11. Oktober 2024, 6:29 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Beim Stöbern durch die App „Vinted“ ist STYLEBOOK-Werkstudentin Catharina Deege aufgefallen, dass Verkäufer häufig anbieten, Bezahlung und Versand „unter uns“ zu regeln – dabei hat der Secondhand-Online-Store doch extra die Funktion, durch den Vinted-Käuferschutz und das offizielle Bezahlsystem die Ware zu erwerben. Verkäufer kostet das Ganze fünf Prozent des Produktpreises. Ergibt das Sinn? STYLEBOOK hat nachgeforscht, ob sich der Verzicht auf den Käuferschutz und die Gebühr lohnt.
Online-Shops gibt es wie Sand am Meer. Was Vinted von den herkömmlichen Geschäften unterscheidet, ist das Riesenangebot von Secondhand-Ware, verkauft von Privatpersonen. Der Online-Marktplatz sieht eigentlich vor, dass die Community über das Bezahlsystem der Plattform Käufe verhandelt. Immer wieder gibt es jedoch Fälle, in denen von Verkäufern angeboten wird, dieses zu umgehen. Doch: Kann sich das überhaupt lohnen?
Übersicht
Vinted-Käuferschutz – was bedeutet das?
Gegründet im Jahr 2008 kann sich das Online-Geschäft Vinted, bei dem Kleidung, aber auch Elektronik und Haustierbedarf angeboten werden, einer breiten Community erfreuen. Dabei werden Artikel meist von Privatverkäufern angeboten und sind stets aus zweiter Hand. Das Konzept des nachhaltigen Shoppings ermöglicht Benutzern, die eigenen vier Wände zu entrümpeln oder sich als Käufer mit neuer alter Ware einzudecken.
Ein essenzielles Feature der App: das Erwerben von Artikel über den offiziellen „Kaufen-Button“. Wenn Mitglieder hierüber handeln, sind verkaufende Personen gegen eine Gebühr von fünf Prozent des Artikelpreises und 0,70 Euro durch den Käuferschutz abgesichert: „Diese Gebühr ermöglicht unter anderem eine sichere Zahlungsabwicklung zwischen zwei Mitgliedern, ohne dass persönliche Bankdaten ausgetauscht werden müssen“, so Vinted.
Ungeschützte Online-Käufe bergen Risiken
Immer wieder gibt es Fälle von Mitgliedern, die das integrierte Bezahlsystem der App umgehen wollen. Dabei ist jedoch Vorsicht geboten: Es kann sich hier um eine Betrugsmasche handeln. Der Store selbst rät deshalb, unbedingt den Käuferschutz zu nutzen: „Im Falle, dass ein Artikel nicht der Beschreibung entspricht, beim Versand verloren geht oder beschädigt wird, greift der Vinted-Käuferschutz und Käuferinnen erhalten eine Erstattung des Kaufbetrags.“
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Somit lohnt es sich auch als Verkäufer, im Vinted-Kosmos zu bleiben: Beide Parteien profitieren von verschlüsselten Transaktionen, dem zuverlässigen und nachverfolgbaren Versandprozess und umgehen rechtliche Probleme. Auf Nachfrage heißt es: „Vinted ist sich bewusst, dass es Mitglieder gibt, die versuchen, Verkäufe außerhalb der Plattform abzuwickeln. Vinted informiert die Community daher regelmäßig mit integrierten In-App-Benachrichtigungen über die damit verbundenen Risiken.“
Was verleitet zum Umgehen des Käuferschutzes?
„Ich mache nichts über das Bezahlsystem, weil ich Geld zum Sparen brauche“, flattert eine Nachricht in meinen virtuellen Briefkasten. „Geld zum Sparen?“, frage ich mich und antworte der Vinted-Verkäuferin, dass mir das zu unsicher ist. Ich sehe vom Kauf der Hose ab. „Sie können sich ja meine Bewertungen anschauen, ich denke, die sind sehr vertrauenswürdig“, entgegnet mir die Nutzerin.
Eine STYLEBOOK-Leserin meldete sich im Nachtrag mit einer weiteren Kritik an dem System. Sie bemängelt den teureren und eigener Aussage nach unzuverlässigeren Versand über Vinted und merkt an, dass sich die Käuferschutz-Gebühr vorrangig bei teureren Artikeln, insbesondere Luxus-Kleidung, lohnt. Nicht jedoch, wenn diese Gebühr den eigentlichen Wert des Artikels allein übersteigt.
Fünf Prozent vereinnahmt die App für sich vom Verkaufspreis. Sprich: Wenn Sie als Verkäuferin ein Kleidungsstück für 20 Euro hochstellen, gehen davon am Ende 19 Euro an Sie; und ein Euro bleibt bei der Plattform. Was die Nutzerin, mit der ich im Kontakt war, mit „Sparen“ meint, verstehe ich nicht ganz. Höchstens, wenn man das Bild ein wenig größer betrachten möchte und etwa steuerliche Fragen ins Spiel kommen. Doch: Muss man die über Vinted verkauften Artikel eigentlich versteuern?
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Müssen Privatverkäufe versteuert werden?
Auf Nachfrage erklärt Vinted, dass der Verkauf von persönlichen Gegenständen in Deutschland nicht besteuert wird. Wichtig sei es jedoch, beim Einreichen des DAC-7-Formulars, also der Steuererklärung, die verkaufte Ware korrekt zu deklarieren.
Konkret heiße das: Macht ein Verkäufer Gewinn, fällt keine Steuer darauf an, solange es ein Artikel des täglichen Gebrauchs ist: „Dazu gehören Kleidung, Spielzeug, Möbel, Wearables und vieles mehr. Auch ein Hochzeitskleid kann als ‚Alltagsgegenstand‘ betrachtet werden.“ Ergänzend: „Verkäuferinnen müssen auch dann keine Steuern zahlen, wenn sie einen Artikel verkaufen, den sie bereits seit mindestens einem Jahr im Besitz haben.“
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Mit oder ohne? Vinted-Käuferschutz stark empfohlen
Wer auf Nummer sicher gehen möchte, sollte in jedem Fall über das integrierte Bezahlsystem verhandeln und den Käuferschutz bei Artikeln von hohem Wert dazubuchen. So können beide Parteien davon ausgehen, dass persönliche Daten geschützt sind und jegliches Malheur, sei es durch Unzufriedenheit oder durch eine Versandpanne, Vinted regelt.
Nicht jede Nutzerin, die das System umgehen möchte, ist gleichzusetzen mit einer Betrügerin. Viele wissen schließlich selbst nicht, dass sie beim Bezahlen der Gebühr kein Geld verlieren, sondern vor allem an Sicherheit gewinnen. Wem der Gewinn wichtig ist, kann den Preis auch gleich auf einem höheren Niveau ansetzen – selbstverständlich immer unter dem Gesichtspunkt, dass die Preise stets verhältnismäßig und fair sein sollten.