28. Juni 2023, 18:35 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Nicht nur Emma Watson und Kate Middleton tragen die Sneaker der französischen Marke Veja, sondern auch die Straßen der Modestädte, wie Kopenhagen und Berlin werden mit den zeitlosen Schuhen geschmückt. Doch woher kommt die Marke überhaupt und wie nachhaltig ist Veja wirklich? All das lesen Sie bei STYLEBOOK.
Inhaltsverzeichnis
Zeitlos, unaufgeregt und modern im Design: Seit 2005 bringt die Marke Veja Sneaker auf den Markt. Dabei überzeugt vorwiegend das schlichte Design der Schuhe, das oftmals an Vintage-Sneaker aus den 80er-Jahren erinnert. Die Farben sind meist gedeckt, zwischendurch gibt es Akzente, wie das abgeschnittene V-Logo in pastelligen Farben oder einen tannengrünen Schuh. Je mehr wir die Sneaker sehen, desto mehr möchten wir erfahren. Daher haben wir einen Blick hinter die Strukturen und die Geschichte von Veja geworfen.
Wer steckt hinter Veja?
Die Marke Veja wurde von Sébastien Kopp und François-Ghislain Morillion gegründet. Zwei ehemaligen Bänkern aus Paris, die sich bereits seit Kindestagen kennen. 2003 entschieden sie sich dazu, die Finanzbranche zu verlassen, in der es nur „um Geld und mehr Geld“ ging und sich dem Thema Nachhaltigkeit hinzugeben. Der große Plan war es, andere Unternehmen zu Themen der Nachhaltigkeit zu beraten. Dafür mussten sie Länder wie China, Indien und Brasilien bereisen, bis ihnen bewusst wurde: Das alles hat nichts mit Nachhaltigkeit zu tun. Und besser kann man es nur machen, wenn man selbst anpackt.
Zurück in Paris gründeten die beiden Männer die Marke Veja. Um es nach ihren hohen Ansprüchen umzusetzen, reisten sie vorher nach Brasilien, um sich die Entwicklung von Rohstoffpreisen und den Herstellungsprozess von Sneakern anzusehen. Seither werden die Rohstoffe für alle Veja Sneaker in Brasilien angefertigt und bestehen aus Bio-Baumwolle, Naturkautschuk und pflanzlich gegerbten Leder. Durch die Herstellung hilft die Marke den brasilianischen Bio-Bauern von dem Verkauf ihrer Produkte zu leben. Außerdem wird durch die nachhaltige Kautschuk-Herstellung verhindert, dass der Regenwald dafür abgeholzt werden muss.
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Markenname und Philosophie
Auf dieser wichtigen Reise nach Brasilien entstand auch der Markenname Veja – mit einer besonderen Bedeutung. Denn auf Portugiesisch bedeutet es: „Schau hin!“. Eine unmissverständliche Botschaft, die die beiden Gründer auch selbst umsetzen, denn sie schauen ganz hin – bei jedem Prozess. Mit nachhaltigen und umweltbewussten Entscheidungen, fairen Arbeitsbedingungen und die Zahlung von Rohstoffpreisen, die deutlich über dem durchschnittlichen Marktpreis liegen. Das spiegelt sich auch in der Firmenphilosophie des Unternehmens wider, die lautet: „Is another world possible?“
Übrigens, auch wenn der Firmenname in Brasilien entstand und die Rohstoffe dort produziert werden, ist die Firma dort unter dem Namen Vert bekannt. Und das hat einen ganz bestimmten Grund: In Brasilien trägt ein bekanntes Nachrichten-Magazin bereits den Namen Veja, ebenso wie ein Reinigungsprodukt. So entschied man sich in Brasilien also für den Namen Vert.
Wieso sieht man keine Werbung von Veja?
Dass es selbst 2023 möglich ist, auf Werbung zu verzichten, und trotzdem erfolgreich zu sein, beweisen die Gründer von Veja definitiv. Denn in puncto Nachhaltigkeit trifft man schnell auf das Thema Kosten. Oftmals begründen Firmen die Entscheidung gegen Nachhaltigkeit in der Produktion mit hohen Kosten. Dabei ist es besonders die Werbung, die enorme Kosten verursacht. Daher haben sich die Gründer von Veja entschieden, die Kosten in die Produktion und nicht in klassische Werbung zu stecken. Auf der Webseite erklärt Veja, dass die Werbung bei den großen Marken circa 70 Prozent aller Kosten ausmache. Veja gibt diesen Teil für faire Produktionsbedingungen und ökologische Materialien aus.
Wie nachhaltig ist Veja wirklich?
Wer sich heute das Label Nachhaltigkeit verpasst, unterliegt vielen (teils gesellschaftlichen) Kontrollen. Dort wird intensiver darauf geblickt – aus gutem Grund: Green Washing ist aktueller denn je, denn Geld verdient sich heute am besten, wenn Schlagworte wie „grün“, „fair“ oder „nachhaltig“ verwendet werden. Doch Veja setzt in der Tat viel um, was derzeit möglich ist, um das Thema Nachhaltigkeit als Modemarke zu realisieren. Trotzdem stand auch die französische Marke bereits in der Kritik, als es zum Black Friday, der Tag, der übermäßigen Konsum als Überschrift trägt, einen Rabattcode gab.
Zudem stellt sich die Frage, wie nachhaltig ein Unternehmen sein kann, wenn es bereits solch hohe Verkäufe erzielt. Schließlich muss dafür auch enorm viel, genauer gesagt millionenfach produziert werden. Dennoch ist Veja nachhaltiger als viele andere Marken. Sie selbst berufen sich immer wieder auf die Transparenz, die sie seit Gründung leben. Teile der Baumwolle von Veja sind als „Global Organic Textile Standard“ zertifiziert und stammen somit zu mindestens 70 Prozent aus biologischem Anbau. Jeder dritte Sneaker ist zudem vegan. Dass sie aber noch lange nicht perfekt sind, und sein können, wissen auch die Gründer. So kommunizierten sie offen und ehrlich, dass sie 2015 bis 2016 wegen Dürre auf recycelte Baumwolle statt auf Bio-Baumwolle zurückgreifen mussten. Ebenso offenbarten sie, dass sie wieder auf klassische Färbemittel umgestiegen sind, nachdem die Ergebnisse der Naturfarben nicht zufriedenstellend waren.
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Image auf der Website
Um anhand von Zahlen zu verdeutlichen, wie immens die Kostenunterschiede zwischen nachhaltiger und nicht nachhaltiger Herstellung in der Mode sein können und wie sich die Kostenstrukturen bei Veja verhalten, gibt es ein Beispiel auf der Website. Dafür holte sich das Unternehmen einen Kostenvoranschlag für das Esplar-Modell in einer chinesischen Produktion ab – um die Kosten mit der aktuellen brasilianischen Produktion zu vergleichen. Das Ergebnis: Die Herstellung würde in dieser Fabrik dreimal weniger kosten. Demnach kostet die Herstellung in brasilianischen Veja-Fabriken umgerechnet 18,21 EUR. In der chinesischen Fabrik würden sich die Herstellungskosten auf 5,30 EUR belaufen, würden allerdings nicht mit sozial- und umweltverträglichen Materialien und Verfahren hergestellt werden.
Quellen:
- Hinter den Kulissen von Veja, Textilwirtschaft
- Offizielle Internetseite von Veja