23. Juni 2024, 8:10 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Eine Gummisohle und ein paar Riemchen, die Havaianas am Fuß halten sollen – mehr braucht es für die Kult-Schlappe aus Gummi nicht. Doch was macht die hierzulande nicht gerade preiswerten Schuhe so beliebt, wer stellt sie her und was hat es mit der Firma, die hinter den Schlappen steckt, auf sich? STYLEBOOK hat nachgefragt.
Am bekanntesten ist vermutlich das Geräusch, das bei jedem Schritt mit Havaianas zu hören ist: Flipflop. Verantwortlich dafür ist unter anderem die Form der Schlappen. Zwei Riemchen verbinden sich v-förmig zu einem kleinen Steg, der zwischen großen und danebenliegenden Zeh geklemmt wird und so beim Laufen für zumindest leichten Halt sorgt – und das charakteristische Geräusch verursacht.
Übersicht
Die Erfolgsgeschichte der Havaianas
Gegründet wurde die Schuhmarke 1962 in Brasilien. Inspiration seien japanische Zori-Sandalen aus Reisstroh gewesen, schreibt das Unternehmen auf seiner Homepage. Daher erinnere die leicht genoppte Sohle der brasilianischen Sandale an kleine Reiskörnchen. Anfangs habe man die Gummischuhe in Brasilien aus Lastwagen heraus verkauft, die von Dorf zu Dorf fuhren. Schon 1964 habe „fast jeder Arbeiter in Brasilien Havaianas getragen.“
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Ob es sich tatsächlich so zugetragen hat oder ein bisschen Legendenbildung hinter der Geschichte steckt, bleibt offen. Sicher ist: Die Gummilatsche aus Brasilien trat bald darauf ihren Siegeszug um die Welt an. In mehr als 100 Ländern gibt es inzwischen Havaianas, in Deutschland seit 2015. In Brasilien besitzt angeblich fast jeder mindestens ein Paar Havaianas. Übersetzt bedeutet der Name der Schuhe übrigens schlicht „Hawaiianer.“
Wo werden Havaianas hergestellt?
Bis heute werden die Schlappen in Brasilien, unter anderem im Bundesstaat Paraiba, produziert und von dort aus in die Welt geschickt. Bis sie hierzulande an die Füße kommen, sind die Schuhe also weit gereist. Wer die Schlappen schon mal in der Hand oder an den Füßen hatte, wird es sich denken können: Der Klassiker mit Zehensteg besteht ausschließlich aus Gummi, genauer aus einer Kautschukmischung. Genauere Auskünfte erteilt das Unternehmen auf STYLEBOOK-Nachfrage nicht.
Was kosten Havaianas und wo gibt es sie?
In Brasilien ist der Gummischuh ein Alltagsprodukt und mit umgerechnet rund sieben bis etwa zehn Euro je nach Ausführung erschwinglich. Havaianas-Fans hierzulande müssen tiefer in die Tasche greifen. Günstigere Modelle sind für rund 30 Euro zu haben. Je nach Ausführung oder als exklusive Online-Version können Havaianas aber auch bis zu 45 Euro kosten.
Wer steckt hinter Havaianas?
Havaianas ist die Hauptmarke des größten brasilianischen Schuhkonzerns Alpargatas. Derzeit gehört das Unternehmen „einer Vielzahl von Interessengruppen“, so heißt es auf Nachfrage. „Die wichtigsten kommen derzeit aus dem Finanzsektor in Brasilien.“ Aufgezählt werden drei: Cambuhy Investimentos Ltda, Itaúsa Investimentos SA und der Fonds Brasil Warrant. „Diese kauften die bisherigen Großaktionäre 2017 aus“, so das Unternehmen.
Hintergrund: Havaianas musste bis 2017 drei Eigentümerwechsel innerhalb von nur zwei Jahren verkraften. Seine damaligen Eigner, darunter der Großschlachter und Fleischproduzent JBS, waren in einen der größten Korruptionsskandale Brasiliens verwickelt. Allein über den Fleischriesen JBS sollen über Jahre hinweg mehr als 200 Millionen Dollar als Schmiergeld an fast 2000 brasilianische Politiker und andere Entscheidungsträger geflossen sein. Das Geld stammte laut Medienberichten von einer Holding namens J&F. Die verwaltete das Vermögen einer brasilianischen Millionärsfamilie und gehörte zu dem Fleischkonzern.
Weil J&F in einem daraufhin folgenden Gerichtsprozess verurteilt worden war, stieß die Holding 2017 einiger ihrer Unternehmen ab, um die fällige Summe für Geldstrafe, Kredite und Darlehensrückzahlungen aufbringen zu können. Insgesamt fast drei Milliarden Euro. Unter den veräußerten Unternehmen war auch den Schuhkonzern Alpargats, dessen Stammaktien J&F erst zwei Jahre zuvor vom Baukonzern Camargo Corrêa für umgerechnet fast 700 Millionen Euro gekauft hatte. Camargo Corrêa wiederum hatte Alpargatas seit 1982 besessen und schließlich verkaufen müssen, weil sie in denselben Korruptionsskandal verwickelt waren wie J&F.
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Wie viel Umsatz macht der Konzern?
Havaianas, die Hauptmarke von Alpargatas, hat im Geschäftsjahr 2021 so viele Schuhe verkauft wie noch nie. 260 Millionen Paar! Mehr als ein Drittel seines Umsatzes machte Havaianas laut Medienberichten außerhalb Brasiliens. Fast 40 Prozent über Online-Geschäfte. In Europa verkaufte die Firmaim Jahr 2021 rund zwölf Millionen Paar Havaianas. Das kommt einem Umsatz von rund 100 Millionen Euro gleich. 2021 lag der Netto-Umsatz von Havaianas laut Medienberichten bei rund 664 Millionen Euro.
Welche Produkte gibt es außerdem?
Von Havaianas gibt es inzwischen Sandalen ohne Zehensteg, Espadrilles oder Schuhe mit kleinen Absätzen. Auch Strandbekleidung und Strandaccessoires gehören zum Repertoire.
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Was macht Havaianas aus?
Laut Eigenwerbung vermittelten die Schuhe Erinnerungen an Urlaub, Abenteuer und eine „gute Zeit.“ Zumindest für den europäischen Markt könnte das stimmen. In Brasilien, wo Havaianas von „Arm und Reich“ getragen werden, wie Havaianas sagt, dürften wohl nur privilegierte Menschen „Urlaub und eine gute Zeit“ damit verbinden.
Zumindest, wenn man nur kurze Strecken laufen muss, sind die Schlappen wirklich bequem. Mit genau diesem Argument ist Havaianas 2003 laut eigenen Angaben übrigens ein besonderer Coup gelungen. Die Gummilatsche ist bei den Oscars angekommen. Havaianas befinden sich seitdem in den Geschenktüten, die den Stars der Filmpreisverleihung mitgegeben werden. Schließlich gebe es laut dem Hersteller „nichts Schöneres“, als nach stundenlangem Tragen von hohen Absätzen in ein Paar der flachen Sandalen zu schlüpfen.