kritiker. Angewandte Kunst muss den Spagat zwischen kreativer Freiheit und praktischer Funktionalität meistern. Entscheidend sei, ob der Schöpfungsprozess über rein technische Anforderungen hinausgehe.
Gericht fällt Urteil – gegen Birkenstock
Als Kunstwerk werden die Sandalen nicht anerkannt. Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hat entschieden, dass die markanten Modelle nicht unter den Schutz des Urheberrechts fallen. Das Urteil hat weitreichende Auswirkungen. Birkenstock hatte unter anderem gegen Tchibo, Bestseller (ein dänisches Modeunternehmen) und shoe.com (eine Tochter der Wortmann-Gruppe) geklagt. Das Unternehmen wollte erreichen, dass diese Anbieter ihre Sandalen-Modelle zurückziehen und vernichten. Mit dem BGH-Urteil bleibt es ihnen jedoch erlaubt, die Produkte weiterhin zu verkaufen.
Niederlage im Designstreit
Der aktuelle Fall vor dem Bundesgerichtshof ist nicht der erste Versuch von Birkenstock, Nachahmungen der eigenen Modelle gerichtlich zu stoppen. Bereits im Streit mit dem Discounter Aldi musste das Unternehmen eine Niederlage einstecken. Das Oberlandesgericht München entschied damals gegen Birkenstock und bestätigte ein Urteil der Vorinstanz, die eine Klage des Schuhherstellers abgewiesen hatte.
Birkenstock hatte design- und wettbewerbsrechtliche Ansprüche gegen Aldi geltend gemacht, nachdem der Discounter ein Sandalen-Modell mit einer auffälligen Schnalle in sein Sortiment aufgenommen hatte. Der Schuhhersteller forderte unter anderem Unterlassung, Schadensersatz sowie den Rückruf und die Vernichtung der Produkte. Doch das Gericht sah keine ausreichende Verletzung der Designrechte.
Eins bleibt jedoch unbestreitbar: Was früher ein modisches Kuriosum war, hat längst seine Fußspuren in der Modewelt hinterlassen – und sorgt 2025 weiterhin für Gesprächsstoff.