15. August 2023, 17:44 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten
Secondhand-Mode liegt im Trend. Nicht nur, weil es nachhaltiger ist, sondern auch, weil sich hier oft richtige Schnäppchen finden lassen. Doch nicht in jedem Ort gibt es gute Vintage-Stores. Dann lohnt sich ein Blick ins Netz, denn hier finden sich einige Secondhand-Anbieter. Welche sich lohnen? STYLEBOOK hat’s getestet. Heute: „Sellpy“.
Wer im Internet nach Secondhand-Anbietern für Mode schaut, stößt ziemlich schnell auf Sellpy. Das Unternehmen, das 2014 in Stockholm gegründet wurde, expandierte in letzter Zeit unter anderem nach Deutschland und Österreich. Auch von Influencern, die in „Hauls“ ihre erbeuteten Schätze präsentieren, wird Sellpy immer wieder beworben. Und die Marketing-Methode scheint aufzugehen. Eigenen Angaben zufolge hat Sellpy aktuell mehr als 10 Millionen Artikel verkauft. Unter anderem an mich. Wie mein Kauf-Erlebnis war und ob ich noch einmal bei Sellpy bestellen würde, lesen Sie hier.
Übersicht
Meine Erfahrung mit Sellpy
Wie groß ist die Auswahl?
Als ich das erste Mal die Website von Sellpy aufgerufen habe, hatte ich keine Erwartung – und wurde positiv überrascht. Auf der Seite gibt es eine gigantische Auswahl an Kleidung, für Damen, Herren und Kinder. Meine Erfahrung bei Sellpy beschränkt sich auf die Damen-Auswahl, die jedoch so groß ist, dass ich vermute, dass hier jeder etwas Passendes finden kann. Aktuell (Stand August 2023) werden hier mehr als 2,7 Millionen Produkte angeboten. Die Kategorie ist unterteilt in „Kleidung“, „Accessoires“ und „Schuhe“, wobei es jeweils diverse Unterkategorien gibt. Das ist ideal zum Stöbern und um sich inspirieren zu lassen. Auch hinsichtlich der Preise ist die Auswahl sehr divers. So gibt es viele Produkte, die von Fast-Fashion-Konzernen wie H&M, Shein oder Primark stammen, und dementsprechend nur ein bis zwei Euro kosten, aber auch vereinzelt Designer-Mode, etwa von Burberry. Hier bewegen sich die Preise dann im drei- bis vierstelligen Bereich.
Zudem werden auf Sellpy auch Kosmetik-Produkte und diverse Artikel, etwa Dekoration, Elektronik oder Kinderspielzeug, in der Kategorie „Sonstiges“ angeboten. Diese Kategorie gleicht einem wahren Flohmarkt: Hier steht eine Bialetti-Kaffeemaschine neben einem antiken Globus oder einem Schminkspiegel von Tchibo.
Wie übersichtlich ist Sellpy?
Trotz des Flohmarktvergleichs: Sellpy hat von der Optik nichts mit einem solchen gemein. Tatsächlich überzeugt die Website mit einem sehr modernen und übersichtlichen und Look und erinnert eher an einen normalen Online-Shop, als an eine Secondhand-Website. Das liegt auch daran, dass alle Produkte hochwertig fotografiert und drapiert werden. Denn anders, als etwa bei Vinted oder Mädchenflohmarkt, können die Produkte nicht selbst eingestellt werden. Alles, was verkauft werden soll, wird vorher von den Mitarbeitern geprüft, mit einem Preis versehen und dann erst für die Website fotografiert. Diese Art der Präsentation bringt Einheitlichkeit, führt mitunter aber auch zu Problemen …
Worauf sollte ich beim Bestellen achten?
Vor dem Bestellen der Kleidung sollte man sich unbedingt ganz genau die Beschreibung der jeweiligen Artikel durchlesen. Zum einen, weil dort jeweils der Zustand der Ware steht. Viele kleinere Schäden, etwa Flecken oder Pilling bei Wollpullovern, sind auf den Fotos oft schlecht zu erkennen. Die Beschreibung hilft dann weiter.
STYLEBOOK-Tipp: Direkt bei der Suche über den Filter „Zustand“ alles außer „akzeptabel“ auswählen. Akzeptabel ist nämlich ein dehnbarer Begriff – und die wenigsten Menschen freuen sich über ein bereits getragenes Kleidungsstück, das schon ein Loch hat.
Zudem bilden die Fotos mitunter hinsichtlich der Farbe und des Materials nur bedingt ab, wie die Artikel in der Realität aussehen. Aus meiner persönlichen Erfahrung kann ich sagen, dass Produkte, die auf den Fotos von Sellpy eher kanariengelb aussahen, dann doch mehr ins Neon gingen oder ein scheinbar plüschiger Pulli eher etwas von kratzigem Lametta hatte. Auch auf der Plattform „Trusted Shops“ beklagen Nutzerinnen und Nutzer mitunter, dass etwa ein Muster auf den Fotos nicht erkennbar gewesen wäre. Deshalb: Immer genau die Beschreibung lesen!
Kann ich Kleidung bei Sellpy zurücksenden?
