15. Januar 2019, 7:43 Uhr | Lesezeit: 9 Minuten
Die Franzosen haben ihr Baguette, die Italiener ihre Pizza und die Österreicher den Kaiserschmarrn. Doch wer weiß schon, für was die Finnen berühmt sind? Für flambierten Lachs, Piroggen und alles, was der Wald hergibt – vor allem beeren-starke Vielfalt.
Zart und saftig soll er sein. Und auf der Zunge zergehen. Ob auf Holzkohle gegrillt, im Ofen gebacken oder geräuchert – jeder Fisch-Freund hat so seine Methode, wie Lachs am besten gelingt. Für Finnen ist das überhaupt keine Frage: Sie schwören auf flambierten Lachs!
Dazu landen die nur mit Honig und Salz eingeriebenen Fische der Länge nach halbiert und ausgenommen in runden Öfen, die an Feuertonnen erinnern. Allerdings Feuertonnen mit Tür. An deren Innenseite werden die in ein Metallgitter eingespannten Lachs-Hälften senkrecht eingehängt. „So lodern die Flammen seitlich am Fischfleisch vorbei. Und das Fett kann ganz einfach rauslaufen“, erklärt Tanja Huutonen das Geheimnis des Flammlachses.
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Huutonen ist Botschaftsrätin an der Vertretung Finnlands in Berlin und wirbt seit Wochen für das Beste, was die finnische Küche zu bieten hat. Der Grund: Das Land der 1000 Seen ist 2019 Partnerland auf der Internationalen Grünen Woche (18. bis 29. Januar) und mit mehr als 80 Ausstellern in Berlin vertreten.
Wälder Finnlands bieten kulinarische Besonderheiten
Neben Fisch sind Beeren aus der finnischen Küche nicht wegzudenken. Die Wälder Finnlands sind praktisch damit übersät. „Wenn Finnen Beeren sammeln, kommen sie nicht eher aus dem Wald wieder raus, bis sie drei große Eimer voll haben. Und dann wird tagelang der ganze Vorrat eingefroren oder verarbeitet, etwa zu Säften, Chutney, Soßen oder Gebäck“, sagt Michaela Fuchs. Die Münchnerin verbringt die Beeren-Zeit am liebsten in Lappland und hat sich in die nordische Küche verliebt.
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In ihrem Blog „Mahtava“ teilt sie ihre Leidenschaft mit Fans von reinen und natürlichen Zutaten. Wer hätte gedacht, dass man sogar aus jungen Tannentrieben etwas zaubern kann? Mit den frisch ausgetriebenen Spitzen von Fichten und Tannen startet Fuchs im Frühjahr in die Saison. „Man erkennt die Triebe an der hellgrünen Farbe. Sie lassen sich ganz einfach mit den Fingern abknipsen“, erklärt die Food-Bloggerin. Für Gelee kocht sie die Spitzen in Wasser aus. Wenn die ätherischen Öle raus sind, wird der reine Sud mit Gelierzucker verrührt – fertig!
„Blaubeeren Mule“ vom Barmixer
Den Geschmack Finnlands im Glas einzufangen, ist auch die Leidenschaft von Barmixer Jan Lindgren. Der zweifache Weltmeister verwendet zum Mixen mit Wodka vor allem Beeren. Am häufigsten mixt er aktuell den „Blaubeeren Mule“. Dafür benötigt man 10 cl Ingwerbier, 1 cl frische Limette und 4 cl Blaubeeren-Wodka, Crushed Ice sowie ein paar Blaubeeren.
Der Drink ist erfrischend und schmeckt kaum nach Alkohol. „Das liegt am milden finnischen Wodka. Er wird aus dem Wasser der Quellen in Lappland gemacht. Sie sind die reinsten der Welt“, behauptet Lindgren und wünscht „Kippis!“, finnisch für Prost.
Was macht den finnischen Geschmack aus?
