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Warum zahlen Frauen beim Friseur mehr als Männer?

Mann und Frau beim Friseur unter der Trocknungshaube
Ähnliche Prozedur, unterschiedliche Preise: das Preisgefälle zwischen Frauen und Männern beim Friseur ist meist immens Foto: Getty Images
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STYLEBOOK Redaktion

9. September 2023, 8:05 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten

Beim Friseur zahlen Frauen meist mehr als Männer, und das schlicht wegen ihres Geschlechts. Warum diese uralte Praxis nicht nur finanziell betrachtet seltsam, sondern auch diskriminierend ist – wir klären auf.

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Deos, Haarshampoo, Rasierer – alles, was irgendwie nach Geschlecht vermarktet werden kann, wird es auch. Bei zahlreichen Produkten, die sich eigentlich ähnlich sind, unterscheiden sich Image und Preis nur nach dem Geschlecht des Käufers oder der Käuferin. Bei Dienstleistungen wie Haarschneiden sieht es meist genauso aus. Nicht der Aufwand, sondern das Geschlecht bestimmt, wie viel jemand für eine neue Frisur zahlen muss.

Für Frauen sind die Kosten beim Friseur meist höher

Um dieser Marketingstrategie entgegenzuwirken, wurde in New York sogar ein Gesetz eingeführt, das geschlechtsspezifische Preisgestaltung verbietet. Der Bundesstaat will dadurch Geschäfte und Unternehmen anregen, ihre Preise anhand der finanziellen Kosten, der Arbeitszeit oder des Arbeitsaufwands einer Dienstleistung zu berechnen. Vermutlich wird das Gesetz auch Haarsalons treffen, in denen bis heute noch häufig zwischen Damen- und Herrenschnitten unterschieden wird. Handelt es sich bei dieser Praxis um Diskriminierung – und wird es womöglich Zeit, dass Deutschland nachzieht?

Studie belegt, Frauen zahlen beim Friseur mehr als Männer

Dass der Kapitalismus sexistisch ist, wundert die meisten schon lange nicht mehr. Verwunderlich ist aber, dass es uns beim Haarschneiden fast gar nicht auffällt. Wir sind es von Kind auf gewöhnt, entweder zum Frauen- oder zum Männerfriseursalon zu gehen. Selbst die unterschiedlichen Preise nehmen wir einfach so hin: Laut einer Studie der Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) aus dem Jahr 2017 zahlten Frauen für einen vergleichbaren Kurzhaarschnitt 12,50 Euro mehr als Männer.

Vorurteile gegenüber Damenfrisuren

Zusätzlich sind unsere Annahmen übers Frisieren von Vorurteilen und Schönheitsidealen geprägt. Damenfrisuren seien „aufwendiger“ als Herrenfrisuren, so die gängige These bei vielen Haarsalons, außerdem seien Frauen „anspruchsvoller“ als Männer. Gerade der zweite Punkt lässt sich jedoch leicht zurückweisen, denn statistisch betrachtet gehen Männer öfter zum Friseur. 2017 lag die jährliche Zahl der Friseurbesuche in Deutschland bei Männern durchschnittlich bei 8,1. Frauen wiederum besuchten den Haarprofi im Durchschnitt nur 7,7 Mal im Jahr. Woher stammen diese Vorurteile also?

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Eric Fattler aus dem Berliner Haarsalon „Zu den Schnittigen“ kann sich die ungleichen Kosten beim Friseur nur so erklären: „Die Idee der klassischen Damen-Frisur ist ein Überbleibsel der 60er und 70er-Jahre. Da hat man bei Frauen geföhnt und bei Männern praktisch trocken gepustet.“ Aus seiner eigenen Erfahrung kann der Berliner Friseur bestätigen, dass der Hauptsatz des aufwendigen Damenhaarschnitts oftmals während der Ausbildung zum Friseur oder zur Friseurin vermittelt wird. Dabei wurde in den Salons, bei denen er später gearbeitet hat, nicht mehr zwischen Männer und Frauen differenziert.

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Der Grund dafür ist naheliegend: Es entspricht der derzeitigen Realität einfach nicht mehr. Sowohl Menschen, die sich als Männer, Frauen oder nicht-binär definieren, lassen sich die Haare waschen, schneiden, färben und föhnen. Eric legt es anhand von Beispielen dar: „Die Frisur bei einem Mann kann dreimal länger dauern als bei einer Frau, wenn der Mann sehr akribisch ist. Im Gegenzug dazu gibt es Damen, die ihre Haare selber föhnen und kurz haben wollen.“

Variable Kosten beim Friseur nach Geschlecht ist Diskriminierung

Ist es nicht möglich, dass die Lage woanders in Deutschland anders aussieht? Vielleicht stimmt es sogar, dass sich bundesweit tendenziell eher Frauen eine zeit-, kosten- und arbeitsaufwendige Frisur geben lassen als Männer. Hieraus sollte aber das eigentlich entscheidende Merkmal bei der Preisgestaltung schon hervorgehen, nämlich der Aufwand für die Dienstleistung.

„Unter Friseuren gilt die Faustregel: pro Minute ein Euro“, sagt Eric. Dabei spielt es keine Rolle, ob es Kinder-, Frauen- oder Männerhaare sind. Wer seine Preise anders berechnet, begeht Diskriminierung.

Damen- und Herrenpreise grenzen nicht-binäre und trans* Personen aus

Dort hört die Diskriminierung aber nicht auf. Durch die zweigeschlechtliche Vermarktung des Haarschneidens werden nicht-binäre oder trans* Personen finanziell eingeschränkt und ausgrenzt. Daran wollen Geschäfte wie „Zu den Schnittigen“ etwas ändern. Der Friseursalon richtet seine Preise nach der benötigten Arbeitszeit einer Frisur und nicht nach der Geschlechts-Identität des Kunden bzw. der Kundin. „Nicht-binäre und trans* Personen lieben uns dafür“, freut sich Eric.

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Geschlechtsidentität eines Menschen zu missachten. Warum sollte das bei Friseursalons also üblich sein? Der Berliner Haar-Stylist sagt da klar: „Friseure haben nicht das Recht, das Geschlecht zu bewerten.“ Selbst zu behaupten, dass es „rein finanziell betrachtet“ mehr Umsatz bringt, wenn man nach Damen- oder Herrenfrisuren die Preise bestimmt, ist fragwürdig. Schließlich grenzt man damit potenzielle Kund*innen aus. „Wer von dem geschlechtsbasierten Auspreisen weg geht, hat bessere Chancen an der Kasse“, behauptet Eric.

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Frauen und Männer sollten gleich viel beim Friseur zahlen

Veränderung ist in Deutschland also nicht nur zwingend notwendig. Es wäre auch für alle Beteiligten von Vorteil: Kunden und Kundinnen würden gerecht und gleichgestellt behandelt werden, Haarschneidende würden ihrem Aufwand entsprechend vergütet werden. Die Frage ist, ob dieser Fortschritt hierzulande auf sozialer Ebene erreicht, oder nur gesetzlich geregelt werden kann, so wie in New York. Auf diese Frage weiß Eric Fattler zwar keine Antwort. Was er dafür weiß: „Es ist geboten und richtig, diesen Unterschied wegzunehmen.“

Quellen

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