15. Januar 2024, 19:55 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Die einen schwören darauf, die anderen finden sie eher abwegig – die Rede ist von natürlichen Haarpflegeprodukt-Alternativen wie Bier, Essig oder Urin. Was sie können und wie gut sie unserem Kopf am Ende wirklich tun – STYLEBOOK hat bei zwei Experten nachgefragt.
Ein gutes und speziell abgestimmtes Shampoo verspricht, widerspenstiges Haar zu bändigen und die Kopfhaut zu beruhigen. Allerdings sind in vielen Produkten Duft- und Konservierungsstoffe enthalten, die das Haar auf Dauer belasten oder im Verdacht stehen, Reizungen hervorzurufen. Immer mehr Menschen experimentieren deshalb mit ganz einfachen Hausmitteln. Aber können Alkohol, Ei, Essig oder gar Urin beim Haarewaschen ein herkömmliches Shampoo ersetzen? Eine Frage, bei der die Expertenmeinungen durchaus auseinandergehen.
Was bringen Bier oder Urin zum Haarewaschen?
Dr. Timm Golüke, Dermatologe in München, räumt ein, dass in besagten Alternativen zwar einzelne Wirkstoffe enthalten sind, die dem Haar helfen können, zugleich gebe es aber andere Zusätze, „die durch chemische Prozesse dem Haar in der Struktur eher schaden“, so der Mediziner. Und nicht nur das: Wer Bier, Essig, Ei oder Urin nutzt, um sich die Haare zu waschen und dieses lange einwirken lässt, dessen Mähne könne mitunter längere Zeit danach riechen.
Haare waschen mit Essig oder Ei
„Menschen mit trockenem Haar können sich ihre Haare durchaus auch nur mit Apfelessig überlaufen lassen“, erklärt dagegen Yael Adler, Dermatologin und Buchautorin aus Berlin. Was das dem Haar bringe? „Er verbessert den pH-Wert der Kopfhaut, die Haarschuppen werden an den Haarschaft angelegt. Der Säureschutzmantel wird stabilisiert und das Haar erhält einen schönen Glanz. So wird zudem die Ausbreitung von Hefepilzen verlangsamt.“
Aber riecht das Haar dann nicht penetrant nach Essig? Adler gibt Entwarnung: „Vielleicht im ersten Moment. Aber: Es verhilft dafür zu einem guten Duft der Kopfhaut – wenn der Essiggeruch verflogen ist.“
Und was ist mit Bier und Ei und Urin, die dem Haar nach dem Waschen mehr Festigkeit und Glanz versprechen? Yael Adler glaubt nicht an den Erfolg der Anwendung: „Es wird fantasiert, dass die Haare und die Kopfhaut mit Vitaminen versorgt werden, was man aber vergessen kann. Mit Mikronährstoffen versorgt man die Haarwurzel allein über eine gesunde Ernährung. Wenigstens hat man den Vorteil, dass man keine Chemie aufträgt. Aber man kann’s auch lassen.“
Haare mit Roggenmehl waschen
Richtig gelesen, Haare lassen sich auch mit Roggenmehl waschen. Dieses enthält nämlich seifenartige Bestandteile und entspricht gleichzeitig dem ph-Wert der Haare. Damit Sie das Mehl als Shampooalternative verwenden können, sieben Sie es zunächst, um grobe Stückchen herauszufiltern. Dann mischen Sie etwa 2 EL des Mehls mit so viel Wasser, bis eine dickflüssige Paste besteht. Nun können Sie die Masse ins Haar einmassieren und im Anschluss gründlich ausspülen. Beachten Sie, dass das Ausspülen bei dieser Methode ein wenig Geduld erfordern kann. Schließlich handelt es sich dabei um zahlreiche kleine Flöckchen, die sonst im trockenen Zustand Rückstände hinterlassen können. Der Vorteil von Roggenmehl als Shampooersatz: Es enthält keine Inhaltsstoffe, die dem Haar schaden können. Im Vergleich zum Haarewaschen mit Bier oder Urin, können auch keine unangenehmen Gerüche zurückbleiben.
Haare waschen mit Urin
Tatsächlich kommt heute in vielen Beauty-Produkten Harnstoff zum Einsatz – Harnstoff, der industriell unter hoch hygienischen Bedingungen gewonnen wird. In Sachen Neurodermitis hört man immer wieder von Eigenurin-Therapien, die Betroffenen Linderung verschaffen sollen. Aber Urin auch als Shampoo- und/oder Spülungsersatz fürs Haarewaschen? Davon rät Dr. Golüke ab, das könne auf der Kopfhaut eher ätzend wirken denn ihr guttun. Hier rät der Experte vielmehr zum Griff ins Drogerie-Markt- oder Apotheken-Regal: „Es gibt eine Menge an kosmetischen Haarprodukten, die den Wirkstoff Urea enthalten, also im Labor geprüften und wirksamen Harnstoff.“
Auch Yael Adler teilt diese Meinung: „Urin dient dazu, Giftstoffe aus dem Körper zu entfernen. Er enthält zwar Harnstoff, der befeuchtend wirken kann, den man aber auch in einem Shampoo ohne den Urinanteil bekommen kann. Der vermeintliche Trend Eigenurin für die Haare ist out.“
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Haare nur mit Wasser waschen
Wem Bier, Essig, Urin oder Mehl fürs Haarewaschen zu experimentell ist, kann alternativ versuchen, jegliches Shampoo sowie Alternativen wegzulassen. Die „No-Poo“-Methode befreit das Haar auch ohne Shampoo vor Schmutz und Talg. Danach gehen Sie mit einer Bürste gründlich durch die Haare – so wird überschüssiges Öl von der Kopfhaut in die Längen und Spitzen verteilt.