All die Geschmäcker Finnlands auf den Teller zu bringen, versucht auch Sasu Laukkonen. In seinem kleinen Restaurant in Helsinki wird bis ins Detail an den Zutaten getüftelt, um alles aus ihnen herauszuholen. Buchweizenkörner werden angeröstet oder Lappland-Kartoffeln in selbstgeräuchertem Zanderöl geschwenkt. Raffinessen dieser Art haben seinem „Ora“ einen Michelin-Stern eingebracht. Dagegen ist Laukkonens Rosmarinbrot fast schon einfach. Es ist außen herrlich kross, innen fluffig und der Hit bei seinen Gästen. Das Geheimnis? „Da stecken allein 60 Gramm Rosmarin drin und dreimal so viel Roggen- wie Weizenmehl.“
Auf die Form kommt es an
Aus Roggenteig ist auch das Nationalgericht Finnlands gemacht: Karjalanpiirakka. Karelische Piroggen haben in der Mitte eine Milchreisfüllung. Doch es kommt nicht nur darauf an, dass sie lecker schmecken, sondern auch auf die Form. Je exakter und gleichmäßiger die Zacken der ovalen Muschelform, desto besser.
„Wenn Gäste kommen, werden die Qualitäten einer Gastgeberin meist danach beurteilt, wie perfekt ihre Piroggen gelungen sind“, weiß Botschaftsrätin Huutonen. Das sei ein ewiger heimlicher Wettbewerb unter Finninnen. Und wehe, eine vergisst die Butter-Ei-Creme aus zwei bis drei hartgekochten Eiern und 40 Gramm Butter, mit der dann am Tisch die Piroggen bestrichen werden können: „Sonst wären Karjalanpiirakka nicht komplett“, so die Expertin. Hyvää ruokahalua! – Guten Appetit!
Gegrillte Grillen, dicke Bohnen und Faden-Hafer
Neben der modernen Interpretation klassischer finnischer Küche zeichnen sich ganz neue Food-Trends in Finnland ab. Ein Überblick:
1. Es gibt in Finnland gleich zwei völlig neuartige Alternativen zum Fleisch. Da ist zum einen „Pulled oat“ (etwa: fädriger, gezogener Hafer). Die pflanzliche Eiweiß-Bombe besteht aus nordischem Hafer und Bohnen. Das „Haferfleisch“ des Start-ups Gold & Green erinnert in der Tat an „Pulled pork“, schmeckt aber eher nach Hähnchen. Es findet sich in vielen Produkten wieder, die aussehen wie Hackfleischprodukte: Hackbällchen, Burger, gefüllte Tacos. Wie die Produkte hergestellt werden, ist ein Firmengeheimnis.
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2. „Härkäpapu“, ein Konkurrent des Hafer-Start-ups, startet ebenfalls fleischlos durch: mit Produkten aus finnischen Fava-Bohnen. Die Ackerbohnen sehen aus wie grüne Bohnen, sind nur eben dicker und größer. Produkte daraus werden ebenfalls zu Burgern und Aufläufen.
3. Eiweißreich, aber nicht fleischlos sind die Kreationen von Topi Kairenius. Der Koch hat sich auf feine Insektenküche spezialisiert. Seine Beeren- und Kuchen-Kreationen muten zunächst wie kleine Kunstwerke an – bis Topi die Toppings platziert. Die entpuppen sich als frisch gebrutzelte, frittierte oder karamellisierte Raupen, Grillen und Mehlwürmer. „In vielen Regionen der Welt ist es völlig normal, Insekten zu essen. Eine Milliarde Menschen tun das – nur in unserer westlichen Kultur nicht“, sagt Topi. Er will das ändern, gibt Seminare, hat ein Buch geschrieben und sieht in den kriechenden und krabbelnden Zutaten einen großen Wachstumsmarkt.
