18. November 2024, 16:13 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Wolfgang Joop, einer der bekanntesten deutschen Modedesigner, feiert heute seinen 80. Geburtstag. Dabei ist er ein Mann, der nicht nur die Modewelt prägte, sondern auch mit geistreichen Zitaten und unverblümten Meinungen begeistert. Ob über Mode, Schönheit oder das Leben selbst – Joop bleibt ein Original, dessen Wortwitz und scharfe Beobachtungen genauso inspirieren wie seine Designs.
Für Designer Wolfgang Joop ist Mode mehr als Kleidung – sie ist Ausdruck von Persönlichkeit. Doch Perfektion war nie sein Ziel. „Ich mag das Autistische, Launische, eben auch Kindliche in der Mode. Das Perfekte ging mir schon immer auf die Nerven, das Unperfekte finde ich viel irritierender und auch humaner“, erklärte er einst in einem Interview. Seine Designs spiegeln diese Philosophie wider: mutig, emotional und oft unkonventionell.
Übersicht
Wolfgang Joop – das deutsche „Wunderkind“
Wolfgang Joop ist und bleibt eine der schillerndsten Figuren in der Modewelt. Ein Mann, der so viel mehr ist als nur der sanftmütige Reality-Show-Juror oder der Werbeträger für Düfte und Heimtextilien.
Seine Karriere begann nicht auf den großen Laufstegen der Welt, sondern eher als ein träumerischer Junge aus Potsdam, der mit Zeichnungen seine Unsicherheiten überwand. Als Student trug er, bedingt durch Geldmangel, die Kleider seines Großvaters – eine Geste, die schon damals seine Verbindung zur Mode andeutete. Diese Leidenschaft führte ihn 1970 gemeinsam mit seiner Frau Karin Bernatzki zu einem Designwettbewerb, den sie gewannen und der sie nach Hamburg brachte. Joop begann als Illustrator und Redakteur für Modezeitschriften, bevor er die Modewelt mit eigenen Kreationen eroberte.
Durchbruch in den Achtzigern
Der Moment, der seine Karriere endgültig lancierte, war 1982, als Joop seine erste Damenkollektion präsentierte. Und Joop wusste schon damals, dass Mode mehr ist als nur Kleidung. Sie ist ein Vehikel für Geschichten, für Provokationen, für Kunst. In den 1990er-Jahren war Joop sogar ein fester Bestandteil der New York Fashion Week. Seine Kollektionen, die in „lustigen“ und „seltsamen“ Kombinationen daherkamen, brachen mit den Konventionen. Dabei setzte er auf gewagte Farben, florale Prints und extravagante Schnitte.
Der Modekritikerin Amy Spindler von der „New York Times“ zufolge war seine Mode so fremd wie „Sauerkraut im Gaumen“ – eine kulinarische Metapher, die die Eigenständigkeit seiner Designs treffend auf den Punkt brachte. Joop wusste, dass die Mode nicht nur eine Spiegelung der Gesellschaft ist, sondern diese auch herausfordern und neu definieren kann.
Seine Männermode, die er ebenfalls mit Erfolg lancierte, war besonders einprägsam. Elegante Anzüge, die dennoch eine gewisse Unangepasstheit ausstrahlten, fanden nicht nur in Europa, sondern auch in Amerika Anklang. Sogar nach dem Verkauf seiner Marke Joop! und seinem Rückzug aus der Modeszene Mitte der 2000er-Jahre, blieb Joops Einfluss in der Modewelt bestehen. Mit seinem Nachfolgelabel Wunderkind setzte er seine künstlerische Vision fort, auch wenn seine Kollektionen von Kritikern als weniger innovativ und zeitgemäß wahrgenommen wurden als die seiner Kollegen wie Dries Van Noten.
„Ich hätte sofort einen Punkt von meinem IQ hergegeben, um noch schöner zu sein“
Doch bei bissigem Witz macht dem Designer keiner so schnell was vor! Trotz seiner Kreativität bleibt Joop Realist, wenn es um Schönheit geht: „Schönsein ist das Beste! Alle Türen fliegen dir auf. Ich hätte sofort einen Punkt von meinem IQ hergegeben, um noch schöner zu sein.“ Diese Mischung aus Selbstironie und Pragmatismus macht ihn so nahbar – und ein wenig anarchisch.
Und was bedeutet Eleganz in einer Welt voller Trends für den 80-Jährigen? Für Joop ist es eine Haltung: „Eleganz ist ein Verhalten. Eine Souveränität; eine gewisse Coolness. Man muss heute bewusst und souverän auf ugly machen können, weil das die höchste Form von Eitelkeit ist.“ Mit solchen Aussagen trifft er den Nerv der Zeit, in der Individualität oft wichtiger ist als makellose Schönheit.
„Das Alter ist wie eine Pralinenschachtel“ – Joops Blick aufs Älterwerden
Das Thema Alter begegnet Joop mit gewohntem Humor: „Manchmal merke ich, dass das Alter kein echter Freund ist. Ich komme mir manchmal vor wie ein Haushaltsgerät, für das es kein Ersatzteil gibt.“ Dennoch bewahrt er sich seinen Optimismus. „Das Alter ist wie eine Pralinenschachtel. Am Anfang isst du alles auf, später genießt du und merkst, wie süß die Pralinen doch schmecken.“
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Gesellschaftskritik mit Augenzwinkern
Joop scheut sich nicht, Missstände anzuprangern – oft mit einer Prise Humor. Social Media sieht er kritisch: „Social Media erzieht zu Hass. Irgendjemand hat immer einen schickeren Arsch oder hatte den besseren Urlaub.“ Seine Lösung? „Mein Handy wird nur zweimal am Tag eine halbe Stunde eingeschaltet – und dann wieder ausgeschaltet.“ Rückblickend beschreibt Joop seine Karriere mit einem Augenzwinkern: „Meine Karriere war genau, das kann ich heute ja weiß Gott mehr als gestehen, sehr Rock ’n’ Roll.“ Für ihn ist Trotz ein Erfolgsgeheimnis: „Falsche Fährten zu legen, nicht kalkulierbar zu sein – das ist meine Rettung.“
Mit 80 ist Wolfgang Joop alles andere als leise. Ob in der Modewelt, in Interviews oder durch seine humorvollen Lebensweisheiten – er bleibt ein Designer mit einer Haltung, die inspiriert. Sein Fazit: „Ich finde, das Kind in mir hat keinen Schaden genommen. Immer, wirklich immer, wenn die Stulle runterfiel, lag die Seite mit der Butter oben.“ Und genau das macht ihn so unvergesslich.