Doch manchmal hilft alles nichts: Man liest sich zwar die Beschreibung genau durch, weiß eigentlich, auf welches Material und welche Passform man sich einlässt, aber das erhoffte Kleidungsstück sitzt einfach nicht, ist schlecht verarbeitet oder gefällt einfach nicht. Meiner Meinung nach ist das normal, auch ich habe schon Dinge bei Sellpy bestellt, die mir dann doch nicht zugesagt haben. Ein großer Vorteil der Plattform ist, dass man die Kleidungsstücke dann wieder zurücksenden kann, wie bei einem Online-Shop.
Obwohl, eher fast wie bei einem Online-Shop, denn während es mittlerweile bei den großen Retailern üblich ist, eine kostenlose Retoure anzubieten, muss man bei Sellpy dafür zahlen. Ein Rücksendeetikett kostet 4,95 Euro, der Betrag wird von der Rückerstattung nach Bearbeitung der Rücksendung abgezogen. Ich finde, dass dieser Betrag verschmerzbar ist – allerdings lohnt sich eine Rücksendung zugegebenermaßen nur dann, wenn man mehrere Artikel retourniert oder der Artikel teurer war. Ein Beispiel: Ich hatte bei einer Bestellung zwei T-Shirts für 3 Euro bestellt. Selbst wenn diese nicht optimal sitzen, wäre es für mich fast so teuer, sie zurückzugeben, wie zu behalten. Ob das dem Nachhaltigkeit-Slogan von Sellpy, der an jeder möglichen Stellen kommuniziert wird, entgegenkommt, steht zur Debatte.
Wie funktioniert der Verkauf bei Sellpy?
Das Verkaufen bei Sellpy ist sehr einfach. Zunächst bestellt man online eine Sellpy-Tasche, die nach Hause geschickt wird. In diese Tasche, in die circa 15 Pullover passen, können alle Sachen, die vorab aussortiert wurden. Die Tasche, der Versand und Rückversand kosten 2,45 Euro.
STYLEBOOK-Tipp: Es gibt häufig Rabattaktionen bei Sellpy oder Codes von Influencern, mit denen man die erste Tasche umsonst erhält.
Werden die Produkte von Sellpy als zu wenig wertvoll für einen Weiterverkauf eingeschätzt, werden sie entweder (zu einem Aufpreis) wieder zurückgeschickt, gespendet oder recycelt.
Wenn Sie Interesse an einem Verkauf haben, sollten Sie es allerdings nicht eilig haben: Es kann einige Zeit dauern, bis eine Verkaufstasche zu Hause ankommt. Ich habe fast zwei Monate gewartet. Weiterer Wehmutstropfen: Die hohe Provision, die zusätzlich zu den Anzeigenkosten von 1 Euro pro Artikel anfällt. Man behält lediglich 40 Prozent des Verkaufserlöses für alle Artikel, die für weniger als 50 Euro verkauft werden. Bei Artikeln, die teurer verkauft werden, kommen 70 Prozent des Anteils über 50 Euro hinzu. Das heißt: Wer eine Tasche für 20 Euro verkauft, bekommt lediglich acht Euro ausgezahlt. Bei einer Tasche, die für 70 Euro verkauft wird, gibt es nur 34 Euro. Reich wird man mit dem Verkauf bei Sellpy also eher nicht.
Auch interessant: Wo kann ich gebrauchte Kleidung am besten online verkaufen?
Was das für die Kundinnen bedeutet „Mädchenflohmarkt“ scheinbar vor der Insolvenz gerettet
Luxusmarken aus zweiter Hand Secondhand-Onlineshops Vinted und Rebelle schließen sich zusammen
Mit Statement vom Online-Marktplatz Vinted-Käuferschutz und Gebühr umgehen? Weshalb es sich für keine der Parteien lohnt
Fazit: Wie war meine Erfahrung mit Sellpy?
Grundsätzlich ist Sellpy für mich eine tolle Plattform zum digitalen Störbern nach Secondhand-Schätzen. Ich habe hier unter anderem ein wunderschönes Kleid von Zara, das fast keine Gebrauchsspuren hatte, für nur neun Euro gekauft und seitdem schon diverse Komplimente dafür bekommen. Auch für Basics (unifarbene Langarmshirts, schwarze Rollkragenpullover, T-Shirts) ist die Plattform toll. Ich würde hier also immer wieder einkaufen. Allerdings muss man auch sagen: Mitunter sind die Preise für Secondhand-Mode relativ hoch. Wer ein echtes Schnäppchen haben möchte, muss teilweise länger suchen oder Geduld haben, bis die gewünschten Stücke in den Sale (heißt hier „Letzte Chance“) wandern.
Apropos Geduld: Die braucht man beim Verkauf natürlich gar nicht. Das war für mich persönlich toll, denn ich wünsche mir in der Regel vor allem, wenig Aufwand zu haben. Der erzielte Preis ist für mich eher zweitrangig. Wer allerdings beim Ausmisten seines Kleiderschranks noch wirklich etwas dazuverdienen möchte, ist vermutlich bei Plattformen wie „Vinted“ besser aufgehoben, da hier viel weniger Provision anfällt.