„Seit Insekten als Lebensmittel in Finnland 2017 zugelassen wurden, wächst die Branche. Es gibt inzwischen schon 40 Farmen, in denen extra Insekten gezüchtet werden. Sogar Schweinezüchter machen mit“, sagt Topi. Und wie kam er auf die Idee, Insektenkoch zu werden? „Als Kind bin ich kulinarisch sehr einseitig aufgewachsen. Meine Mutter war Vegetarierin und hatte eine Getreide- und Milch-Allergie. So habe ich irgendwann damit begonnen an Alternativen zu forschen, bin so auf die Insektenküche gekommen und habe angefangen, überall auf der Welt Rezepte dazu zu sammeln.“
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Rezept für 20 Karelische Piroggen
von Foodbloggerin Michaela Fuchs
Teig:
200 ml Wasser, 1 TL Salz, 150 g Roggenmehl, 120 g Weizenmehl
Füllung:
300 ml Wasser, 270 g Milchreis, 1,2 l Milch, 2 TL Salz, 2 EL Butter, 1 Ei
zum Bestreichen:
100 g Butter, 200 ml Milch
Zubereitung:
1. Am besten beginnt man mit der Füllung. Dazu lässt man zunächst das Wasser aufkochen und gibt dann den Reis hinein. Die Milch erst dazugeben, wenn das Wasser vollständig aufgenommen wurde. Nun auf niedrigster Stufe für etwa 45 Minuten köcheln lassen, dabei öfter mal umrühren, damit nichts anbrennt. Zum Schluss salzen und die Butter unterziehen.
2. Nun den Brei gut abkühlen lassen und erst dann das Ei unterziehen.
3. Für den Teig alle Zutaten vermengen und kneten, bis die Masse nicht mehr an den Händen kleben bleibt. Falls der Teig zu trocken ist, noch etwas mehr Wasser hinzufügen. Der Teig sollte ungefähr die Konsistenz eines Pastateiges haben. Damit er schön elastisch bleibt, kommt er am besten unter eine vorgewärmte Porzellanschüssel und darf erst mal 30 Minuten ruhen.
4. Dann formt man den Teig zu einer Rolle und schneidet ihn in rund 20 gleich große Stücke. Nun jedes Stück in dünne runde Scheiben auswalzen und bis zur Weiterverarbeitung unter ein Geschirrtuch geben. Damit sie nicht zusammenkleben, etwas bemehlen.
5. In die Mitte der Teigscheibe einen Esslöffel von dem Reisbrei geben und den Rand nach innen hin falten. Dann die Piroggen so heiß wie möglich (275 Grad) für 15 Minuten backen. In den letzten Minuten sollte man die Piroggen lieber etwas im Auge behalten, damit sie nicht zu dunkel werden.
6. In der Zwischenzeit die Milch aufkochen und die Butter darin schmelzen, damit man die Oberseite der Piroggen gleich nach dem Backen darin eintauchen kann. Zum Abkühlen zwischen Butterbrotpapier schichten und mit einem Geschirrtuch abdecken.
7. Am besten schmecken die Karelischen Piroggen warm und mit Eibutter. Eventuell noch zusätzlich mit Lachs- oder Trockenfleischstreifen garniert, dann sind sie absolut perfekt!
Eibutter: 3 hartgekochte Eier zerkleinern und mit etwa 30 g weicher Butter vermischen. Wenn man keine gesalzene Butter verwendet, etwas salzen.
Rezept für Rosmarinbrot von Chefkoch Sasu Laukkonen
Zutaten für 10 kleine runde Brote:
1200 g grobes Roggenmehl, 400 g Weizenmehl, 60 g Salz, 1 Esslöffel Zucker, 200 g Öl mit 60 g Rosmarinblätter, 8 g Hefe, 1250 g lauwarmes Wasser
Zubereitung:
1. Alle Zutaten mit der Hand zusammenkneten, in Frischhaltefolie wickeln und bei Raumtemperatur zehn bis zwölf Stunden aufgehen lassen.
2. Den Teig zu Broten formen, dabei nicht unnötig kneten und mit Mehlstaub bestreuen.
3. Die Brote in den 200 Grad vorgeheizten Backofen schieben und für 10 Sekunden mit Wasserdampf umhüllen. Dazu eine kleine Tasse Wasser auf den Boden des Ofens schütten. „Keine Angst. Das ist für den Ofen kein Problem“, versichert Laukkonen.
4. Die Brote für zehn Minuten bei 200 Grad weiterbacken. Danach die Temperatur auf 190 Grad reduzieren und nochmals zehn Minuten backen, auf 180 Grad runterdrehen und nochmals zehn Minuten backen.
5. Brote aus dem Ofen holen und bei Raumtemperatur abkühlen lassen.
6. Vor dem Servieren das Brot nochmals in den 200 Grad heißen Ofen schieben, bis es knusprig ist und dann in Scheiben geschnitten anbieten.